Klimawandel

Moorschutz soll sich für alle lohnen

Moore und humusreiche Böden speichern besonders viel Kohlenstoff. Allerdings gehen immer mehr dieser wertvollen Flächen verloren – mit dramatischen Folgen für die Klimabilanz. Das von der Audi Stiftung für Umwelt unterstützte Projekt „CO2-Regio“ will Moorschutz und Humusaufbau fördern und über einen neuen Zertifikatehandel Klimaschutz in regionale Wirtschaftskreisläufe integrieren.

20.07.2021

Moorschutz soll sich für alle lohnen
Die Audi Stiftung für Umwelt und der Verein „Energie Effizient Einsetzen“ untersuchen die Auswirkungen von Moorschutz, Humusaufbau und Aufforstung aufs regionale Klima.

Moore gelten als die effizientesten Kohlenstoffsenken. Sie speichern wesentlich mehr Kohlenstoff als sämtliche Wälder auf der Erde zusammen. Dabei bedecken sie laut Bundesamt für Naturschutz (BfN) nur drei Prozent der Erdoberfläche. Kein Wunder also, dass die Klimapolitik auf sie setzt. So berücksichtigt das EU-Klimaziel von 55 Prozent CO2-Reduktion bis 2030 auch die Kohlenstoffspeicherung von Mooren, Wäldern und Meeren. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) fordert in diesem Zusammenhang, solche natürliche Kohlenstoffsenken zu stärken und vor allem verbindliche Ziele für deren Restauration zu definieren.

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Moore bilden sich, indem Pflanzenreste auf feuchten Flächen ins Wasser einsinken und sich dann unter Ausschluss von Sauerstoff teilweise zersetzen, erklärt NABU-Moorschutz-Referent Felix Grützmacher. Auf diese Weise wächst langsam eine Torfschicht heran. Die Moore behalten den gespeicherten Kohlenstoff allerdings nur dann über Jahrtausende bei sich, wenn sie nicht trockengelegt werden. Fallen die feuchten Flächen auch nur teilweise trocken, dreht sich die Situation dramatisch um. Der Torf mineralisiert, reagiert mit Sauerstoff, und es kommt zur Freisetzung von Kohlendioxid und dem 300-mal klimaschädlicheren Lachgas.

95 Prozent der Moorflächen sind verschwunden

Hauptverantwortlich für den Moor-Schwund – allein Deutschland hat laut Felix Grützmacher 95 Prozent der ursprünglich 1,5 Millionen Hektar Moorfläche verloren – ist der Mensch. Oft wurden Moore entwässert, um sie land- oder forstwirtschaftlich zu nutzen, Torf abzubauen oder auch die Flächen zu bebauen. Das hatte und hat nach wie vor erhebliche Auswirkungen auf die Klimabilanz, rechnet der NABU-Experte vor: „Bundesweit werden so etwa 44 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente jährlich aus entwässerten Moorböden freigesetzt. Das entspricht etwa fünf Prozent der Gesamtemissionen der Bundesrepublik Deutschland.“ Die Situation wird noch dadurch verschärft, dass die Erderwärmung für immer längere Trockenperioden und unregelmäßige Niederschläge sorgt.

Eine ähnliche Funktion wie Moore hat auch Humus, der Nährboden aus teilweise zersetzten Pflanzenresten und den Umwandlungsprodukten von Mikroorganismen und Bodentieren. „Humus in Böden ist der größte terrestrische Speicher für organischen Kohlenstoff“, betont der Evangelische Dienst auf dem Lande (EDL). Er bestehe zu 58 Prozent aus Kohlenstoff. Aber auch diese CO2-Senke ist gefährdet. Auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen – immerhin mehr als die Hälfte der Landoberfläche in Deutschland – nahm der Humusanteil in den vergangenen beiden Jahrzehnten ab. Gleich blieb er hingegen auf sogenannten Grünlandböden. Der EDL sieht nur eine Chance, den Schwund zu stoppen: Landwirte sollten besser für Umweltdienstleistungen honoriert werden.

Denn Humusaufbau ist zunächst sehr aufwendig, berichtet BR24. Was dafür getan werden müsste, zeige seit jeher die ökologische Landwirtschaft. Zwischen den Ernten bauen Landwirte Zwischenfrüchte an, die dann untergepflügt werden. Auch Untersaaten, also niedrigere Pflanzen zwischen den Anpflanzungen, abwechslungsreiche Fruchtfolgen oder das Ausbringen von Stroh und Ernteresten auf die Felder bieten sich an. Nicht zuletzt fördern auch Hecken den Humusaufbau und schützen den Boden vor Erosion. Allerdings muss der Humusaufbau nachhaltig angegangen werden, damit der Kohlenstoff dauerhaft gespeichert wird und nicht wieder in die Atmosphäre entweicht.

