Leben & Wohnen

Naturschutz in der Großstadt: Was wirklich jeder beitragen kann

Von allen Siedlungsformen sind Großstädte am weitesten von ursprünglicher Natur entfernt. Doch gerade hier ist vor allem die Flora dafür entscheidend, die Auswirkungen von urbanem Lärm, Feinstaubbelastung und hochsommerlichen Temperaturen abzufedern. Zudem leben hier auch überraschend viele Wildtiere. Daher kommt es auf jeden einzelnen an, zu helfen; diese Aufgabe kann kein noch so großes Team von Stadtarbeitern allein stemmen.

18.01.2021

Naturschutz in der Großstadt: Was wirklich jeder beitragen kann

Die Notwendigkeit überhaupt erst anerkennen

Der Volksmund weiß, dass Selbsterkenntnis der erste Weg zur Besserung ist. Das gilt auch in Sachen großstädtischer Naturschutz. Denn so sehr sich manche Städte oder Stadtviertel auch als wenig natürlicher, betongrauer Raum geben, so sehr ist „die Stadt“ in Wahrheit doch ein von enormer Vielfalt geprägter Lebensraum.

Nur: Dieser Lebensraum wird naturgemäß stark bedroht, hat es vielfach deutlich schwerer als in Arealen vor den Stadttoren. Diese Erkenntnis ist zentral. Es gibt fast keine falschen Maßnahmen, die Anwohner hier ergreifen könnten. Wenn hier überhaupt eine weitere Redewendung gilt, dann diese: es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

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Den Straßenbaum vor dem Haus bewässern

Stadtgrün im Allgemeinen und Stadtbäume im Besonderen haben es sehr schwer. Nicht nur, dass viele heute große Gewächse in einer Zeit ausgesucht wurden, als der Klimawandel sich noch nicht so stark zeigte und die deshalb mit seiner Hitze und Trockenheit schlecht zurechtkommen. Sie müssen sich auch mit einem sehr schwierigen Untergrund arrangieren. Zu kleine Löcher für Wurzelballen, zu stark verdichtete Untergründe, Abwasserrohre, Datenkabel und vieles mehr.

Allein in den Sommern 2018 und 2019 starben deshalb zigtausende deutsche Stadtbäume den Dürretod – denn wo die Wurzeln schon in guten Zeiten nur ein Mindestmaß an Nährstoffen finden, bedeuten mehrwöchige Hitze- und Trockenheitsphasen ganz rasch das Aus; so viel können die wenigsten Kommunen tränken, dass sich dies aufhalten ließe.

Ein Baum mit grünen Blättern im See

Wer jedoch nur jeden zweiten Sommertag dem nächsten Baum oder Strauch vor seiner Haustür zwei, drei Gießkannen voll Wasser spendiert, auch ohne, dass die Stadt dazu auffordert, kann wirklich etwas beitragen. Erst recht, wenn er sich vielleicht noch die Mühe macht, die oft dichtgetretene Oberfläche der Erde rings um den Stamm ein wenig per Hacke aufzulockern.

Stadtvögel füttern

Selbst langjährige Stadtbewohner glauben oft, dass die fliegende Sparte der dortigen Fauna ausschließlich aus den urbanen Verwandten von Culumba livia besteht – der gewöhnlichen Stadttaube. Und die findet hier typischerweise mehr als genügend Futter.
Stimmt aber nicht, zumindest nicht ersteres. Tauben sind beileibe nicht die einzigen Stadtvögel. Tatsächlich herrscht auch auf diesem Gebiet bei uns eine sehr große Artenvielfalt. Nur: Bloß die Tauben sind tatsächlich „wohlgenährt“. Alle anderen Vögel darben hingegen vor allem im Winter.

Doch auch hier gibt es Abhilfe. Auch Mieter dürfen Stadtvögel auf Balkon und Fensterbrett füttern, sogar richterlich bestätigt. Nur bleibt das Taubenfüttern verboten. Daher sollte es kein normales Futterhäuschen sein, sondern eines, das speziell so konstruiert wurde, dass die blaugrauen Stadtbewohner nicht an das Futter herankommen. 

