Von der Tauchmaske zur Atemschutzmaske
Im gemeinschaftlichen Kampf gegen das Coronavirus zeigt sich die Hochschule Rhein-Waal erneut erfinderisch. Aus einer Tauchmaske entwickelte sie gemeinsam mit der Polyoptics GmbH in Kleve eine Atemschutzmaske. Ein Eilantrag auf Zulassung als medizinisches Gerät beim zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ist bereits gestellt.
10.04.2020
Die Mangelsituation von Atemschutzmasken zu beheben, dieser Situation hat sich die Hochschule Rhein-Waal nun ein zweites Mal gestellt. Gemeinsam mit dem Alumnus Sadok ben Salem, verantwortlich für den Bau von Prototypen bei der Polyoptics GmbH in Kleve, entwickelte Professor Dr. Georg Bastian, Professor für angewandte Optoelektronik und Laserphysik, aus einer Tauchmaske eine Atemschutzmaske. Dafür wurde anstelle eines Schnorchels über einen Adapter ein Filter angebracht. Mit Hilfe eines 3D-Druckers wurde ein Prototyp gefertigt.
Für die Produktion und um die Einsatzfähigkeit zu überprüfen, wurden verschiedene Akteure kontaktiert. So wurde die Atemschutzmaske zunächst im St.-Antonius-Hospital Kleve getestet. Dies lieferte wertvolle Hinweise zur Verbesserung. „Wir sind sehr angetan von dem Engagement des Hochschulteams und unterstützen die Entwicklung einer praktischen Alternative zu den klassischen Schutzmasken“, äußern sich Andreas Derksen, ärztlicher Leiter der zentralen Notaufnahme im St.-Antonius-Hospital Kleve, und Tim Wieggers, Bereichsleitung Intensivstation / Intermediate Care im St.-Antonius Hospital Kleve. „Das System erscheint uns wirklich vielversprechend, der Austausch mit der Hochschule ist sehr produktiv und unkompliziert.“
Die Unternehmen TROX aus Neukirchen-Vluyn, GIZEH aus Gummersbach und Intersurgical aus Sankt Augustin wurden ihrer Expertise im Bereich der Filter- und respiratorischen Technik wegen eingebunden. Mit den Experten vom Kreisgesundheitsamt Kleve, dem DRK Katastrophenschutz und dem Gesundheitsministerium in Düsseldorf wurde sich ebenfalls intensivst ausgetauscht. Der Klever Tauchshop Sport Köppel sorgt für die Lieferung der Tauchmasken. „Es ist bemerkenswert, wie schnell, unkompliziert und konstruktiv alle Gesprächspartnerinnen und -partner auf unseren Vorschlag reagiert haben. So konnten wir gleich mehrere Optimierungen in kürzester Zeit umsetzen und beim zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bereits einen Eilantrag auf Zulassung als medizinisches Gerät stellen“, erklärt Professor Bastian.
Ein Adapter für verschiedene Filtertypen, der aktuell noch im 3D-Druck-Verfahren produziert wird, soll zukünftig über Spritzgussverfahren hergestellt werden. Als Filter können verschiedene Varianten gewählt werden: Der Filtertyp FFP3/N95, ein Filter für übliche Qualitätsschutzmasken, kann zu 95 Prozent filtern. Der sogenannte HME-Filter, der in der Regel bei Beatmungsgeräten zum Einsatz kommt, filtert zu 99,9999 Prozent. Über Filter für Lungenfunktionstests wird zu 99,99 Prozent gefiltert. So bietet denn die „umgebaute Tauchmaske“ einen deutlich besseren Schutz als übliche Masken. Angesichts der zu erwartenden Angebotsknappheit von HME-Filtern hat das Team um Professor Bastian eine weitere Filtertechnik konstruiert. Ein spezieller Adapter kann mit Eindreh-Zigarettenfiltern bestückt werden. Zigarettenfilter besitzen mit 0,2 Mikrometer im Gegensatz zu FFP3-Filtern mit 0,6 Mikrometer eine sehr viel kleinere Porengröße und stehen in großen Stückzahlen weltweit zur Verfügung.
„Auch dieses Beispiel zeigt, wie gut die Hochschule Rhein-Waal in der Region und darüber hinaus vernetzt ist und als Hochschule für angewandte Wissenschaften nicht nur dem Transfergedanken gerecht wird, sondern auch ihre Leistung gemeinschaftlich mit anderen in der jetzigen Krise in den Dienst der Sache stellt“, betont Präsident Dr. Oliver Locker-Grütjen.
Da ähnliche Entwicklungen mit Tauchmasken verschiedener Hersteller parallel existieren, hat sich die Hochschule Rhein-Waal mit diesen nun vernetzt. Für eine Fertigung der Adapter in Spritzguss in hoher Stückzahl sucht sie noch Partner in der Industrie. Medizinische Einrichtungen (keine Privatpersonen) können auch vor der offiziellen Zulassung bereits bei Sport Köppel Masken mit passenden Adaptern für eigene Tests bestellen. In Krankenhäusern in Wesel, Emmerich, Goch, Kevelaer und Geldern werden die Masken bereits getestet. Die nächsten Schritte seitens der Hochschule Rhein-Waal zielen darauf ab, die Technik innerhalb und auch außerhalb von Deutschland entsprechend zu verbreiten.