Mit Moorschutz, Humusaufbau und Aufforstung soll einen CO2-Ausgleichsmechanismus geschaffen werden.
Mit Moorschutz, Humusaufbau und Aufforstung soll einen CO2-Ausgleichsmechanismus geschaffen werden.

„CO2-Regio“: Landwirte werden zu Klimaschützern

Ohne die Landwirtschaft geht es also nicht bei Moorschutz und Humusaufbau. Speziell an die Eigentümer von Moorflächen richtet sich das neue Projekt „CO2-Regio“ des Vereins „Energie Effizient Einsetzen“, das die Audi Stiftung für Umwelt unterstützt und das für zwei Jahre vom EU-LEADER-Programm gefördert wird. Dessen Ziel ist es, regionale Wirtschaftskreisläufe zu etablieren, in denen Moorschutz eine prominente Rolle spielt. Es geht aber auch um Humusaufbau und Aufforstung als weitere Klimaschutzmaßnahmen. Angesiedelt werden die Klimaschutzprojekte in den bayerischen Kreisen Aichach-Friedberg, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen sowie in den Kommunen Königsmoos, Ehekirchen, Karlshuld, Langenmosen und Pöttmes.

Die Idee hinter „CO2-Regio“ lautet: Klimaschutz muss sich für alle Beteiligten lohnen. Rüdiger Recknagel, Geschäftsführer der Audi Stiftung für Umwelt, betont: „Es ist deshalb richtig und wichtig, Landbesitzende, auf deren Grund sich Moore befinden, zu diesen Klimaschutzmaßnahmen zu ermutigen und ihnen dafür wirtschaftliche Anreize anzubieten.“ Die Eigentümer sollen zu „Klimawirten“ werden, die ihre Flächen auch in den kommenden Jahrzehnten noch klimaverträglich und mit verlässlichen Einnahmen unterhalten können. Das Instrument dafür soll ein regionaler Zertifikatehandel werden. Unternehmen und Anwohner der Umgegend können Zertifikate für die verschiedenen Klimaschutzmaßnahmen erwerben. Der Erlös geht dann an die Klimawirte. So wird nach Überzeugung der Projektverantwortlichen Natur- und Klimaschutz vor Ort gefördert und der regionale Wirtschaftskreislauf gestärkt.

Welchen Beitrag die einzelnen Maßnahmen zum Klimaschutz leisten und ob diese sich auch wirtschaftlich durchführen lassen, wird zunächst im Rahmen einer Machbarkeitsstudie erkundet. Untersucht werden Maßnahmen wie die Bewirtschaftung der als Paludikulturen bezeichneten feuchten Flächen, die Beweidung von Moorflächen, Agroforstwirtschaft und Landwirtschaft mit verschiedenen Humusaufbaumethoden. Aber auch der Aufwand für reinen Moorschutz sowie die Kombination von Moorschutz und Photovoltaik werden ermittelt. Bei den wirtschaftlichen Fragen geht es unter anderem darum, ob es für Produkte aus diesen Maßnahmen – wie etwa Schilf, Holz oder Rohrkolben – ausreichend Abnehmer in der Region gibt. Darüber hinaus werden die Treibhausgas-Bilanzen und die rechtlichen Rahmenbedingungen bewertet.

 
 

Moore schützen durch torffreies Gärtnern

Gärtnern mit torffreier Erde von toom.
Gärtnern mit torffreier Erde von toom.

Gartenerde besteht oft immer noch hauptsächlich aus Torf. Der Gartenbau trägt damit weiterhin zum Verschwinden der Moore bei. Besonders oft kommt der Torf aus den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, wo der Moorschwund laut NABU besonders stark voranschreitet.

Dabei gibt es viele Alternativen zur Nährstoffanreicherung der Gartenerde. Der Nabu wirbt dafür seit vielen Jahren mit der Aktion „Torffrei gärtnern“. Verbraucher finden dazu im Internet zahlreiche Tipps und Informationsmaterialien.

Aber auch der Fachhandel unterstützt Hobby- und professionelle Gärtner beim torfbewussten Einkauf. So hat toom Baumarkt bereits 2016 das Ende des Torfs in seinem Erden-Sortiment eingeläutet. Seitdem wird der Torfanteil in den Eigenmarkenprodukten kontinuierlich gesenkt. Auch torffreie Erden werden schon angeboten. Bis 2025 soll dann das gesamte Erden-Sortiment torffrei sein. Produkte mit mindestens 50 Prozent Torfersatzanteil sind bei toom Baumarkt mit dem „Pro Planet“-Label ausgezeichnet.

Quelle: UmweltDialog
 

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