Fairtrade in Südafrika oft eine Mogelpackung
Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter auf den Weingütern in Südafrika sind längst noch nicht ideal, was sich auch negativ auf den Export auswirkt. Einige Winzer haben deshalb das Fairtrade-Zertifikat beantragt und nach einer Prüfung auch bekommen. Josua Bell hat in seiner Doktorarbeit an der Rhodes University festgestellt, dass das Fairtrade-Zertifikat die Arbeitsbedingungen nicht, zumindest nicht entscheidend verändert haben.
21.04.2023
Fairtrade vielen unbekannt
Bell hat für seine Arbeit Interviews mit Vertretern von Gewerkschaften, anderen wichtigen Interessengruppen der Weinindustrie und Arbeitern auf fünf Fairtrade-Weingütern geführt, um den Ist-Zustand zu erfassen. Die Erfahrungen der Landarbeiter deuten darauf hin, dass die Weinflaschen, die die Farmen verlassen, zwar das Fairtrade-Siegel tragen, die Arbeiter jedoch nicht fair behandelt werden. Die meisten der 30 befragten Landarbeiter wussten Bell zufolge nicht einmal, dass das Weingut, auf dem sie arbeiten, Fairtrade-zertifiziert ist.
Eine Frau beschwert sich: „In den Weinbergen gibt es für uns Frauen keine Toilette. Wir müssen uns in den Weinbergen erleichtern.“ Ein Mann beschreibt unzulängliche Wohnverhältnisse: „Es regnet durch, und das habe ich der Betriebsführung gesagt, aber es passiert nichts.“ Landarbeiter klagen auch darüber, dass sie immer Angst um ihren Arbeitsplatz haben müssten, insbesondere Frauen. Sie würden eingeschüchtert, weil sie sich an Gewerkschaftsaktivitäten beteiligten, oder weil sie über ihre Arbeitsbedingungen sprachen.
Zertifizierung überdenken
„Die Fairtrade-Zertifizierung mag den Winzern helfen, Zugang zu internationalen Märkten zu erhalten, aber unsere Untersuchung legt nahe, dass sie den Landarbeitern nicht die erwarteten Vorteile bringt. Es müssen wesentliche Änderungen an den Auditierungs- und Zertifizierungsprozessen vorgenommen werden, damit die Fairtrade-Einstufung den Arbeitern zugute kommt“, so Bell.
Laut einer Untersuchung von Forschern der südafrikanischen Universität Stellenbosch beschäftigt die Branche über 300.000 Menschen. 2021 exportierte sie Weine im Wert von mehr als zehn Milliarden Rand (rund 500 Millionen Euro). Obwohl der Weinbau nicht zu den größten Industrien Südafrikas zählt, trägt er 1,1 Prozent zum südafrikanischen Bruttoinlandsprodukt und 1,6 Prozent zur Gesamtbeschäftigung im Land bei.