Warum gefiltertes Leitungswasser oft besser ist als Mineralwasser
Wenn man der Fernsehwerbung Glauben schenken darf, ist Mineralwasser ein essentieller Bestandteil für ein gesundes Leben. Und für die Brunnen bzw. Abfüller scheint die Rechnung tatsächlich aufzugehen. Allein in Deutschland gibt es um die 200 verschiedene Marken, von denen eine Vielzahl nicht nur regional, sondern auch bundesweit angeboten wird. Dazu kommen dann noch international vertriebene Premium-Marken aus den verschiedensten Ländern, wie etwa Frankreich, Italien oder gar von den Fidschi-Inseln.
24.07.2017
Von Andrea Blake-Böhm
Warum aber gerade die Deutschen so stark auf Mineralwasser abfahren, erschließt sich einem nicht unbedingt. Denn schließlich gilt das Trinkwasser aus der Leitung vielerorts als nicht nur schmackhaft. Auch was die Qualität betrifft, braucht man sich in Deutschland dank der relativ strengen Trinkwasserverordnung kaum Gedanken machen. Diese regelt mit engen Grenzwerten die Höchstkonzentration von schädlichen Substanzen wie Schwermetallen, Pflanzenschutzmitteln, Nitrat und auch Keimen. Alle Wasserversorger sind gesetzlich dazu verpflichtet, dass das dem Endverbraucher am Hausanschluss zur Verfügung gestellte Wasser diesen Grenzwerten entspricht. Überwachen tun dies die Gesundheitsämter und schreiben je nach individueller Lage und lokaler Wasserqualität Prüfungen in jährlichen, wöchentlichen oder sogar täglichen Abständen vor.
Im Vergleich zum Leitungswasser unterliegt das in Flaschen abgefüllte Mineralwasser den Bestimmungen in der Mineral- und Tafelwasserverordnung. Dieses muss aus unterirdischen Wasservorkommen stammen und direkt am Gewinnungsort abgefüllt werden. Für den maximal zulässigen Keimgehalt vor der Abfüllung gelten zwar strengere Grenzwerte als beim Trinkwasser. Das bedeutet aber nicht automatisch dass man beim Eingießen aus der Flasche auch ein tatsächlich höherwertiges Wasser bekommt. Anders als beim Leitungswasser gibt es beim Mineralwasser keine Grenzwerte für Nitrat, Pestizide, das Nervengift Arsen oder die Schwermetalle Cadmium, Quecksilber und Blei. Zudem müssen die Mineralwasserquellen nicht so oft überprüft werden, wie es etwa beim Leitungswasser Standard ist.
Mineralwasser oft schlechter als gedacht
Die Stiftung Warentest testet in regelmäßigen Abständen die Qualität großer Mineralwassermarken und kommt dabei zu überraschenden Ergebnissen. Von 30 getesteten Mineralwässern schnitten in einem aktuellen Test nur elf Marken mit „gut“ ab, keines mit „sehr gut“ und die meisten mit der Note „befriedigend“. Eines der getesteten Mineralwässer wurde sogar nur mit „ausreichend“ bewertet. In manchen Wässern fanden die Tester Spuren aus Landwirtschaft, Industrie und Haushaltsabwässern.
So konnten etwa Spuren von Süßstoffen, Pestizidabbauprodukten und Korrosionsschutzmitteln gefunden werden. Und auch in PET-Plastikflaschen vertriebenes Mineralwasser enthielt oft Rückstände von Acetaldehyd, das sich besonders bei längerer Lagerung und höheren Temperaturen leicht aus dem Plastik lösen kann. Alle nachgewiesenen Stoffe seien zwar gesundheitlich unbedenklich, so die Stiftung Warentest. Dem Image der Mineralwässer und auch den dafür verlangten Preisen würden die vertriebenen Marken aber dadurch nicht gerecht.
Auch was den Mineraliengehalt betrifft, könne Mineralwasser trotz einer irreführenden Bezeichnung nicht das halten, was es verspricht. In manchen Großstädten sei das Trinkwasser deutlich mineralienhaltiger, so die Tester. In manchen Berliner Stadtteilen ist das Trinkwasser etwa viel Kalziumhaltiger als viele Mineralwässer. In München gälte das gleiche für Magnesium. Wer hohen Wert auf einen hohen Mineraliengehalt legt, sollte die Angaben auf den Wasserflaschen deshalb genau untersuchen und mit den leicht erfragbaren Analyseergebnissen der lokalen Wasserversorger vergleichen.
Gefiltertes Leitungswasser – sauber und günstig
Der Kauf von gefiltertem Leitungswasser bzw. der Einbau einer fest installierten Filteranlage ist aus einer ganzen Reihe von Gründen oft die bessere Wahl als Mineralwasser. Das geht schon beim nicht mehr nötigen Kistenschleppen los. Man spart nicht nur Muskelschmalz, sondern gleichzeitig auch noch bares Geld. Je nach Bundesland variieren die jährlichen Wasserkosten für Leitungswasser pro Haushalt zwischen 82 Euro in Heide (Schleswig-Holstein) bis zu Essen als teuerste Stadt mit 315 Euro. Auf den Liter berechnet ist dies aber immer noch unschlagbar günstig.
