Wie Gesteinsmehl mehr CO2 binden kann
Wird fein gemahlenes Gestein in Ökosystemen hinzugegeben, kann dies die CO2-Aufnahme stimulieren, indem die Verwitterungsrate gesteigert und die Pflanzenproduktivität erhöht wird. In einer neuen internationalen Studie wurde nun zum ersten Mal der gesteigerte Anteil der CO2-Aufnahme abgeschätzt, die durch Gesteinsmehl erreicht werden kann.
18.08.2021
Die Ergebnisse – welche in der Zeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht wurden, zeigen, dass dieser biologische Effekt deutlich höher ist als bisher angenommen.
Um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 zu erreichen, ist die aktive Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre und eine dauerhafte Speicherung erforderlich – sogenannte negative Emissionen. Dies stellt eine enorme globale Herausforderung dar: Wie können wir negative Emissionen in ausreichendem Umfang und Tempo mit Technologien realisieren, die technisch zuverlässig, kosteneffizient, nachhaltig sind und von einer breiten Öffentlichkeit akzeptiert werden?
Dabei sind eine Reihe verschiedener negativer Emissionstechnologien (NETs) im Gespräch, von denen die vielversprechendsten auf der Bewirtschaftung von Ökosystemen für eine erhöhte Kohlenstoffbindung abzielen, um damit die Kohlenstoffsenke an Land zu stärken. Das Aufforsten von Wäldern und die Produktion von Bioenergie, gekoppelt mit dem Abscheiden und Speichern von Kohlendioxid, stehen im Fokus der Forschung, aber die Palette der Lösungen ist breiter.
Neue Studie zeigt große Potenziale
In einem neuen Artikel in Nature Geoscience untersuchte ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Dr. Daniel Goll vom Institut für Geographie der Universität Augsburg den Einsatz von Gesteinsmehl (fein gemahlenes Gestein). Es wurde bisher zur Bodenverbesserung genutzt (allerdings nicht für die Entfernung von Kohlendioxid) und kann in bestehende natürliche sowie genutzte Landflächen eingebracht werden. Dadurch konkurriert diese NET nicht mit anderen Landnutzungsformen und kann ohne hohen technischen Aufwand eingesetzt werden. Diese Methode bringt daher die Voraussetzungen mit, die für einen raschen und weitläufigen Ausbau benötigt werden.
Das Prinzip dieser Methode besteht darin, die natürliche Reaktion von Kohlendioxid mit verwitternden Mineralien zu verstärken. Silikatminerale werden zu Pulver gemahlen und auf der Landoberfläche verteilt, wo sie mit Kohlendioxid reagieren und es aus der Atmosphäre entfernen – eine abiotische Kohlendioxid-Entfernung. Gespeichert wird der Kohlenstoff dann in den Bodenschichten in Form von Bikarbonat-Ionen, die dann (durch Erosion) über Flüsse abtransportiert und schließlich in den Ozeanen ‚eingelagert‘ werden, wodurch verhindert wird das der Kohlenstoff wieder in die Atmosphäre gelangt.
Unter den potenziellen Gesteins-Kandidaten sticht Basalt hervor, da es nicht nur eine reichlich vorhandene Ressource ist, die schnell verwittert, sondern auch Pflanzennährstoffe enthält, die der Schlüssel zu einem zweiten biologischen Kohlendioxid-Entfernung sind, die nun erstmals quantifiziert wurde.
In einer Vielzahl von Ökosystemen wird die Fixierung von Kohlendioxid durch Pflanzen und seine Speicherung in pflanzlicher Biomasse und Böden durch eine geringe Bodenfruchtbarkeit eingeschränkt. Durch das Besprühen von nährstoffarmen Ökosystemen mit Basaltpulver, das bei der Verwitterung kontinuierlich Nährstoffe (insbesondere Phosphor) freisetzt, könnten die Nährstoffbeschränkungen theoretisch aufgehoben und die Speicherung von Kohlenstoff in Ökosystemen gefördert werden. Dieser übersehene biologische Kohlendioxid-Entfernung durch Gesteinsmehl wurde nun in der neuen Studie untersucht. Während sich frühere Untersuchungen vor allem auf fruchtbare landwirtschaftliche Flächen konzentrierten, wo die bestehende Infrastruktur für das Ausbringen von Gesteinsmehl genutzt werden kann, konzentrierte sich das Forscherteam auf natürliche Ökosysteme mit verarmten Böden.
Kosten ebenfalls berücksichtigt
Dazu nutzte das Forschungsteam ein umfassendes numerisches Modell der Biosphäre, um die Kohlendioxid-Entfernung von Gesteinsmehl zu simulieren und dabei sowohl den abiotischen als auch den biotischen Weg zu berücksichtigen. Sie fanden eine erhebliche Kohlendioxid-Entfernung von bis zu 2,5 Gigatonnen Kohlendioxid pro Jahr, wovon etwa 50 Prozent auf die Reaktion der Biosphäre auf Gesteinsmehl zurückzuführen sind. Die größten Kohlendioxid-Entfernungsraten wurden in Regionen gefunden, die bisher als ungeeignet für Gesteinsmehl angesehen wurden. Diese Ergebnisse machen das globale Kohlendioxid-Entfernungspotenzial von Basalt wesentlich größer als bisher angenommen.
Das Team nutzte außerdem Informationen über die Kosten für die Produktion, den Transport und das Ausbringen von Gesteinsmehl. Unter der Annahme, dass Flugzeugen für das Versprühen von Gesteinsmehl genutzt werden, wurden moderate Kosten für das Entfernen von Kohlendioxid von circa150 US-Dollar pro Tonne entfernten Kohlendioxids ermittelt. Um eine ausreichend hohe Netto-Kohlendioxid-Entfernung zu erreichen, müssen der Basaltabbau ausgeweitet, Systeme zum Verteilen in entlegenen Gebieten mit geringem Kohlenstoff-Fußabdruck (wie Drohnen oder Luftschiffe) eingesetzt und Energie aus kohlenstoffarmen Quellen verwendet werden.
Prof. Dr. Wolfgang Buermann vom Institut für Geographie der Universität Augsburg meint: „Basierend auf diesen neuen Ergebnissen sollte die Basalt-Bodenverbesserung als eine vielversprechende Option für Landmanagement zur Abschwächung des Klimawandels in Betracht gezogen werden“, aber ergänzt auch, dass „unbekannte Nebenwirkungen sowie weitere Daten über den Einsatz im Feld zuerst noch angegangen werden müssen“. Dr. Daniel Goll, der die Studie in Augsburg leitete, bemerkt dazu: „Pilotstudien sollten sich auf degradierte Systeme und Aufforstungsprojekte konzentrieren, um mögliche negative Nebeneffekte zu testen. Wenn Gesteinsmehl den Kohlendioxidabbau in bestehenden bewirtschafteten Systemen verbessern kann, wird es helfen, den Druck auf natürliche Ökosysteme anderswo zu verringern“.