Innovation & Forschung
Molekularen Reparaturtrupps auf die Schliche gekommen
Umweltgifte, Viren, Bakterien oder UV-Strahlung - das Erbgut lebendiger Zellen ist permanent Angriffen ausgesetzt. Biochemische Reparaturmechanismen des Körpers verhindern jedoch den Zelltod. Wie diese Prozesse genau ablaufen, war der Wissenschaft bislang ein Rätsel. Chemieprofessor Thomas Carell ist dem Geheimnis der lebenswichtigen Reparaturvorgänge auf die Spur gekommen. 2006 erhielt er hierfür den Forschungspreis der Philip Morris Stiftung. Seine Erkenntnisse eröffnen auch neue Perspektiven für die Entwicklung widerstandsfähiger Nutzpflanzen.
16.02.2007
Im genetischen Code jeder Zelle eines Lebewesens entstehen täglich
Zehntausende von Schäden. Allein ein Sonnenstrahl kann auf das Erbgut einer Pflanze
fatale Wirkung haben. So können bei der Photosynthese unkontrolliert chemische
Verbindungen des Zellkerns aufbrechen. Teilt sich die defekte Zelle, wird der
Fehler an die nachkommenden Zellen vererbt. Reparaturenzyme sorgen jedoch
dafür, dass Mutationen und Fehlfunktionen verhindert werden. Jedem Sonnenstrahl
wird ein molekularer „Reparaturtrupp“ hinterhergeschickt, um Schäden im
DNA-Strang zu beheben.
Diese Prozesse haben sich im Laufe der Evolution ausdifferenziert. Nur solche Organismen, die wirksame Strategien gegen schädliche Einflüsse auf ihr Erbgut entwickelten, konnten überleben. Für die Forschung war der Ablauf jener Reparaturmechanismen im Zellinnern bislang unbekannt. Dem Münchener Chemieprofessor Thomas Carell ist es nun jedoch gelungen, die komplexen biochemischen Prozesse bis ins Detail zu erklären. Für seine Untersuchungsergebnisse wurde er im vergangenen Jahr mit dem renommierten Philip-Morris Forschungspreis ausgezeichnet.
Bis zu 40.000 Zellschäden täglich
„Unser Genom wird durch innere und äußere Einflüsse ständig geschädigt", erklärt Carell. "Pro Tag kommt es etwa zu 40.000 Schädigungen der DNA - pro Zelle!" Die Zahl unterstreiche, so Carell, wie effizient die körpereigenen Reparatursysteme sein müssen. Um die Reparaturabläufe in der Zelle nachvollziehen zu können, stellte der Chemiker einen künstlichen DNA-Strang her, ausgestattet mit einem Defekt. Anschließend konnte er beobachten, inwieweit der Schaden Struktur und Stabilität der Erbsubstanz stört und welche Mutationstypen die jeweiligen Gendefekte hervorrufen. In einem zweiten Schritt erzeugte der Wissenschaftler größere Mengen an Reparaturenzymen, die er unter die künstliche DNA mischte. Um deren Arbeit sichtbar zu machen, wurden die Enzym-DNA-Komplexe kristallisiert und per Röntgenstrahlung untersucht. Dabei konnte Carell Schritt für Schritt nachvollziehen, wie „molekulare Reparaturtrupps“ die Gendefekte beheben.
Nach Auffassung von Professor Paul Müller, Vorsitzender der Jury des Philip-Morris Forschungspreises, hat die Arbeit Carells entscheidend zum Verständnis funktionaler Lebensprozesse beigetragen, die wegen ihrer Geschwindigkeit und Labilität bislang kaum erforscht waren.
Diese Prozesse haben sich im Laufe der Evolution ausdifferenziert. Nur solche Organismen, die wirksame Strategien gegen schädliche Einflüsse auf ihr Erbgut entwickelten, konnten überleben. Für die Forschung war der Ablauf jener Reparaturmechanismen im Zellinnern bislang unbekannt. Dem Münchener Chemieprofessor Thomas Carell ist es nun jedoch gelungen, die komplexen biochemischen Prozesse bis ins Detail zu erklären. Für seine Untersuchungsergebnisse wurde er im vergangenen Jahr mit dem renommierten Philip-Morris Forschungspreis ausgezeichnet.