Schließlich werden hier ja alle Verbrauchsposten von Dusche über Toilettenspülung bis hin zur Waschmaschine mit erfasst. Auf den Liter heruntergebrochen werden in Deutschland im Durchschnitt rund 0,2 Cent fällig. Selbst das laut Preisvergleich billigste Mineralwasser ist mit einem Preis von ca. 70 Cent pro Liter ganze 35 Mal teurer. Auch eine fest installierte und hochpreisige Filteranlage amortisiert sich bei solch drastischen Unterschieden sehr schnell, insbesondere in Haushalten mit vielen Personen.
Sauberer als Mineralwasser
Wer sich für ein Filtersystem entscheidet, kann damit aber nicht nur Geld sparen, sondern auch die vielleicht eh schon hohe Qualität des Leitungswassers weiter erhöhen. Welches Filterverfahren sich am besten eignet, hängt dabei von den lokalen Gegebenheiten ab. Es gibt Sedimentfilter, Aktivkohlefilter, Ionentauscher, Membran-/Umkehrosmose-Filter, Destilliergeräte und Mikrofilter.
In hochwertigen Filteranlagen werden meist mehrere Filterarten in Reihe geschaltet und so eine besonders hohe Filterleistung erzielt. Aktivkohlefilter entfernen sämtliche grobe und feine Schadstoffe wie Chlor, Trihalomethane, Fluorid sowie mikroskopisch kleinste Substanzen wie Herbizide und Pestizide. Umkehrosmose-Filter entfernen darüber hinaus zuverlässig Bakterien, Viren und andere Substanzen die einen Aktivkohlefilter passieren können. Auch Kalk und Mineralien wie Kalk in übermäßigem Wasser lassen sich so leicht entfernen.
Wer jetzt aber denkt, bei einem derart gefilterten Wasser würden die Mineralien fehlen, irrt sich. Im Gegensatz zu Mineralwasser, bei dem man von der von der Quelle abhängigen Zusammensetzung abhängig ist, lässt sich gefiltertes Wasser auf einfache Art mit einer idealen Mineralienzusammensetzung anreichern. Dies geschieht bei guten Filteranlagen durch einen so genannten Mineralisierungsfilter, der Osmosewasser mit wichtigen Mineralien wie Kalium, Calcium, Magnesium und Natrium versetzt.
Mineralien – im Wasser oft überbewertet
Mineralien sind für uns Menschen zwar überlebensnotwendig. Wer aber davon ausgeht, dass Mineralwasser hier ein entscheidender Faktor ist, täuscht sich. Den Hauptteil der Mineralien nehmen wir über die Nahrung auf. Bei Kalzium etwa kommen handelsübliche Mineralwässer auf einen Kalziumgehalt von 300-500 Milligramm pro Liter. Durch den Verzehr von zwei Scheiben Käse mit 50 Gramm erreicht man diesen Wert bereits. Ein kleines Glas Milch alleine enthält etwa 240 Milligramm Calcium. Und bestimmte Obst- und Gemüsesorten sind wahre Mineralienbomben. Avocados kommen etwa pro 100 Gramm Gewicht auf 485 Milligramm Kalium, bei Bananen sind es 367 Milligramm. Gerolsteiner Sprudel, eines der beliebtesten deutschen Mineralwässer, kommt hier gerade einmal auf 11 Milligramm pro Liter.
Der Faktor Umweltschutz
Nach all diesen gesundheitlichen und ökonomischen Aspekten sollte aber auch ein Hinweis auf die bei gefiltertem Leitungswasser viel höhere Nachhaltigkeit nicht fehlen. Die Ökobilanz von Trinkwasser aus dem Wasserhahn ist dramatisch besser als die von Mineralwasser. Der ganze Aufwand von Flaschenproduktion, Flaschenreinigung, Abfüllanlagen, Transport, Rücktransport bei Mehrwegflaschen oder Entsorgung bei Einwegflaschen fällt bei Leitungswasser weg. Eine Schweizer Studie kam zu dem Ergebnis dass für die gleiche Menge bei Mineralwasser im Schnitt etwa 1.000-mal mehr Energie verbraucht wird. Als besonders schlecht gilt die Umweltbilanz von aus dem Ausland oder aus fernen Gegenden kommendes Wasser. Aber auch regional abgefülltes Mineralwasser von einem Anbieter aus dem Umland ist nach den Berechnungen der Studie 100 Mal weniger umweltfreundlich als Leitungswasser.
Um den hohen logistischen Aufwand durch Mineralwasser zu verdeutlichen, haben die Autoren der Studie einen interessanten Vergleich gewählt. Trinkt man ein Jahr lang 2 Liter Leitungswasser pro Tag statt Mineralwasser, könnte man mit der dadurch eingesparten Energiemenge fast 2.000 Kilometer Auto extra fahren, ohne seine Umweltbilanz zu verschlechtern. Durch den Konsum von gefiltertem Leitungswasser tut man also nicht nur sich etwas Gutes, sondern auch der Umwelt. Auf Sprudel muss man dabei übrigens nicht verzichten. Durch simple Geräte mit Kohlensäure-Kartuschen kann man das Wasser direkt auf dem Küchentisch in Sprudel verwandeln, und dabei den individuell gewünschten Kohlensäuregehalt selbst bestimmen. Unternehmen haben dies übrigens schon lange erkannt und setzen daher immer häufigerdirekt an die Leitung angeschlossene Wasserspender mit eingebauter Filterfunktion ein.