Nachhaltiger Rohstoffabbau aus Thermalquellen in Chile
Ob Lithium, Cäsium oder sogar Gold: Neben Energie können Geothermalwässer auch mineralische Schätze enthalten. Im Forschungsprojekt BrineMine wollen Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) dieses Potenzial nutzbar machen und einen nachhaltigeren Rohstoffabbau in Chile unterstützen.
21.07.2021
Gemeinsam mit ihren Partnern entwickeln sie Strategien und Methoden zur Förderung der Bodenschätze direkt in Geothermiekraftwerken. Dabei sollen nicht nur Energie und Mineralien gewonnen werden, sondern auch Trinkwasser. In einer Demonstrationsanlage wurden wichtige Prozessschritte bereits erfolgreich getestet.
Bodenschätze aus Chile sind für Deutschland von großer Bedeutung. Jedes Jahr werden nach Angaben der Weltbank tausende Tonnen wertvoller Minerale aus dem südamerikanischen Land importiert, unter anderem für Lithium-Ionen-Batterien. Doch mit dem Abbau sind ökologische und soziale Probleme verbunden: „Die Nutzung der begrenzten Frischwasserressourcen im Norden Chiles für den Bergbau führt regelmäßig zu Konflikten mit der lokalen Bevölkerung“, sagt Professor Thomas Kohl vom Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) des KIT. „Der Norden Chiles ist eines der trockensten Gebiete der Erde, verfügt aber über umfangreiche Geothermie-Ressourcen. Mit neuartigen ‚Kombikraftwerken‘ kann dort nicht nur klimafreundlich Strom erzeugt, sondern gleichzeitig können auch Trinkwasser und sogar Bodenschätze gewonnen werden.“ Entsprechende Strategien und Technologien entwickelt das Team des AGW im deutsch-chilenischen Forschungsprojekt BrineMine.
Das AGW blickt auf eine langjährige Kooperation mit der Geothermieforschung in Chile zurück. Zentraler Partner ist das Centro de Excelencia en Geotermia de Los Andes (CEGA). „BrineMine zeigt, wie gut die Kooperation zwischen chilenischen und deutschen Institutionen funktioniert“, sagt Professor Diego Morata, der Direktor des CEGA. „Von einer nachhaltigen Entwicklung durch die Kombination von Geothermie und Green Mining können Europa und der Andenraum gleichermaßen profitieren.“
Am Oberrheingraben steht die erste Demonstrationsanlage
Ein Teil der transdisziplinären Forschungsinitiative widmet sich dem geochemischen und geothermischen Potenzial der Thermalquellen in Chile, um geeignete Standorte zu identifizieren. In einer Datenerhebung wird dabei das Rohstoffpotenzial mit Schwerpunkt auf den Thermalfeldern der Atacamawüste ermittelt. Durch das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) wird im Projekt BrineMine aber auch die Anlagentechnik für eine spätere industrielle Nutzung entwickelt. Diese basiert auf einer neuen Prozesskette: Zunächst wird Wärme aus der geothermalen Sole der energetischen Nutzung zugeführt. Die abgekühlte und noch relativ schwach konzentrierte Flüssigkeit wird anschließend durch Umkehrosmose vorkonzentriert, gleichzeitig wird dabei auch Trinkwasser gewonnen. Danach wird das Solekonzentrat durch Membrandestillation bis zur Sättigung weiter aufkonzentriert. „Der thermische Energiebedarf des gesamten Verfahrens kann dabei unmittelbar aus der Abwärme des Kraftwerksprozesses gedeckt werden“, sagt Projektleiter Dr. Joachim Koschikowski vom ISE. „In einem geothermischen Kraftwerk im Oberrheingraben haben wir bereits eine Demonstrationsanlage aufgebaut und zentrale Komponenten erfolgreich in den laufenden Kraftwerkbetrieb integriert.“
Verfahren werden für den Rohstoffabbau optimiert
Die meisten Prozessschritte basieren auf erprobten Verfahren, allerdings wurden sie bislang noch nicht in dieser Form kombiniert. Dies erfordert Detailforschung, denn beispielsweise erhöhen sowohl die Aufkonzentrierung wie auch die Abkühlung das Risiko der Bildung von Silikat-Ablagerungen. „Konventionelle Strategien würden eine Rohstoffgewinnung stark einschränken. Ohne Behandlung der Wässer kommt es zur Schädigung der technischen Anlagenkomponenten“, erläutert Valentin Goldberg vom AGW des KIT. Durch eine Veränderung des pH-Wertes in der Sole und der Zugabe zweiwertiger Kationen (zum Beispiel Calcium oder Magnesium) sei aber inzwischen eine Lösung gefunden worden. „Unsere Methode zur Silikatentfernung ist schnell und effektiv. Vor allem aber hat sie keinerlei negativen Einfluss auf die Rohstoffgewinnung“, so Goldberg. Diesen neuen Ansatz beschreiben die Forschenden in der Fachzeitschrift Geothermics.
Bis die ersten Anlagen in Chile installiert werden können, müssen weitere Detailfragen zum Prozess geklärt werden. Außerdem werden auch konkrete Modelle für einen wirtschaftlichen Betrieb entwickelt.
Über BrineMine
BrineMine wurde 2019 von Professor Thomas Kohl und Dr. Sebastian Held initiiert. Das deutsch-chilenische Forschungskonsortium wird vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) koordiniert. Weitere Projektpartner neben dem KIT sind die Unternehmen Geothermie Neubrandenburg (GTN) und SolarSpring membrane solutions in Deutschland sowie Fraunhofer Chile und das Centro de Excelencia en Geotermia de Los Andes (CEGA) in Chile. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt mit über 1,5 Millionen Euro. Das große Interesse der chilenischen Industrie an BrineMine wurde bei einem Webinar der Deutsch-Chilenischen Industrie- und Handelskammer deutlich, das hunderte Teilnehmerinnen und Teilnehmer besucht haben. Auch das chilenische Energieministerium unterstützt das Projekt.