Bundesregierung einigt sich auf Lieferkettengesetz
Die Bundesregierung hat sich nach zähem Streit auf ein Lieferkettengesetz für Unternehmen verständigt. Erstmals werden nun menschenrechtliche Sorgfaltsprozesse für Unternehmen in Deutschland rechtsverbindlich festgeschrieben.
15.02.2021
Nach monatelangem Streit gab es endlich eine Einigung in Sachen Lieferkettengesetz. Die Forderung der Zivilgesellschaft und Bevölkerung, Unternehmen stärker zur Verantwortung zu ziehen, ist damit einen Schritt weiter. Die jeweiligen Fachressorts von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und dem Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), die beide scharfe Regeln gefordert hatten, und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) haben sich nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios auf einen Kompromiss und gemeinsamen Referentenentwurf geeinigt. Das Gesetz soll ab 2023 gelten. Laut der Tagesschau ist eine „abgestufte Verantwortung“ vorgesehen, welches für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern bereist ab dem 1. Januar 2023 gelten soll. Von Anfang 2024 greift die Regelung dann auch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden. Eine zivilrechtliche Haftung der Unternehmen soll es laut Pressemeldungen nicht geben.
Das Wirtschaftsministerium hatte zuvor in den regierungsinternen Verhandlungen die Forderungen der NGOs und von BMAS und BMZ deutlich entschärft. Der ausgehandelte Kompromiss enthält jedoch weder eine Haftungsregelung für Unternehmen bei Sorgfaltspflichtverstößen noch eine starke umweltbezogene Sorgfaltspflicht.
„So geht das Lieferkettengesetz nicht weit genug. Mit dieser Minimallösung ändert sich für deutsche Unternehmen zu wenig und viele können weitermachen wie bisher“, erklären der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Deutsche Umwelthilfe (DUH), Greenpeace und WWF Deutschland.
Die Einigung kommentiert Johanna Kusch, Koordinatorin des zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Initiative Lieferkettengesetz“ so: „Der heutige Kompromiss ist ein wichtiger und längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung: ‚Made in Germany‘ darf nicht länger für Kinderarbeit oder Fabrikeinstürze in den Lieferketten deutscher Unternehmen stehen. Ein Anfang hierfür ist jetzt gemacht. Das ist auch ein Erfolg all der zivilgesellschaftlichen Organisationen, Wissenschaftler*innen, Unternehmen und hunderttausenden Bürger*innen, die sich seit Jahren für ein solches Gesetz aussprechen. Umso wichtiger ist es, dass in Zukunft eine Behörde prüfen wird, ob sich Unternehmen an ihre Sorgfaltspflichten halten. Verstößt ein Unternehmen gegen seine Pflichten, kann die Behörde Bußgelder verhängen und das Unternehmen von öffentlichen Aufträgen ausschließen. Das ist ein großer Fortschritt zu den bisherigen freiwilligen Ansätzen." Jetzt ruht die Hoffnung der NGOs auf dem parlamentarischen Prozess, der sich in den nächsten Monaten anschließen wird.