MIT entwickelt sozialverträglichen Roboter
Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben einen Roboter entwickelt, der im Fußgängerstrom mitschwimmt. Der Roboter befolgt aufgrund seines Algorithmus die sozialen Regeln, die die meisten Fußgänger einhalten - nicht drängeln, rechts ausweichen, keinen anrempeln und an roten Ampeln stoppen. Taucht ein Hindernis auf, wartet er nicht, bis er dicht dran ist, um einen Haken zu schlagen. Er nimmt frühzeitig einen neuen Kurs, um Kollisionen zu vermeiden.
05.09.2017
Bei Tests im Stata Center des MIT zeigte der kniehohe Roboter, der einem "Kiosk auf Rädern" ähnelt, dass er selbst in dichtem Fußgängerverkehr Zusammenstöße vermeiden kann. Die Forscher haben die Details der Sensorik sowie das Auswertungs- und Steuerungsprogramm in einem Paper beschrieben, das sie auf der diesjährigen IEEE Conference on Intelligent Robots and Systems in Vancouver präsentieren werden.
"Soziale Navigation ist eine zentrale Eigenschaft, die Roboter haben müssen, wenn sie sich in einem sich ändernden Umfeld bewegen, das ein beständiges Zusammenspiel mit Fußgängern erfordert", sagt der Graduate Student Yu Fan Chen, der Hauptautor der Studie ist. Solche Roboter könnten in Zukunft genutzt werden, um Pakete und Lebensmittel auszuliefern. In größerer Bauweise ließen sie sich auch als Transportmittel für Menschen einsetzen, etwa in großen Einkaufszentren, Flughäfen und Krankenhäusern.
Um sich in starkem Fußgängerverkehr autonom bewegen zu können, muss ein Roboter vier Herasuforderungen meistern: Er muss stets wissen, wo er sich befindet, er muss die Umgebung beobachten, seine Bewegungen planen und den eingeschlagenen Kurs permanent hinterfragen. Für die meisten Anforderungen genügten bisher Systeme, die auch herkömmliche autonome Roboter besitzen - wie Kameras, Abstandssensoren und Radar. Dazu kamen Algorithmen, die auch in autonom fahrenden Autos eingesetzt werden. "Neu entwickelt ist die Planung der Bewegungen", sagt Michael Everett, ebenfalls Graduate Student des MIT.
Kein Anrempeln oder Herumstehen durch bestärkendes Lernen
Für die Planung der Bewegungen von Robotern in Umgebungen mit Fußgängern gibt es mehrere Ansätze. Einer wäre gewesen, die Roboter vor ihrer eigenen Routenplanung die Bewegungen der anderen Verkehrsteilnehmer berechnen zu lassen. Doch die Berechnung der dazu nötigen Daten hätte so viel Zeit in Anspruch genommen, dass der Roboter nur herumgestanden hätte, während die Fußgänger längst an ihm vorbeigegangen wären. Beim reaktiven Ansatz liegt das Hauptproblem in der Unberechenbarkeit menschlicher Handlungen. Menschen verbleiben selten auf einem geradem Pfad, sondern verhalten sich eher wandelnd und kommen vom Kurs ab, weil sie kurzzeitig ihren Plan geändert haben. Bei einer reaktiven Prorammierung neigen Roboter dazu, mit Menschen zusammenzustoßen oder sehen aus, als würden sie herumgeschubst, weil sie übermäßig versuchen, gerade nicht mit Fußgängern zu kollidieren.
Das Forschungsteam des MIT hat sich anstelle dieser zwei Ansätze für das bestärkende Lernen entschieden. Mit der Zeit lernte der Roboter auf diese Weise, in wiederkehrenden Situationen gleich oder ähnlich zu reagieren, wobei er typisch menschliche Aktionen und soziale Normen berücksichtigte.
Everett und seine Kollegen ließen den Roboter in den lebendigen Hallen des MIT Stata Buildings bereits einige Testfahrten unternehmen. Er bewältigte eine zwanzigminütige Fahrt an einem Stück, während derer er sich geschmeidig dem Fußgängerstrom anpasste, gelegentlich Personen links überholte und Kollisionen vollständig vermied. Für die Zukunft sei nun noch geplant zu untersuchen, wie der Umgang von Robotern mit Fußgängergruppen sei, sagt Everett.