Klimakrise zwingt arme Stadtbewohner:innen in die Knie
Die Klimakrise und die damit verbundenen Wetterextreme stellen für arme Stadtbewohner:innen eine große Gefahr dar. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie zu „klimabedingten Verlusten und Schäden“ von Misereor und dem Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen (UNU-EHS). Anlässlich des „UN-Tages zur Verringerung des Katastrophenrisikos“ fordert Misereor mehr Unterstützung für Menschen in informellen Siedlungen.
22.10.2024
Stadtbewohner:innen im Globalen Süden in Sorge
„Die Lebensgrundlagen von Menschen, die in informellen Siedlungen leben, oft auch abwertend ‚Slums‘ genannt, sind zunehmend gefährdet“, warnt Kai Klause, Experte für städtische Entwicklung bei Misereor. „Die Menschen, die dort leben, befinden sich ohnehin in einer extrem heiklen Situation. Häufig mangelt es an grundlegender Versorgung: an Leitungswasser, verlässlichem Strom, eigenen Toiletten mit Spülung oder Gesundheitseinrichtungen. Dadurch sind sie enorm verwundbar und können Wetterextreme und Klimaveränderungen kaum bewältigen.“ Die Studie zeigt anhand der Städte Jakarta (Indonesien), Nairobi (Kenia) und São Paulo (Brasilien), dass informelle Siedlungen besonders anfällig für Klimaschäden sind. Dazu gehören die zunehmende Häufigkeit und Schwere von Überschwemmungen, Erdrutschen, Stürmen und Hitzewellen. Misereor-Partnerorganisationen äußern sich besorgt über die Wohnverhältnisse in den informellen Siedlungen, so Klause: „Die Menschen wünschen sich lebenswerte und krisenfeste Städte. Stattdessen ist die Angst vor neuen Wetterextremen immer präsent, wie Partner:innen aus Nairobi mit Blick auf die diesjährigen Überflutungen berichten.“
Städte krisenfest machen
Derzeit leben weltweit 1,1 Milliarden Menschen in informellen Siedlungen. Prognosen zufolge wird diese Zahl in den nächsten 30 Jahren um weitere zwei Milliarden steigen, vor allem in Asien und Afrika. Die fortschreitende Urbanisierung und die sich verschärfende Klimakrise erfordern sofortiges politisches Handeln auf lokaler und internationaler Ebene, so Simone Sandholz, Leiterin der Studie an der UNU-EHS. „Die Studie zeigt, dass informelle Siedlungen nach Katastrophen häufig bei der Verteilung von Hilfsgütern und beim Wiederaufbau zu wenig berücksichtigt werden. Das erhöht ihre Anfälligkeit für künftige Katastrophen – ein Teufelskreis. Gleichzeitig hat die Studie in allen drei Städten gezeigt, dass die Verknüpfung bereits etablierter lokaler Maßnahmen, auch durch die betroffenen Menschen selbst, mit staatlich gesteuerten Initiativen zur Risikominderung sehr wirkungsvoll sein kann.“
Menschenrecht auf Wohnen einhalten
Die Studie weist darauf hin, dass die derzeitigen finanziellen Mittel zur Bewältigung klimabedingter Verluste und Schäden bei weitem nicht ausreichen. Im Rahmen der internationalen UN-Klimakonferenzen wird derzeit diskutiert, wie ein bereits beschlossener Fonds Regierungen und betroffene Gemeinschaften künftig besser bei der Bewältigung von Klimaschäden unterstützen kann. „Entscheidend ist, dass die Unterstützung die verwundbarsten Menschen in den informellen Siedlungen effektiv erreicht“, so Klause. „Das erfordert die Behebung der strukturellen Schwachstellen, die zu der hohen Verwundbarkeit der Menschen führen. Hierzu zählt, dass sie ihr Recht auf angemessenen Wohnraum wahrnehmen können und den uneingeschränkten Zugang zu Land- und Wohnrechten, sozialen Sicherungssysteme sowie städtischer Infrastruktur erhalten. Zudem zeigt die Studie, wie wichtig das politische Mitspracherecht der betroffenen Stadtbewohner:innen ist – auch bei Klimafragen“.
Die Studie enthält 20 Empfehlungen zur Stärkung der Krisenresilienz urbaner Lebensräume. Den vollständigen Bericht der gemeinsamen Studie von Misereor, UNU-EHS und der Munich Climate Insurance Initiative finden Sie hier.