Übrigens: Im Sommer können flache Schalen voller Kieselsteine aufgestellt werden. Werden Sie mit Wasser gefüllt, können sich Vögel und Insekten bedienen, ohne dass Ertrinkungsgefahr besteht.

Balkonien zum Garten machen

Viele glauben, dass nur ein „richtiger“ Garten mit mindestens einigen hundert Quadratmetern zählen würde, was den Naturschutz anbelangt. Nichts könnte ferner sein – allein schon, wenn man bedenkt, dass in einem viertel Kubikmeter Erdreich (ein 1x1 Meter großer, 25 Zentimeter hoch gefüllter Blumenkasten) gut eine Billion(!) Lebewesen existieren. Und auch wenn es sich dabei nicht um putzige Vögel und ähnliches Getier handelt, so sind diese Kleinstlebewesen für das Funktionieren des Gesamtsystems namens Natur genauso wichtig.

Balkon mit Blumen

Zudem ist jedes Stiefmütterchen, jede Geranie, jede Balkontomate wichtig für andere Lebewesen. Vor allem für fliegende Insekten. Hinzu kommt, dass kein Vermieter etwas sagen kann, wenn Mieter ihre Balkone mit solchen Kästen bestücken. Bei den Fensterbänken ist es etwas anders, sie können nur nach Rücksprache genutzt werden.
Zusammengerechnet bringt es so selbst eine kleine Stadtwohnung mindestens auf jene 0,25 Kubikmeter Erde und noch einige Pflanzen, die aus ihr sprießen – ob die nur gut aussehen oder vielleicht irgendwann auch gut schmecken, ist dabei völlig gleich.

„Bomben“ werfen

Nein, damit sind natürlich keinesfalls Attacken auf umweltschädigende Personen und Einrichtungen gemeint. Es geht um die wohl friedlichste, umweltfreundlichste Bombenform von allen, die Samenbombe.

Sie enthält Pflanzensamen, dazu ein Substrat, welches dem Saatgut beim Start ins Leben hilft. Diese Bomben gibt es zwar fertig zu kaufen, sie können jedoch auch für einen deutlich günstigeren Preis selbst in Serie gefertigt werden, sogar am Küchentisch der kleinsten Großstadtwohnung. 

Der Rest ist tatsächlich dann „Bomben los!“. Und zwar überall in der Stadt, wo eine Chance besteht, dass die Pflänzchen keimen. Die einzigen schlechten Areale sind Gehwege und Zonen, wo es wahrscheinlich ist, dass Hunde ihr Geschäft verrichten. Damit bleibt vom Stadtpark über Baumscheiben bis hin zu Brachen jede Menge „Angriffsfläche“ – die vielleicht schon nach dem nächsten Schauer etwas grüner und farbenfroher wird.

Städtische Eichhörnchen im Winter versorgen

Eigentlich haben Eichhörnchen kaum Probleme, sich selbst zu versorgen. Doch wie bei so vielen Beispielen aus Flora und Fauna sieht es auch bei ihnen in der Stadt anders aus, vornehmlich im Winter. Das liegt primär daran, dass die typische Diät der rostbraunen und grauen Nagetiere recht eingeschränkt ist. Just dies macht es aber auch einfach, sie in städtischen Parks und ähnlichen Grünanlagen zu versorgen: 

  • Ein normales Vogelfutterhäuschen über Kopfhöhe anbringen. Dazu genügt eine über einen Ast geworfene Schnur, an der das Häuschen erst hochgezogen wird und die man hiernach mehrfach um den Ast wickelt und verknotet.
  • Dort hinein kommen Hasel- und Walnüsse (bitte keine anderen Nüsse), sowie Trockenmais, Sonnen- und Kürbiskerne. 
  • Wenn es Möglichkeiten gibt, das Häuschen in kurzen Abständen zu bestücken, können auch Rosinen, Karotten- und Apfelstücke dargeboten werden.

Wenn das Häuschen in frei zugänglichen Arealen aufgehängt wird, kann es zudem alles immens erleichtern, wenn sein Standort mit anderen urbanen Naturschützern geteilt wird. So können sich alle beim Auffüllen abwechseln und so Kosten und Arbeitsaufwand sehr niedrig halten.

Quelle: UD/cp
 

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