Lieferkette

Kinderarbeit auf indischen Baumwollfeldern

Zehntausende Kinder produzieren Saatgut auf indischen Baumwollfeldern. Ihre Arbeit steckt nahezu unsichtbar in jedem Kleidungsstück aus indischer Baumwolle. Das Südwind-Institut hat die Produktionsbedingungen in einer neuen Studie untersucht. Das Ergebnis ist ernüchternd.

02.07.2018

Flinke Finger

„Flinke Finger“ werden den Kindern nachgesagt, die auf indischen Baumwollfeldern Saatgut produzieren. Zehntausende von ihnen dürften es sein. Ihre Arbeit steckt nahezu unsichtbar in jedem Kleidungsstück oder Handtuch aus indischer Baumwolle. Wer nun aber Textilien und Bekleidung ohne Kinderarbeit anbieten (oder konsumieren) will, muss deshalb auch der Frage nachgehen, unter welchen Bedingungen das Saatgut produziert wird, aus dem dann später die Baumwollfaser gewonnen und verarbeitet wird. Beim gemeinsamen Tag der offenen Tür der Villa Hammerschmidt und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) am 24. Juni 2018 hat Südwind eine Studie vorstgestellt, in der die Bedingungen dargestellt werden, unter denen das Baumwollsaatgut in Indien produziert wird.

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Der indische Bundesstaat Gujarat hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem Schwerpunkt der indischen Produktion von Baumwollsaatgut entwickelt. Dass Kinder in dieser Saatgutproduktion von Baumwolle arbeiten, ist seit vielen Jahren bekannt. Zuletzt hat eine Untersuchung aus dem Jahr 2008 festgestellt, dass die Zahl arbeitender Kinder in Gujarat besonders hoch ist. Im Auftrag von Südwind hat die indische Nicht-Regierungsorganisation „Prayas-Center for Labour Research and Action“ Ende des Jahres 2017 die damaligen Untersuchungsergebnisse in einer umfangreichen Vor-Ort-Recherche überprüft. „Die Ergebnisse sind ernüchternd“, fasst Autorin und Südwind-Expertin für nachhaltige Textilien, Dr. Sabine Ferenschild, die Untersuchungsergebnisse zusammen. „Zwar kann man von einem Rückgang von Kinderarbeit im Rahmen von Lohnarbeit und Wanderarbeit auf weit entfernte Saatgutfelder ausgehen. Allerdings nahm im Gegenzug die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen unter dem Deckmantel der 'Familienarbeit' zu.“

Kein Mindestlohn und Schulversäumnis 

Als eine zentrale Ursache der steigenden familiären Kinder- und Jugendarbeit auf den Baumwollfeldern Indiens sind die extrem niedrigen Löhne zu nennen. Diese liegen weit unter dem staatlichen Mindestlohn: Während der Mindestlohn bei 300 Rupien (3,74 Euro) täglich liegt, erhielten 80 Prozent aller befragten Beschäftigten einen Lohn von höchstens 150 Rupien (1,87 Euro) täglich. Zu solchen Löhnen arbeiten meist nur Kinder, Jugendliche und Frauen. Insbesondere sind die acht bis zehn Stunden täglicher Arbeit auf den Feldern physisch hart. Sie versäumen in den Wochen, in denen sie auf den Feldern arbeiten, die Schule – was die Lernmotivation massiv reduziert.

„Um zur Abschaffung bzw. Reduzierung von Kinderarbeit bei der Baumwollsaatgutproduktion beizutragen, sind mehr Transparenz und ein detailliertes Berichtswesen nötig“, sagt Dr. Sabine Ferenschild. „Dafür braucht es mehr Engagement und Vernetzung aller Akteure: Unternehmen, Politik, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft!“ Im Rahmen des Bühnenprogramms auf dem Tag der offenen Tür im BMZ hat Dr. Sabine Ferenschild diese Forderungen im Gespräch mit zivilgesellschaftlichen Partnern und staatlichen Vertretern weiter erörtert.

Die Vor-Ort-Recherche zur Studie „Flinke Finger: Kinderarbeit auf indischen Baumwollsaatgutfeldern“ wurde vom BMZ gefördert. Die Erstellung der Studie und die begleitende Projektarbeit wird gefördert von der Horsch-Stiftung.

Quelle: UD/pm
 

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