Bis zu 40.000 Zellschäden täglich
„Unser Genom wird durch innere und äußere Einflüsse ständig geschädigt", erklärt Carell. "Pro Tag kommt es etwa zu 40.000 Schädigungen der DNA - pro Zelle!" Die Zahl unterstreiche, so Carell, wie effizient die körpereigenen Reparatursysteme sein müssen. Um die Reparaturabläufe in der Zelle nachvollziehen zu können, stellte der Chemiker einen künstlichen DNA-Strang her, ausgestattet mit einem Defekt. Anschließend konnte er beobachten, inwieweit der Schaden Struktur und Stabilität der Erbsubstanz stört und welche Mutationstypen die jeweiligen Gendefekte hervorrufen. In einem zweiten Schritt erzeugte der Wissenschaftler größere Mengen an Reparaturenzymen, die er unter die künstliche DNA mischte. Um deren Arbeit sichtbar zu machen, wurden die Enzym-DNA-Komplexe kristallisiert und per Röntgenstrahlung untersucht. Dabei konnte Carell Schritt für Schritt nachvollziehen, wie „molekulare Reparaturtrupps“ die Gendefekte beheben.
Nach Auffassung von Professor Paul Müller, Vorsitzender der Jury des Philip-Morris Forschungspreises, hat die Arbeit Carells entscheidend zum Verständnis funktionaler Lebensprozesse beigetragen, die wegen ihrer Geschwindigkeit und Labilität bislang kaum erforscht waren.
In der Krebsbekämpfung könnte man anhand seiner
Forschungsleistungen Fortschritte erzielen, beispielsweise um die
Abwehrmechanismen von Tumorzellen lahm zu legen. „Wir arbeiten deshalb gezielt an
Substanzen, die im Kern von Tumorzellen
Schaden anrichten“, so der Münchener Wissenschaftler. Zum Wohle vieler
Patienten könnte so die Dosis bei der
Chemotherapie drastisch reduziert werden.
Neue Generation von Kulturpflanzen
Die Forschungsarbeit Carells eröffnet auch Perspektiven für „eine neue Generation von Kulturpflanzen“, wie Professor Müller betont. Wenn es etwa gelinge, die Leistung der Reparaturenzyme zu erhöhen, könne die Fitness der Zellen nachhaltig verbessert werden. Auf dieser Grundlage ließen sich Verfahren entwickeln, mit denen der Nutzen gentechnisch veränderter Pflanzen gesteigert werden kann. Allerdings ist auch Gegenteiliges möglich: „Wenn man weiß, wie die DNA-Reparatur abläuft, weiß man auch, wie man dem Prozess schaden kann“, erklärt Carell. So könnten Pflanzenschutzmittel produziert werden, die Reparaturmechanismen im Erbgut von Schädlingen außer Kraft setzen.
Gemeinsam mit Biologen der Universität Marburg arbeitet der Münchener Chemiker derzeit an der Züchtung von Pflanzen mit einer höheren Anzahl an Reparatureiweißen. „Die Pflanzen werden dadurch größer und kräftiger. Auch unter schwierigen Umweltbedingungen wie erhöhte UV-Strahlung oder größere Höhenlagen könnten sie dann besser wachsen“, betont Carell im Gespräch mit UmweltDialog. Noch forschen die Wissenschaftler an Modellpflanzen im Labor und müssen erst prüfen, ob deren Mehrgewicht auf nutzbare Proteine oder lediglich auf Zellulose zurückzuführen ist. Bis die Erkenntnisse der Forscher aber Anwendung in der Landwirtschaft finden können, wird voraussichtlich noch einige Zeit vergehen. „Die Züchtung von entsprechend genetisch verbesserten Nutzpflanzen wie Reis oder Kartoffeln ist noch sehr kompliziert“, so Carell.
