Effektive Klimabotschaften: Weltuntergang oder Hoffnungsschimmer?
Eine neue internationale Studie der Universität Wien hat die Reaktionen von 59.000 Teilnehmer:innen aus 63 Ländern auf verschiedene Klimaschutzbotschaften untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Formulierung einer Botschaft entscheidend ist. Ein Web-Tool wurde entwickelt, um Klimabotschaften zu testen und an verschiedene Zielgruppen anzupassen.
27.03.2024
Kimberly Doell von der Universität Wien leitete mit einem großen internationalen Forscherteam eine Studie, die die Reaktionen von rund 59.000 Teilnehmer:innen aus 63 Ländern auf verschiedene Aufrufe zu Klimaschutzmaßnahmen untersuchte. Die Forscher:innen fanden heraus, dass apokalyptisch formulierte Aufrufe die Bereitschaft zum Teilen von Inhalten in sozialen Medien erhöhten. Bei Skeptiker:innen des Klimawandels hingegen führten solche Formulierungen zu einer stärkeren Ablehnung von Maßnahmen. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.
Unter der Leitung von Kimberly Doell von der Universität Wien und Madalina Vlasceanu von der New York University haben mehr als 250 internationale Wissenschaftler:innen an der Studie teilgenommen, bei der Daten aus 63 Ländern und verschiedenen sozialen Schichten gesammelt wurden. Die Forscher testeten die Wirksamkeit verschiedener Botschaften (so genannter Interventionen) für unterschiedliche Ziele. Eine der Botschaften, die von den Wissenschaftler:innen als eine Art „Weltuntergangsstimmung“ eingestuft wurde, betonte die ernsthafte Bedrohung der Menschheit durch den Klimawandel. Eine andere Botschaft beschrieb Beispiele für erfolgreiche Klimaschutzmaßnahmen aus der Vergangenheit. Ein weiterer Beitrag forderte die Teilnehmer auf, einen Brief an zukünftige Generationen zu schreiben, in dem die aktuellen Klimaschutzmaßnahmen erläutert werden. Andere Botschaften betonten den wissenschaftlichen Konsens über die Fakten des Klimawandels.
Anschließend analysierten die Wissenschaftler:innen die Reaktionen auf die verschiedenen Botschaften. Die Antworten variierten stark je nach Standort, Demografie und Überzeugung der Befragten, aber 86 Prozent erkannten die Gefahren des Klimawandels und mehr als 70 Prozent unterstützten kollektive Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels. Die Studie zeige, dass es einen globalen Konsens über die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen gebe. Dies betonten sowohl Doell als auch Jay Van Bavel, Professor für Psychologie an der NYU und Mitautor der Studie. Es sei wichtig, den Menschen bewusst zu machen, dass es eine breite Unterstützung für Maßnahmen gegen den Klimawandel gebe.
Österreicher:innen können durch regionale Belege zum Klimawandel bewegt werden
Eine wirksame Methode, um die Österreicher:innen zu einem nachhaltigeren Verhalten zu bewegen, besteht darin, die psychologische Distanz zum Klimawandel zu verringern. Dies kann erreicht werden, indem aufgezeigt wird, wie der Klimawandel bereits heute verschiedene Bereiche in Österreich beeinflusst und dass diese Auswirkungen zunehmen werden, wenn sich der Klimawandel verschärft. Es hat sich jedoch als wenig wirksam erwiesen, die österreichischen Teilnehmer daran zu erinnern, dass andere Landsleute bereits an den Klimawandel glauben, um sie zu einem umweltbewussteren Verhalten zu motivieren.
Öffentliches Web-Tool zur Überprüfung von Klimabotschaften
Basierend auf ihren Forschungsergebnissen haben die Autor:innen die Climate Intervention Webapp entwickelt, die es den Nutzer:innen ermöglicht, die Wirksamkeit ihrer Botschaften je nach Zielgruppe und Kampagnenziel zu testen. Die Webapp wurde mit Daten von Personen aus 63 Ländern mit unterschiedlichen Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen und politischer Ideologie entwickelt. Die Daten wurden zwischen Juli 2022 und Juli 2023 gesammelt. Kimberly Doell betont, dass politische Entscheidungsträger:innen und Klimaaktivist:innen mit Hilfe des Tools herausfinden können, welche Botschaften bei ihrem Publikum am besten ankommen, um die positive Wirkung ihrer Aufrufe zu maximieren.
Botschaften sind je nach Zielsetzung unterschiedlich effektiv
Während einige Menschen Botschaften befürworten, die die Bedrohung durch den Klimawandel betonen, befürchten andere, dass dies zu Pessimismus und Inaktivität führen könnte. Die neue Studie zeigt, dass beide Szenarien eintreten können, abhängig von der beabsichtigten Wirkung der Botschaft und der Zielgruppe. So konnten beispielsweise Nachrichten, die einen „Weltuntergang“ suggerierten, in den sozialen Medien Aufmerksamkeit erregen. Allerdings sank die Bereitschaft, sich an teureren Aktionen wie Baumpflanzungen zu beteiligen, wenn solche düsteren Botschaften verbreitet wurden. Zudem führten diese Botschaften zu einer Verringerung der politischen Unterstützung unter Klimawandel-Skeptiker:innen.
„Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass eine effektive Öffentlichkeitsarbeit etwa von der Voreinstellung der Menschen zum Klimawandel abhängt. Aktivist:innen sollten also ihre Bemühungen vor allem auf die Merkmale ihrer jeweiligen Zielgruppe abstimmen“, so Co-Studienleitern Vlasceanu von der NYU.