Ruß aus den Megacities trägt zur Klimaerwärmung bei
Ruß aus dem Straßenverkehr der Schwellenländer kann bis in hohe Luftschichten gelangen, dort über große Entfernungen transportiert werden und so zur Klimaerwärmung beitragen. Das schlussfolgert ein internationales Forscherteam aus Untersuchungen in der bolivianischen Hauptstadt La Paz und dem benachbarten Höhenobservatorium Chacaltaya.
24.12.2018
Die Reduktion von Schadstoffen aus dem Straßenverkehr wie Ruß-Partikel von Dieselautos sollte daher hohe Priorität haben, um sowohl die Gesundheit der Bevölkerung in den wachsenden Metropolen der Schwellenländer zu schützen als auch die globale Erwärmung einzudämmen, schreibt das Team im Fachblatt Atmospheric Environment.
Rußpartikel aus Verbrennungsprozessen tragen deutlich zur Luftverschmutzung bei, weil sie Schwermetalle und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe enthalten, die toxisch sind. Eine Reduktion der Rußpartikel durch Fahrverbote für alte Diesel-Fahrzeuge kann daher die Gesundheitsbelastung deutlich senken, wie Untersuchungen von LfULG und TROPOS anhand der Umweltzone in Leipzig 2017 zeigen konnten. Ruß wirkt sich aber nicht nur auf die menschliche Gesundheit negativ aus. Immer deutlicher wird, dass Ruß auch zur Klimaerwärmung beiträgt, indem die dunklen Teilchen Licht absorbieren oder zur Wolkenbildung beitragen.
Zu den Mengen und zur Verteilung von Ruß in der Atmosphäre bestehen aber laut aktuellem Bericht des Weltklimarates IPCC noch große Wissenslücken. Während Höhenobservatorien im Himalaya oder den Alpen Einblicke in diese Prozesse geben, ist das Bild besonders in der Südhemisphäre noch sehr unvollständig. Dabei gelangen über Waldbrände in den Tropen und aus dem Verkehr der wachsenden Metropolen der Schwellenländer vermutlich große Mengen an Ruß in die Atmosphäre. Wichtige Einblicke erhofft sich die Wissenschaft daher vom 2012 in Betrieb gegangenen Höhenobservatorium Chacaltaya in Bolivien. Die Station ist mit 5240 Metern zurzeit die weltweit höchste Messstation. Sie wird von der Universidad Mayor de San Andres (UMSA-LFA) in Bolivien betrieben und von mehreren Arbeitsgruppen aus Frankreich (Grenoble University/IGE, Laboratoire des Sciences du Climat et de l’Environnement/LSCE und Laboratoire de Météorologie Physique/LaMP), Deutschland (Leibniz-Institut für Troposphärenforschung/TROPOS) und Schweden (Stockholm University/SU) unterstützt, da sie auf der Südhalbkugel einmalig und von großer Bedeutung für die Atmosphärenforschung ist. Mit Bogota (rund 7 Millionen Einwohner auf ca. 2640 Höhenmetern), Quito (rund 2 Millionen Einwohner auf ca. 2850 Höhenmetern) und La Paz (rund 2 Millionen Einwohner auf ca. 3590 Höhenmetern) liegen in Südamerika mehrere der schnell wachsenden Metropolen in großer Höhe. Die Luftverschmutzung dort wirkt sich daher besonders stark auf die Atmosphäre und das globale Klima aus.
Ruß aus den Abgasen
Für die jetzt veröffentlichte Studie konnte das Team mit Forschern aus Bolivien, Deutschland, Frankreich, den USA, Schweden und Italien auf einmalige Voraussetzungen zurückgreifen: Drei Stationen in unterschiedlichen Höhen (Innenstadt von La Paz auf 3590 Metern, Flughafen El Alto auf 4040 Metern und Observatorium Chacaltaya auf 5240 Metern) ermöglichten, den vertikalen Transport des Rußes nachzuvollziehen. „Die Messungen zeigen deutlich, wie der Ruß aus der Stadt im Talkessel mit der erwärmten Luft nach oben auf die Hochebene von El Alto und dann zum Teil bis auf die Gipfel der Anden steigt“, erklärt Prof. Alfred Wiedensohler vom TROPOS. Daran, dass der Ruß in La Paz überwiegend aus dem Straßenverkehr stammt, besteht aus Sicht der Wissenschaftler kein Zweifel. Wegen der Volkszählung am 21. November 2012 war in Bolivien 24 Stunden lang aller Verkehr komplett verboten, damit die Bevölkerung an ihrem Wohnort registriert werden kann. Lediglich Krankenwagen durften für Noteinsätze noch fahren. „Das Ergebnis war beeindruckend: Die Belastung durch Ruß ging an der Straße von etwa 20 auf unter einem Mikrogramm pro Kubikmeter zurück. Das entspricht etwa dem Rückgang von 100 auf vier Prozent. Deutlicher lässt sich die Belastung durch Ruß aus Straßenverkehr nicht demonstrieren“, berichtet Alfred Wiedensohler. Und Mitautor Dr. Marcos Andrade von der Universidad Mayor de San Andrés in La Paz (LFA-UMSA), der die Station Chacaltaya leitet, ergänzt: „Dieses Ergebnis ist wichtig, da mehrere Städte in der Region mit dem gleichen Problem konfrontiert sein könnten. So hat beispielsweise Cochabamba, die drittgrößte Metropole Boliviens, nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO ernsthafte Luftqualitätsprobleme. Daher kann diese Studie dazu beitragen, die Vorschriften zur Verbesserung der Luftqualität in verschiedenen Städten des Landes zu verschärfen.“
Für die an der Studie beteiligten Wissenschaftler ist klar: Der wachsende Verkehr in den Metropolen der Schwellenländer mit Dieselfahrzeugen ohne Partikelfilter ist ein zunehmendes Gesundheitsrisiko für Millionen Menschen. Und er bremst auch die Bemühungen aus, den Klimawandel durch Reduktion der Treibhausgas-Emissionen einzudämmen.