Innovative Fahrerassistenz-Systeme von morgen
Die Forschungsinitiative UR:BAN (Urbaner Raum: Benutzergerechte Assistenzsysteme und Netzmanagement) hat in Braunschweig in einer Halbzeitpräsentation ihre bisherigen Ergebnisse vorgestellt. 31 Partnern aus der Automobilindustrie arbeiten dazu an intelligenten und kooperativen Fahrerassistenzsysteme für den Verkehr von morgen, die dem Fahrer künftig eine sichere, stressfreie und zügige Fahrt im komplexen urbanen Verkehr ermöglichen können.
20.05.2014
Mit zunehmender Urbanisierung kommt der Stadtverkehr immer häufiger an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Autofahren im städtischen Bereich bedeutet, komplexe Verkehrssituationen mit vielen unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern bewältigen zu müssen. Das Risiko von Staus und Unfällen in der Stadt steigt. Für die Zukunftsfähigkeit einer uneingeschränkten Mobilität muss ein Verkehrssystem diesen Belastungen jedoch Stand halten können. Daran forscht das UR:BAN Projekt. „Wir wollen damit einen erheblichen Beitrag zu mehr Effizienz und Sicherheit im Straßenverkehr leisten. Im Fokus unserer Forschung steht dabei immer der Fahrer“, erklärt Eberhard Hipp, Leiter Forschung bei MAN Truck & Bus, und Koordinator des Forschungsprojekts.
Assistenzprogramme sorgen für Sicherheit
Die Volkswagen Konzernforschung ist an allen drei UR:BAN-Projektsäulen „Kognitive Assistenz", „Mensch im Verkehr" und „Vernetztes Verkehrssystem" beteiligt. Im Projekt „Kognitive Assistenz" entwickelt die Volkswagen Konzernforschung drei innovative Assistenzsysteme, die den Fahrer im urbanen Verkehr unterstützen, ihn rechtzeitig informieren, geeignete Manöver vorschlagen und im Notfall sogar eingreifen. Mit Hilfe dieser Systeme zur sicheren Längs- und Querführung wird der Fahrer beim vorausschauenden, sicheren und entspannten Fahren im Stadtverkehr effektiv und situationsangepasst unterstützt.
So hilft zum Beispiel der „Fahrstreifenwechselassistent" beim Wechsel der Fahrspur im dichten Verkehr auf städtischen Ein- und Ausfallstraßen durch aktive Eingriffe in die Längs- und Querführung. Das System beobachtet während des Manövers umgebende Fahrzeuge durch die 360°-Rundumsicht und unterstützt den Fahrer durch Anzeigen und Lenkbewegung bei der Wahl und dem Anfahren einer freien Lücke auf dem Zielfahrstreifen.
Der „Engstellenassistent" hingegen soll dem Fahrer helfen, wenn Hindernisse wie zum Beispiel parkende Fahrzeuge teilweise oder gar vollständig die Fahrspur blockieren, so dass nur eine sehr enge Durchfahrt möglich ist. Mit der Weiterentwicklung des bereits in Serie eingeführten Lane Assist werden Hindernisse im eigenen Fahrstreifen oder auch im Gegenverkehr mit 3D-Sensorrundumsicht erkannt. Das System prüft, ob ein sicherer Weg existiert und unterstützt durch eine aktive Lenkhilfe bei der Vorbeifahrt am Hindernis unter Einhaltung eines Sicherheitsabstandes.
Der „Notbremsassistent" reduziert oder vermeidet gar drohende Kollisionen im urbanen Raum durch situationsspezifische Brems- und Lenkeingriffe.
Die BMW Forschung und Technik GmbH wiederum entwickelt im Teilprojekt „Schutz von schwächeren Verkehrsteilnehmern“ ein Fahrerassistenzsystem zum Fußgängerschutz: Das System schätzt aus der Situation und dem Verhalten des Fußgängers ab, ob ein Kollisionsrisiko mit dem Fahrzeug besteht. Unfälle mit Fußgängern können durch Bremsen oder Lenken bzw. eine Kombination aus beidem vermieden werden. In einem BMW 5er Forschungsfahrzeug aktuell erlebbar ist die Erkennung von Detailmerkmalen eines Fußgängers, d. h. eines Kopfes und des Oberkörpers sowie die Klassifikation der vom Fußgänger eingeschlagenen Richtung.
Auto-Cockpits müssen übersichtlicher werden
Im Teilprojekt Mensch im Verkehr arbeiten die MAN-Forscher an der grundsätzlichen Fragestellung: Wie kann das Fahrzeug dem Fahrer im dichten Stadtverkehr die Informationen von Assistenzsystemen am besten vermitteln? Wie müssen Fahrzeug-Cockpits gestaltet sein, um dem Fahrer genau die Information anzuzeigen, die er in einer bestimmten Fahrsituation benötigt?
Da im Stadtverkehr viele Fahrzeuge auf engem Raum fahren und Fahrer mit hoher Konzentration in viel schnellerer Abfolge auf neue Situationen reagieren müssen als im Fernverkehr, spielt die Kommunikation zwischen Fahrer und Fahrzeugsystemen eine wichtige Rolle. Bereits heute haben Pkw und Nutzfahrzeuge zahlreiche elektronische Assistenten, die den Fahrer unterstützen. Der Vorteil für ihn und die anderen Verkehrsteilnehmer: Assistenzsysteme sind immer hellwach, ermüden nicht und können ihn so vor Gefahren warnen und im Fall des Falles blitzschnell eingreifen. Künftig wird diese Fülle an Systemen noch zunehmen. Assistenten dürfen den Fahrer jedoch nicht mit ihren Anzeigen oder Warnungen überfordern. Deshalb ist die Schnittstelle zwischen Fahrer und Fahrzeug (Mensch-Maschine-Schnittstelle) ein zentraler Forschungsschwerpunkt von MAN. Ziel der MAN-Forscher ist, die Ablenkung des Fahrers zu minimieren. Die Informationen müssen auf das Notwendige reduziert und dem Fahrer intuitiv verständlich vermittelt werden.