Mit betrieblichen Praxislaboratorien die digitale Arbeitswelt gestalten
Mit der digitalen Transformation stehen Unternehmen vor einem echten Paradigmenwechsel. Statt das Bestehende immer weiter zu optimieren, müssen sie Neuland gestalten lernen – auch mit Blick auf die Arbeitswelt. Wie aber gelingt über Jahrzehnte gewachsenen Organisationen mit langer Erfolgsgeschichte der Weg in die digitale Zukunft?
23.01.2019
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des ISF München zeigen, wie es geht: agil, beteiligungsorientiert und sozialpartnerschaftlich in betrieblichen Praxislaboratorien.
Die Betrieblichen Praxislaboratorien sind ein strategisches Instrument, mit dem Unternehmen den Umbruch in die digitale Arbeitswelt sozialpartnerschaftlich und gemeinsam mit den Beschäftigten gestalten können. Sie bieten die Möglichkeit, in einem offenen Transformationsprozess an der eigenen Organisation zu arbeiten und so deren Innovation voranzutreiben.
„Mit den Praxislaboratorien machen wir die Menschen zu Gestalterinnen und Gestaltern ihrer eigenen Arbeitswelt“, erklärte Dr. Tobias Kämpf, Wissenschaftler am Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. (ISF München), im Rahmen der WING-Abschlusskonferenz „Wir gestalten Zukunft“ in der Hauptstadtrepräsentanz der Robert Bosch GmbH in Berlin. „Unsere Erfolgsformel lautet dabei: Agilität, konsequente Beteiligung und Sozialpartnerschaft.“
Die Anwendungsbeispiele für solche Laboratorien reichen von der Einführung neuer digitaler Tools über neue Formen der Arbeitsorganisation bis hin zur Entwicklung neuer Führungskonzepte. Sie sind im Rahmen des Forschungsvorhabens „WING – Wissensarbeit im Unternehmen der Zukunft nachhaltig gestalten“ und unter Federführung des Wissenschaftlerteams von Prof. Dr. Andreas Boes (ISF München) entwickelt worden. Mit der Praxis- und Transferplattform „Lern- und Experimentierräume“ greift das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) das Konzept der Praxislaboratorien auf und verfolgt so den darin angelegten Gestaltungsweg konsequent weiter.
Die Laboratorien sind wissenschaftlich evaluiert und haben den Praxistest erfolgreich bestanden. Sie stehen der Wirtschaft für eine breite Anwendung zur Verfügung. Inzwischen setzen rund 600 kleine und mittlere Unternehmen das neue Instrument ein. Erstmals erfolgreich erprobt wurde es bei der Robert Bosch GmbH. Teams aus den Bereichen Entwicklung und Vertrieb haben hier im Rahmen von Pilotlaboratorien unter wissenschaftlicher Begleitung die Gestaltung der digitalen Arbeitswelt selbst in die Hand genommen, Stellschrauben identifiziert, Lösungen gesucht und konkrete Gestaltungsideen erprobt. „Mit Hilfe der Praxislaboratorien ist es uns gelungen, eingefahrene Wege zu verlassen und die Weichen zu stellen, um die Bosch-Arbeitswelt gemeinsam mit unseren Beschäftigten und dem Betriebsrat zu gestalten“, erläuterte Gerhard Steiger, Vorsitzender des Bereichsvorstands Chassis Systems Control, auf der Abschlusskonferenz des Projekts.
Auch die Fiducia & GAD IT AG hat auf dem Weg zum agilen Unternehmen bereits gute Erfahrungen mit dem Aufbau eines Praxislaboratoriums gemacht. Auf der Agenda standen hier unter anderem die Entwicklung eines neuen Führungsleitbilds und die Ausgestaltung neuer Rollen in agilen Teams. „Unser Lab-Team hat im Laufe der Zeit eine beispielhafte Dynamik und Gestaltungskompetenz entfaltet“, berichtete Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektor Jörg Staff. „So sind aus der Mitte der Belegschaft konkrete Handlungsvorschläge für die Themen entstanden, die über den Erfolg der Transformation unseres Unternehmens mitentscheiden.“