Mobilität & Logistik

Wo bleibt kritische Masse an E-Fahrzeugen?

Kommt nach dem Hype um die Elektromobilität nun eine Phase der Ernüchterung? Die Absatzzahlen von E-Autos sind nach wie vor niedrig, Innovationen bei Batterie-Kapazitäten und Ladezeiten stehen immer noch aus. Die Politik setzt weiterhin auf die Zukunftstechnologie, verbessert schrittweise die Rahmenbedingungen. Doch ob sich E-Autos breit durchsetzen werden, hängt auch an der Frage, wie alltagstauglich sie sind.

11.04.2014

Die Bundesregierung verfolgt ein ehrgeiziges Ziel. Sie plant, dass bis zum Jahr 2020 mindestens eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sind. Das Elektromobilitätsgesetz, das Ende März als Entwurf vorgestellt wurde, enthält eine Vielzahl von Maßnahmen, um den Verkauf von E-Autos anzukurbeln. So soll das Netz von Ladestationen erheblich ausgeweitet und die Forschung für bessere Brennstoffzellen und Batterien gefördert werden. Geplant ist auch ein Programm der KfW-Bank, das Privatkäufer mit zinsgünstigen Krediten beim Kauf eines E-Autos finanziell unterstützen soll. Daneben hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auch eine Beschaffungsinitiative für E-Autos auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene angekündigt.

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Experten prognostizieren zwischen 800.000 und 1 Million E-Autos im Jahr 2020

Bestimmte Privilegien sollen im Alltag die Fahrt mit dem Elektroauto erleichtern. Der Gesetzesentwurf stellt dafür Sonderrechte beim Parken oder der Benutzung von Busspuren in Aussicht. Ob damit die Verbraucher zum verstärkten Kauf von E-Autos animiert werden können, muss sich noch zeigen. Bislang sind erst rund 98.000 elektrisch betriebene Kfz deutschlandweit überhaupt zugelassen. Die meisten von ihnen werden von der öffentlichen Hand, großen Unternehmen oder Carsharing-Firmen betrieben. Um innerhalb von sechs Jahren die Anzahl zu verzehnfachen, wird es darauf ankommen, dass sich Elektroautos in Firmenflotten durchsetzen. Davon geht eine neue Studie der Unternehmensberatung Kienbaum aus. Die Experten erwarten knapp 800.000 E-Autos im Jahr 2020, also rund 20 Prozent weniger als die Bundesregierung. Doch die Kienbaum-Analysten kalkulieren auch, dass Elektroautos (inklusive solcher mit Hybrid-Antrieb) im Jahr 2030 bereits 30 Prozent aller Neuwagen ausmachen.

Mit der Studie, für die rund 350 Spitzen-Manager, Experten der Automobilbranche und Wissenschaftler aus aller Welt befragt wurden, tritt Kienbaum der Befürchtung entgegen, dass Elektrofahrzeuge sich am Markt nur unter großen Schwierigkeiten behaupten werden. Rund 80 Prozent der befragten Unternehmen wollen weiterhin in Elektromobilität investieren sowie Forschung und Entwicklung, beispielsweise leistungsstärkerer Batterien, vorantreiben. Die begrenzte Speicherkapazität erweist sich als einer der Hauptgründe, warum private Käufer beim Erwerb von E-Autos bislang noch zögern. Aber auch die fehlende Infrastruktur, insbesondere die spärlich verteilten Ladestationen, schränken das Fahrvergnügen erheblich ein.

Dauertests zeigen die Tücken im elektromobilen Alltag

Langzeit-Prognosen wie die von Kienbaum gehen von einem Gewöhnungseffekt aus. Wer sich bei seinem Firmenwagen von den Vorzügen begeistern lässt, wird auch privat ein Elektroauto fahren wollen, so die Schlussfolgerung. Ob sich E-Autos mittel- und langfristig durchsetzen, hängt aber auch davon ab, ob sich die Fahrzeuge im Alltag bewähren. Angaben der Hersteller über die Brutto-Kapazität der Batterien oder die maximale Ladegeschwindigkeit werden bei Testfahrten selten bestätigt, insbesondere kalte Temperaturen wirken sich immer wieder negativ auf die Reichweite aus. Tests über einen längeren Zeitraum zeigen außerdem, wie sehr die Frage, ob der Strom denn auch ausreicht, den Alltag mit E-Autos bestimmt. Zurzeit erprobt beispielsweise die Redaktion von Autoscout24 ein Jahr lang einen Smart ForTwo mit E-Antrieb, Interessierte können die Erlebnisse . Das Zwischenfazit nach mehr als zwei Monaten Betrieb: das berufsbedingte Pendeln zwischen Arbeits- und Wohnort lässt sich relativ problemlos bewältigen, längere Ausfahrten ins Umland sind eher schwierig.

Erste Dauertests wie der von Autoscout24 zeichnen ein realistisches Bild von der Alltagstauglichkeit der E-Mobilität. Bewusst werden vor allem die vielen Tücken: Nicht jede Ladesäule ist für jedes E-Auto geeignet, schon gar nicht diesseits und jenseits von Landesgrenzen. Manchmal hilft selbst ein Adapter nicht weiter, um den Stecker anschließen zu können. Ladezeiten von bis zu 25 Stunden, um die Batterien vollständig aufzuladen, verhindern Roadtrips mit großen Distanzen am Stück. Hoffnung für mehr Alltagsfreundlichkeit besteht aber. Denn zumindest das Ende des europäischen Stecker-Wirrwarrs ist in Sicht. Die EU einigte sich Ende März auf einen einheitlichen Ladestecker, der in allen Mitgliedsländern zum Standard werden soll. Bei diesem handelt es sich um den Typ-2-Stecker, auch "Mennekes-Stecker" genannt, der bereits hierzulande verwendet wird. Für Autobauer bedeutet dies mehr Planungssicherheit. Und für die Käufer der E-Autos dürfte sich der Alltag wenigstens beim Aufladen vereinfachen.

 
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