Studie bestätigt Zusammenhang zwischen Klimawandel, Konflikt und Migration
In den vergangenen Jahrzehnten wurden klimatische Bedingungen nicht selten für politische Unruhen, Bürgerkrieg und Migrationsbewegungen verantwortlich gemacht – bis dato ohne wissenschaftliche Evidenz. Eine aktuelle Studie bestätigt nun erstmals den Zusammenhang zwischen klimatischen Bedingungen, Konflikten und Migration.
29.01.2019
Gemeinsam mit Guy Abel (Shanghai University, IIASA), Raya Muttarka (University of East Anglia, IIASA), Michael Brottrager (JKU Linz, WU, IIASA) widmete sich WU-Professor Jesus Crespo Cuaresma, Leiter des Instituts für Makroökonomie, der Frage nach dem kausalen Zusammenhang zwischen Klimawandel und Migration. Dabei zeigt sich: Unter bestimmten Umständen führen extreme klimatische Bedingungen zu Migrationsströmen – allerdings indirekt: durch das Auslösen von Konflikten.
Trockenheit und Wasserengpässe als Konfliktursache
Die Studie macht deutlich, dass die wachsende Zahl an Dürreperioden und Wasserknappheit Konflikte und Krisen verstärkt. Beispielhaft zeigte sich dies während des sogenannten Arabischen Frühlings zwischen 2010 und 2012 an den politischen Unruhen in Tunesien, Libyen, Jemen und Syrien, in dem der Krieg mittlerweile zu einem anhaltenden Bürgerkrieg wurde. „In Syrien beispielsweise führten die langanhaltende Trockenheit und die Wasserknappheit aufgrund des Klimawandels zum Ausfall der Ernte. Zahlreiche bäuerliche Familien flohen in urbane Gebiete. Es entstand eine Überbevölkerung der Städte, viele Menschen waren ohne Arbeit, der Stein für politische Unruhen und Krieg war gelegt“, so Jesus Crespo Cuaresma. Ähnliches zeigten die Studienergebnisse auch für die subsaharischen Länder Afrikas.
Hochkomplexes Studiendesign
Nachdem Asylsuchende besonders von Konflikten betroffen sind, zogen die Studienautoren als Datenbasis die Asylanträge aus 157 Ländern von 2006 bis 2015, zur Verfügung gestellt durch die United Nations High Commissions for Human Rights (UNHCR), heran. Zur Messung der klimatischen Bedingungen in den jeweiligen Herkunftsländern der Asylsuchenden nutzten Jesus Crespo Cuaresma und seine Kollegen den Standardised Precipitation-Evapotranspiration Index (SPEI). Dieser misst Dürreperioden im Vergleich zu durchschnittlichen Klimabedingungen durch Identifikation von Anfang und Ende der Trockenheit sowie der Intensität auf Basis von Niederschlag, Verdunstung und Verdampfung sowie der Temperatur.
Zur Messung von Konflikt griffen die Studienautoren auf Daten zu kriegsbedingten Todesfällen des Uppsala Conflict Data Program (UCDP) zurück. Auch eine Vielzahl an sozioökonomischen und geographischen Daten wurden für die Untersuchung herangezogen, unter anderem die Distanz zwischen Herkunftsland und Zielland der Asylsuchenden, Bevölkerungsgröße, migrantische Netzwerke, politische Gegebenheiten innerhalb der Länder sowie ethnische und religiöse Gruppen. Anschließend wurde das gesammelte Datenmaterial in ein eigens entwickeltes Modell gegossen.
Berücksichtigung bei SDGs
„Klimawandel wird nicht immer und überall Ursprung jedes Konflikts und des daraus resultierenden Migrationsstroms sein. Aber gerade im Kontext schwacher staatlicher Institutionen und mit einem mittleren Demokratieindex können extreme klimatische Bedingungen Konflikte aufgrund knapper Ressourcen ankurbeln“, so Crespo Cuaresma.
Einig sind sich die Studienautoren auch darin, dass die gewonnenen Erkenntnisse zu durch Klimawandel induzierten Konflikten und darauffolgenden Migrationsbewegungen auch im Kontext der UN Sustainable Development Goals (SDGs) Beachtung finden sollten. Aktuell würde dieser Zusammenhang noch nicht anerkannt, sondern Klimawandel und Migration als einzeln, voneinander unabhängige Felder behandelt werden. Zudem seien weitere Untersuchungen notwendig, um Migrationsbewegungen vollständig verstehen zu können.