Fälschungen im Honigregal: Europas Imker schlagen Alarm
Der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund und der Europäische Berufsimkerbund (EPBA) haben Honigproben aus deutschen Supermärkten in Estland untersuchen lassen. Das erschreckende Ergebnis einer neuen DNA-Analyse: 25 von 30 getesteten Honigen waren gefälscht. Ein Fernsehteam begleitete die Berufsimker und wird demnächst eine Dokumentation über ihre Ergebnisse ausstrahlen.
08.11.2024
Fälschungen in großem Stil
Bernhard Heuvel ist von den Ergebnissen seiner Aktion überrascht. Als Präsident des Europäischen Berufsimkerbundes (EBPA) und Vizepräsident des Deutschen Berufsimkerbundes hatte er nicht damit gerechnet, dass fast alle Honige in deutschen Supermärkten gefälscht sind. Ein EU-Kontrollbericht aus dem vergangenen Jahr hatte bereits in fast jeder zweiten Probe Zuckersirup gefunden. Die europäischen Berufsimker sehen sich durch den starken Absatzrückgang ihrer Honige in den letzten zwei Jahren zum Handeln gezwungen. Der europäische Markt wird zunehmend mit Billighonig überschwemmt, insbesondere seit die USA ihre Importe gestoppt haben. Die Folge ist, dass viele Berufsimker in Europa kaum noch Geld verdienen und in einigen Ländern bereits drei Viertel der Berufsimker aufgegeben haben. Die Politik schaut tatenlos zu.
Echter Honig für 1,99 € – das ist nicht möglich
Jetzt wehren sich die Imker. „Billighonig allein ist nicht das Problem. Aber wenn er gestreckt wird, haben wir alle ein Problem.“ sagt Bernhard Heuvel „Denn niemand auf der Welt kann ein Glas Honig für 1,99 € Endverbraucherpreis herstellen. Nicht einmal in China oder Indien.“ Die Berufsimker vermuten hinter den immer niedrigeren Verkaufspreisen so gute Fälschungen, dass die Labore sie schwer bis gar nicht finden. „Wir sind dem gezielt nachgegangen und haben ein Labor gesucht, das andere Methoden verwendet als in Deutschland üblich. Mit einer DNA-Analyse in Estland hatten wir Erfolg.“
Mit neuem DNA-Test nachweisbar
„Mit den üblichen NMR-, IRMS-, LC/MS-Untersuchungen, ergab das Zuckerprofil unserer 30 Proben – darunter billige, teurere und auch Biohonige – keine Auffälligkeiten. Aber mit der DNA-Sequenzierung, die ein hochmodernes estnischen Labor für uns durchführte, konnten wir glasklar zeigen, dass 25 Proben, und damit 80 Prozent, gefälscht waren. Nur drei Honige waren echt.“ Die Imker gehen davon aus, dass den Honigen Fruktosesirup zugesetzt wurde, der aus gentechnisch veränderten Bakterien hergestellt wird. Dieser Laborsirup enthält nur eine minimale Menge an DNA, ahmt aber das Zuckerprofil nach, das normalerweise von Bienen bei der Umwandlung von Nektar in Honig erzeugt wird. Seit Jahren wird dieser Sirup von verschiedenen Labors, unter anderem aus Israel und den USA, als vegane, „bienenfreie“ Alternative zu Honig beworben.
Diese Fälschung schmeckt man
„Wer im Internet nach solchem Sirup sucht, bekommt ihn auf einschlägigen Portalen in vielen Farben und Geschmacksrichtungen angeboten – zusammen mit dem garantierten Versprechen, dass sie den „Labortest bestehen“, und den ganz legalen Analyse-Parametern der ‚EU-Honig-Direktive 2001/110/EC‚ ‘ entsprechen.“ Ein Imker erkennt diese Fälschung sofort. Der Geschmack ist fremd, breitet sich schnell im Mund aus und klingt ebenso schnell wieder ab. Der Geschmack des echten Honigs bleibt dagegen lange auf der Zunge. „Was wirklich drin ist oder ob es der Gesundheit womöglich schadet, wissen wir nicht“, ergänzt Bernhard Heuvel.
honigretten.de – Spendenaufruf gegen den Betrug
„Wir werden die Ergebnisse überall veröffentlichen. Die TV-Doku ist nur ein Baustein.“ betont Heuvel. Auf der Webseite honigretten.de fordert der Berufsimkerbund Unterstützung. Die Imker haben sich mit Importeuren und dem Lebensmitteleinzelhandel zusammengeschlossen, um den Betrug aufzuklären und entgegenzuwirken. „Wir wenden uns auch an die europäische Kommission, an die Regierung und an Polizei und EUROPOL. Fälschungen in so großem Stil sind organisierte Kriminalität. Es ist Verbrechen an den Verbrauchern, an den Bienen und an den Erwerbsimkern.“ Die ganze Branche leidet unter dem Preisdruck und wird weiter an der Aufklärung arbeiten. „Für weitere Labortest, juristische Hilfe und Pressearbeit benötigen wir finanzielle Unterstützung.“