Die Wirtschaft fordert engagierten Klimaschutz
Das 1,5-Grad-Ziel lässt sich nicht ohne die Wirtschaft erreichen. Viele Unternehmen sind Klimaschutzvorreiter und werben in internationalen Netzwerken für konsequente Klimaschutzmaßnahmen. Jüngst erst forderte die „We Mean Business Coalition“, die auch vom Haushaltsgerätehersteller Miele unterstützt wird, von den G20-Staaten verlässliche Rahmenbedingungen für die Wirtschaft.
27.01.2022
Unternehmen sind oft schon aus eigenem Interesse Klimaschutzvorreiter. Die großen Informations- und Kommunikations-Konzerne (IuK) gehören nach Angaben der Exponential Roadmap Initiative beispielsweise zu den weltweit größten Abnehmern von Strom aus regenerativen Quellen. Amazon wurde 2020 sogar zum größten Investor für öffentlich-private Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien. Das internationale Netzwerk für erneuerbare Energien REN21 nennt in seinem Global Status Report 2021 unter anderem Beteiligungen des Online-Versandhändlers an Offshore-Windparks vor Borkum und den Niederlanden.
Natürlich reicht es nicht aus, wenn große Telekommunikationskonzerne sich engagieren. Unverzichtbare Partner für den Klimaschutz sind vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), schreiben Ericsson-Präsident Börje Ekholm, die ehemalige Generalsekretärin des Sekretariats der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC), Christiana Figueres, und UN High-Level Climate Action Champion Nigel Topping in einem Beitrag für das Weltwirtschaftsforum (WEF). Immerhin sorgten sie für 90 Prozent aller weltweiten Umsätze. Nur mit ihnen lasse sich das Ziel, bis 2030 die globalen CO2-Emissionen zu halbieren, erreichen.
Unternehmen und NGOs gemeinsam auf dem 1,5-Grad-Pfad
Unternehmen – gleich welcher Größe – benötigen bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen Unterstützung und Know-how. In den vergangenen Jahren haben sich deswegen zahlreiche nationale und internationale Netzwerke gebildet, die Wirtschaft, Gesellschaft und Politik beim Thema Klimaschutz zusammenbringen. So widmet sich beispielsweise die 2018 gebildete Exponential Roadmap Initiative der Frage, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens erreicht werden kann. Dazu hat sie einen Plan mit 36 skalierbaren Lösungen formuliert, um die Treibhausgasemissionen bis 2030 zu halbieren.
Voriges Jahr präsentierte die Initiative dann das „1.5°C Business Playbook“. Darin schlägt sie ein Vier-Säulen-Modell für Unternehmen vor, die sich auf den 1,5-Grad-Pfad begeben möchten. In den ersten drei Säulen geht es um die Reduzierung der eigenen CO2-Emissionen in den Bereichen Scope 1 und 2 beziehungsweise in der Lieferkette sowie um die Implementierung von Klimaschutzzielen in der Unternehmensstrategie. Besonders wichtig ist den Verfassern vor allem aber die vierte Säule „Influence Climate Action in society“. Unternehmen werden dazu aufgerufen, in ihrem Netzwerk als Klimaschutz-Multiplikatoren zu agieren, besonders aber auf nationaler und internationaler Ebene mit NGOs und anderen Betrieben zu kooperieren.
„We Mean Business Coalition“ meint Klimaschutz ernst
Auch die „We Mean Business Coalition“ will Unternehmen hinter dem 1,5-Grad-Ziel versammeln und die CO2-Emissionen der Unternehmen bis 2030 halbieren. Sie wurde 2014 von den Organisationen BSR, CDP, Ceres, CLG Europe, Climate Group, The B Team, und wbcsd gegründet. Zu ihren Unterstützern zählen die Exponential Roadmap Initiative, darüber hinaus aber auch der UN Global Compact, die Science Based Target Initiative, der WWF und zahlreiche weitere Organisationen.
Von der Politik verlangt die Koalition im Sinne des englischen Ausdrucks „to mean business“ ernsthafte Klimaschutzmaßnahmen. Erst jüngst forderte sie in einem offenen Brief von den Regierungen der G20-Staaten eine Langfriststrategie und stabile Rahmenbedingungen für Unternehmen. „Wenn Sie jetzt die richtigen politischen Entscheidungen treffen, fördert dies in den G20-Staaten Investitionen und Geschäftsstrategien zugunsten von Klimalösungen. Dadurch entstehen stärkere, gerechtere und widerstandsfähigere Wirtschaftssysteme: mit Wohlstand und qualifizierten Arbeitsplätzen bei gleichzeitigem Schutz der Gesundheit von Mensch und Planet“, heißt es in dem Schreiben, dessen deutsche Version in Kooperation mit der Stiftung 2° vorgelegt wurde.
Konkret fordert „We mean business“ in dem nach eigenen Angaben von mehr als 800 Unternehmen unterzeichneten Aufruf den Kohleausstieg in den Industrieländern bis 2030 und in den übrigen Ländern bis 2040. Zudem wird die Förderung der E-Mobilität und der erneuerbaren Energien angemahnt. Gerade Unternehmen müsse es erleichtert werden, ihren Strom komplett aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. Unterstützend dazu sollten die Subventionen für fossile Energieträger bis 2025 abgeschafft werden. Unternehmen müssten zu einer transparenten Berichterstattung über ihre Klimaschutzmaßnahmen und die daraus entstehenden finanziellen Risiken, Folgen und Chancen verpflichtet werden.
Auch zum Klimagipfel COP26 in Glasgow meldete sich „We mean business“ zu Wort, unter anderem mit Anfragen und Forderungen an die Politik in insgesamt fünf Themenbereichen. Neben der Betonung des 1,5-Grad-Ziels wird vor allem die konsequentere Umsetzung von Artikel 6 des Pariser Klimaschutzabkommens angemahnt, der die Kooperation der Staaten bei der Erreichung der nationalen Ziele regelt. Hier müssten dringend über die CO2-Bepreisung Anreize für die Wirtschaft geschaffen werden, in ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen zu investieren.
Deutsches Familienunternehmen unterstützt internationales Netzwerk
Zu den Signataren des G20-Briefs zählt auch Miele. Der Gütersloher Anbieter von Premium-Hausgeräten engagiert sich national wie auch international für den Klimaschutz. So zählt das Familienunternehmen zu den insgesamt 69 Unterstützern der Stiftung 2°, die sich Ende vorigen Jahres in Stiftung KlimaWirtschaft umbenannte. Die Stiftung spricht sich für die ganzheitliche Transformation der Wirtschaft mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2045 aus. Dafür müsse die Politik stabile Rahmenbedingungen setzen. Das unterstreicht Dr. Markus Miele, Geschäftsführender Gesellschafter der Miele Gruppe. Er lehnt „Verzichtsappelle, Verbote und finanzielle Belastungen“ ab. Stattdessen plädiert Dr. Miele im Sinne des Appells an die G20-Staaten für technologieoffene Marktanreize, um „über nationale Wertschöpfungsketten hinaus das Thema Klimaschutz weiter voran zu treiben und so einen noch größeren Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung und die Erreichung der Pariser Klimaziele zu leisten.“