Für seine erst 40 Jahre blickt der gebürtige Herforder auf eine beachtliche Wissenschaftskarriere zurück: Carell studierte Chemie in Münster und Heidelberg, wo er am Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung diplomierte und promovierte. Nach einem zweijährigen Postdoc-Aufenthalt in Cambridge habilitierte er an der ETH Zürich. Seine Karriere als Professor für Organische Chemie startete Carell an der Universität Marburg, ehe er dem Ruf der LMU München folgte. Vor seiner Auszeichnung mit dem Forschungspreis der Philip Morris Stiftung hatte Carell 2004 bereits den Leibniz-Preis erhalten.
Der Forschungspreis der Philip Morris Stiftung gilt als eine der renommiertesten deutschen Wissenschaftsauszeichnungen. Mit dem seit 1983 jährlich verliehenen Preis hat sich die Philip Morris Stiftung zum Ziel gesetzt, Berührungsängste zu Wissenschaft und Technik abzubauen und herausragende Beispiele für Spitzenforschung ins Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken.
Neue Generation von Kulturpflanzen
Die Forschungsarbeit Carells eröffnet auch Perspektiven für „eine neue Generation von Kulturpflanzen“, wie Professor Müller betont. Wenn es etwa gelinge, die Leistung der Reparaturenzyme zu erhöhen, könne die Fitness der Zellen nachhaltig verbessert werden. Auf dieser Grundlage ließen sich Verfahren entwickeln, mit denen der Nutzen gentechnisch veränderter Pflanzen gesteigert werden kann. Allerdings ist auch Gegenteiliges möglich: „Wenn man weiß, wie die DNA-Reparatur abläuft, weiß man auch, wie man dem Prozess schaden kann“, erklärt Carell. So könnten Pflanzenschutzmittel produziert werden, die Reparaturmechanismen im Erbgut von Schädlingen außer Kraft setzen.
Gemeinsam mit Biologen der Universität Marburg arbeitet der Münchener Chemiker derzeit an der Züchtung von Pflanzen mit einer höheren Anzahl an Reparatureiweißen. „Die Pflanzen werden dadurch größer und kräftiger. Auch unter schwierigen Umweltbedingungen wie erhöhte UV-Strahlung oder größere Höhenlagen könnten sie dann besser wachsen“, betont Carell im Gespräch mit UmweltDialog. Noch forschen die Wissenschaftler an Modellpflanzen im Labor und müssen erst prüfen, ob deren Mehrgewicht auf nutzbare Proteine oder lediglich auf Zellulose zurückzuführen ist. Bis die Erkenntnisse der Forscher aber Anwendung in der Landwirtschaft finden können, wird voraussichtlich noch einige Zeit vergehen. „Die Züchtung von entsprechend genetisch verbesserten Nutzpflanzen wie Reis oder Kartoffeln ist noch sehr kompliziert“, so Carell.
Für seine erst 40 Jahre blickt der gebürtige Herforder auf eine beachtliche Wissenschaftskarriere zurück: Carell studierte Chemie in Münster und Heidelberg, wo er am Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung diplomierte und promovierte. Nach einem zweijährigen Postdoc-Aufenthalt in Cambridge habilitierte er an der ETH Zürich. Seine Karriere als Professor für Organische Chemie startete Carell an der Universität Marburg, ehe er dem Ruf der LMU München folgte. Vor seiner Auszeichnung mit dem Forschungspreis der Philip Morris Stiftung hatte Carell 2004 bereits den Leibniz-Preis erhalten.
Der Forschungspreis der Philip Morris Stiftung gilt als eine der renommiertesten deutschen Wissenschaftsauszeichnungen. Mit dem seit 1983 jährlich verliehenen Preis hat sich die Philip Morris Stiftung zum Ziel gesetzt, Berührungsängste zu Wissenschaft und Technik abzubauen und herausragende Beispiele für Spitzenforschung ins Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken.
Quelle: UD