Klimawandel

Saubere Technologien bieten enorme wirtschaftliche Chancen

Wir müssen dringend etwas gegen den Klimawandel unternehmen. Die verschiedenen Branchen stehen dabei auch vor unterschiedlichen Herausforderungen. Vor allem neue Technologien sind vielversprechend, findet Michael Lenox, Wissenschaftler an der Darden School of Business, University of Virginia.

18.10.2021

Saubere Technologien bieten enorme wirtschaftliche Chancen

Von Michael Lenox, UVA Darden School of Business

Waldbrände in Kalifornien, Griechenland, der Türkei. Dürre im Südwesten der USA. Wirbelstürme im Golf von Mexiko. Überschwemmungen in Europa. Die vergangenen Monate waren von den tödlichen Auswirkungen extremer Wetterbedingungen geprägt. Die Wetterlage, die nach Ansicht der Wissenschaftler zunehmend durch den Klimawandel getrieben wird. Mit jeder neuen Katastrophe werden die Rufe lauter, sich besser auf eine Zukunft voller häufiger tödlicher Wetterereignisse vorzubereiten. Eine solche Anpassung wird sicherlich notwendig sein, aber wenn wir das eigentliche Problem, nämlich die Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen, nicht eindämmen, werden wir in eine unsichere Welt vorstoßen.

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Die Forderung, den Klimawandel einzudämmen und die Emissionen auf Null zu reduzieren, ist nicht neu. Wissenschaftler schlagen schon seit Jahrzehnten Alarm. Dennoch kann die so genannte Dekarbonisierung überwältigend sein. Fossile Brennstoffe sind das Rückgrat unserer globalen Wirtschaft. Sie treiben unsere Autos an, versorgen unsere Kraftwerke mit Strom und heizen unsere Häuser. Sie sind ein wichtiger Rohstoff für die Landwirtschaft und die Industrie. Wie können wir sie abschaffen?

Wo entstehen Emissionen und wie kann man sie minimieren?

Um das Ausmaß des Problems zu verstehen, ist es hilfreich zu wissen, wo die Emissionen entstehen. Etwa ein Viertel der weltweiten Emissionen stammt aus der Stromerzeugung, vor allem aus Kohle- und Erdgaskraftwerken. Ein Fünftel stammt aus industriellen Prozessen wie der Herstellung von Stahl, Zement und Petrochemikalien. Etwa 15 Prozent stammen aus der Verwendung von Benzin in Kraftfahrzeugen. Zehn Prozent stammen aus der Gewinnung und Raffination fossiler Brennstoffe, einschließlich der Freisetzung von Methan beim Fracking. Fünf Prozent stammen aus der Beheizung von Gebäuden. Etwa ein Viertel der Emissionen stammt aus der Landwirtschaft, vor allem durch die Methan-Freisetzung bei der Viehzucht und die Entstehung von Lachgas durch Düngemittel.

Ein ähnliches Wunder vollzieht sich bei den erneuerbaren Energien. Die Preise für Wind- und Solarenergie sind in den letzten zehn Jahren stark gesunken. Vielerorts sind Wind- und Solarenergie gleichauf mit Erdgasturbinen. Dennoch bleiben Herausforderungen bestehen. Um mit den Unterbrechungen fertig zu werden – die Sonne scheint ja nicht immer und der Wind weht auch nicht immer – müssen wir in umfangreiche Speicherkapazitäten und eine intelligente Netzinfrastruktur investieren, die dezentrale Stromerzeugungsquellen fördert.

Andere Branchen stellen noch größere Herausforderungen dar. Es gibt zahlreiche Alternativen zu erdölbasierten Kunststoffen, doch die Nachfrage nach solchen Kunststoffen steigt weltweit. Es gibt zwar Bestrebungen, „grünen Zement“ herzustellen, aber diese Technologien sind noch nicht in großem Maßstab marktfähig. Biotech-Start-ups setzen auf im Labor gezüchtetes „sauberes“ Fleisch, aber es bleibt abzuwarten, ob die Verbraucher bereit sind und sich solche Produkte leisten können.

Technologische Innovationen als Ausweg aus der Klimakrise?

Trotz dieser gewaltigen Herausforderungen gibt es Gründe für Optimismus. Die Märkte haben sich bei der Verbreitung neuer Technologien als unglaublich effektiv erwiesen, wenn die wirtschaftlichen Bedingungen günstig sind. Die Wirtschaftsgeschichte ist durch häufige „Stürme der schöpferischen Zerstörung“ gekennzeichnet, wie der Ökonom Joseph Schumpeter feststellte. Man denke daran, wie schnell neue digitale Technologien wie Smartphones und Videostreaming Teil unseres Lebens geworden sind. Saubere Technologien sind auf dem Vormarsch. Was sie brauchen, ist ein kleiner Anstoß (oder in manchen Fällen ein großer Anstoß).

Wirtschaftswissenschaftler plädieren dafür, den Kohlenstoff zu bepreisen, zum Beispiel mit einer Kohlenstoffsteuer. Ein Ratschlag, den die Politiker vor allem hier in den USA prompt ignorieren. Dabei gibt es zahlreiche Hebel, um saubere Technologien voranzubringen. Viele davon müssen nicht politisch aufgeladen sein. Saubere Technologien sind Wachstumsbranchen, die Arbeitsplätze schaffen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit fördern. Für ein Land wie die USA bieten sich enorme wirtschaftliche Chancen, wenn es im Bereich der sauberen Technologien führend ist.

Wir plädieren für eine breit angelegte Technologiepolitik, die den spezifischen Bedürfnissen der einzelnen Emissionssektoren Rechnung trägt. Autos brauchen möglicherweise nur einen Schub - Investitionen in die Ladeinfrastruktur, vielleicht einen Zuschuss zur vorzeitigen Ausmusterung alter Autos. Die Stromversorger brauchen massive Infrastrukturinvestitionen in Speicher, intelligente Netze und den Ausbau der erneuerbaren Energien. Industriebranchen wie Stahl und Zement brauchen Ausgaben für Forschung und Entwicklung, um alternative Produktionstechnologien zu erkunden. Die Landwirtschaft benötigt ein breites Spektrum an Maßnahmen, um Anreize für eine nachhaltigere Landwirtschaft zu schaffen und die Verbraucher zu ermutigen, weniger kohlenstoffintensive Lebensmittel zu kaufen.

Der Klimawandel kann überwältigend sein. Aber wir können und müssen uns der Aufgabe stellen, eine dekarbonisierte Zukunft zu gestalten. Eine gut durchdachte Technologiepolitik kann dazu beitragen, saubere Alternativen zu beschleunigen und neue Arbeitsplätze und wirtschaftliche Möglichkeiten zu schaffen. Lasst uns nicht verzweifeln und den Wandel in die Tat umsetzen.

Über den Autor

Michael Lenox, Tayloe Murphy Professor of Business Administration, UVA Darden School of Business. Mit Becky Duff, Senior Research Associate, Batten-Institut, UVA Darden School of Business ist er Autor des in Kürze erscheinenden Buches "The Decarbonization Imperative: Transforming the Global Economy by 2050" bei Stanford University Press.

Quelle: UD/pm
 

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