Immer mehr Regionen schaffen Wirtschaftswachstum ohne zusätzliche Emissionen
Eine aktuelle Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zeigt, dass immer mehr Regionen weltweit wirtschaftliches Wachstum mit einer Reduktion von CO2-Emissionen kombinieren können. Die Untersuchung hebt hervor, dass nationale Klimaschutzmaßnahmen dabei eine zentrale Rolle spielen, um wirtschaftliches Wachstum und CO2-Emissionen voneinander zu entkoppeln.
11.11.2024
Eine Analyse der Daten der vergangenen 30 Jahre aus über 1.500 Regionen weltweit zeigt, dass 30 Prozent dieser Regionen eine Senkung ihrer CO2-Emissionen bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum erreicht haben. Dieser Trend zeigt sich zunehmend als wichtiger Fortschritt. Die Autorinnen und Autoren der Studie warnen jedoch, dass das aktuelle Entkopplungstempo nicht ausreicht, um die Netto-Null-Emissionsziele bis 2050 gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommen zu erreichen.
„Wir haben festgestellt, dass 30 Prozent der Regionen, für die Daten vorliegen, ihre CO2-Emissionen vollständig vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt haben. Regionen mit hohem Einkommen und einer Tradition CO2-intensiver Industrien sowie Regionen mit einem hohen Anteil an Dienstleistungssektoren und verarbeitender Industrie haben besonders erfolgreich CO2-Emissionen bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum senken können“, sagt Anders Levermann, Autor der in Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichten Studie und Leiter der Forschungsabteilung „Komplexitätsforschung“ am PIK. „Die globale Durchschnittstemperatur kann nur bei Netto-Null-Emissionen stabilisiert werden. Das bedeutet, wenn Volkswirtschaften weiter wachsen sollen, dann geht dies nur, wenn dieses, oft grün genannte, Wachstum von den CO2-Emissionen entkoppelt wird.“
Der Erfolg dieser Entkopplung wird auch von Klimaschutzmaßnahmen auf regionaler Ebene bestimmt: „Vor allem Städte in der EU, die Klimaschutzpläne umgesetzt haben, und Regionen, deren Klimamaßnahmen zunehmend finanziell gefördert wurden, weisen höhere Entkopplungsraten auf“, erklärt PIK-Forscherin Maria Zioga, Hauptautorin der Studie. „Europa schneidet durchweg besser ab als andere Teile der Welt und viele der europäischen Regionen weisen in den letzten 20 Jahren einen kontinuierlichen Trend zur Entkopplung auf. Im Gegensatz dazu schwankte die Entkopplungsmuster in Nordamerika und Asien im Laufe der Jahrzehnte eher. Zuletzt hat sich der Trend aber verbessert“, fügt sie hinzu.
Weltweit wird weniger als die Hälfte der Regionen voraussichtlich bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen können
Anders als frühere Studien, die sich primär auf nationale oder städtische Ebenen konzentrierten, verfolgten die Forschenden des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) einen differenzierten Ansatz, der subnationale Regionen wie chinesische Provinzen, US-amerikanische Bundesstaaten oder deutsche Bundesländer betrachtet. Die analysierten Regionen, in denen das Bruttoregionalprodukt anstieg, waren für 85 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Durch die Auswertung von Wirtschafts- und Emissionsdaten der vergangenen 30 Jahre konnten globale Entkopplungsmuster erfasst werden. Zwar fehlen weltweit konsumbasierte Emissionsdaten auf regionaler Ebene, wodurch die Auswirkungen des internationalen Handels nicht vollständig abgebildet werden, doch die Studie liefert dennoch wichtige Erkenntnisse zu den globalen Entkopplungstrends.
Die Forschenden berechneten auch, in welchem Jahr die einzelnen Regionen voraussichtlich Netto-Null-Emissionen erreichen könnten, basierend auf einer Analyse vergangener Entkopplungstrends. „Die Industrieländer werden diese Ziele wahrscheinlich früher erreichen als andere, aber insgesamt sind die jüngsten Trends nicht ausreichend, um bis Mitte des Jahrhunderts Netto-Null-Emissionen zu erreichen“, schlussfolgert Studienautor Maximilian Kotz, zum Zeitpunkt der Studie Wissenschaftler am PIK und inzwischen Gastwissenschaftler. „Wenn die derzeitigen Entkopplungsraten anhalten, wird weniger als die Hälfte der Regionen in der Lage sein, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Auf allen Ebenen müssen deshalb größte Anstrengungen unternommen werden, und insbesondere die Industrieländer sollten ihr Engagement und Investitionen in die Energiewende im globalen Süden erhöhen, um die Netto-Null-Ziele weltweit zu erreichen“, betont er.
Artikel: Maria Zioga, Maximilian Kotz, and Anders Levermann (2024): Observed carbon decoupling of subnational production insufficient for net-zero goal by 2050. Proceedings of the National Academy of Sciences. [DOI: 10.1073/pnas.2411419121]