Laster und Busse brauchen bald keinen Diesel mehr
Während Pkws immer öfter zum Tanken an die Steckdose fahren, spielt E-Mobilität im Güterverkehr kaum eine Rolle. Der Diesel-Motor dominiert, obwohl es klimafreundlichere Alternativen gibt. MAN Truck & Bus zeigt beispielsweise, dass Wasserstoff ein guter Brummi-Treibstoff der Zukunft ist und dass auch Elektro-Trucks immer leistungsfähiger werden.
30.08.2021
Beim Pkw ist der Trend klar: Das Elektroauto wird das Transportmittel der Zukunft für den motorisierten Individualverkehr. Bis 2030 sollen nach dem Willen der Bundesregierung sieben Millionen batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge auf den deutschen Straßen unterwegs sein.
Anders sieht es bei Nutzfahrzeugen aus: In Lkws und Bussen werden noch länger Dieselmotoren tuckern. „Transport & Environment“, ein europäischer Zusammenschluss von Umwelt- und Verkehrsverbänden, erwartet etwa, dass bis 2029 maximal acht Prozent der Lkw-Flotte elektrisch angetrieben sein wird und warnt: „Weil Lieferverkehr stark zunimmt, sind Lieferwagen die in der EU am stärksten wachsende Quelle von Emissionen im Straßenverkehr.“ Die Konsequenz daraus skizzierte der Ölkonzern Shell in seiner Nutzfahrzeugstudie 2016: Die direkten Treibhausgasemissionen durch Verbrennungsmotoren in Lkws und Bussen werden 2040 genauso hoch sein wie die der zunehmend klimaneutralen Pkws.
Obwohl es sie gibt, spielen Nicht-Diesel-Antriebe im Güterverkehr kaum eine Rolle. Nach aktuellen Daten des Kraftfahrtbundesamts (KBA) sind in Deutschland derzeit gut 3,2 Millionen Lkws zugelassen. Auf fossile Brennstoffe verzichten davon die wenigsten. In der Nutzlastklasse unter einer Tonne gibt es noch 130.000 Fahrzeuge mit Otto-Motor. Außerdem gibt es 16.000 Laster, die mit Autogas fahren, und circa 13.000 mit Antrieb über verflüssigtes Erdgas (LNG).
Gerade im LNG sieht die Branchen-Initiative „Zukunft Gas“ indes den bevorzugten Alternativ-Brennstoff für Spediteure. Oft handelt es sich bei Lkws, die LNG-Tanks haben, aber um Hybrid-Modelle. Dann haben sie noch ein zusätzliches Diesel-Reservoir. Beide Kraftstoffe werden als Gemisch mit einem geringen Diesel-Anteil in die Kolben eingespritzt. Bis zu 85 Prozent Diesel kann laut dem Logistik-Portal trans.info auf diese Weise eingespart werden.
Wirklich sauber sind Gasantriebe aber nicht. Zwar setzen sie weniger CO2 als Dieselmotoren frei, und die Umweltbilanz kann durch die Beimischung von Biomethan noch verbessert werden. „Transport & Environment“ weist aber darauf hin, dass sie deutlich mehr Stickoxide und Feinstaub emittieren.
Wasserstoff soll die Lösung für den Fernverkehr werden
Insofern sind Gas-betriebene Lkw allenfalls eine „Brückentechnologie“. So nennt es ein Spediteur, der seine Hoffnung auf Wasserstoffantriebe setzt, gegenüber trans.info. Wasserstoff gilt vor allem für den Schwerlastverkehr als CO2-neutraler Brennstoff der Wahl. Nahezu alle Lkw-Produzenten setzen auf diese Technologie, berichtet der Spiegel. Es hat sich sogar eine Allianz aus 62 Herstellern und Unternehmen der Logistik-Lieferkette gebildet, die bis 2030 insgesamt 100.000 Wasserstoff-Laster auf die Straße bringen und 1.500 Tankstellen errichten will.
Wasserstoff kann auf zwei Arten zum Antrieb von Fahrzeugen genutzt werden: entweder direkt als Treibstoff für einen Verbrennungsmotor oder zum Betrieb einer Brennstoffzelle, die Wasserstoff in elektrische Energie umwandelt und so einen Elektromotor antreibt. Dieser Energieträger spielt da seine Vorteile gegenüber Elektrofahrzeugen aus, wo Batterien zu schwer würden und ihre Reichweite zu gering ausfiele, also vor allem im Schwerlast- und Langstreckenverkehr.
Das sieht auch MAN Truck & Bus so. Für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und Güter-Verteilerverkehre setzt das Unternehmen laut seiner Zero-Emission-Roadmap auf batterieelektrische Fahrzeuge. Lkws für den Fern- und Schwerlastverkehr sollen hingegen mit Wasserstoff angetrieben werden. Im Rahmen verschiedener Partnerschaften entwickelt MAN sowohl Prototypen für Brennstoffzellenantriebe als auch Entwicklungsmodelle für Wasserstoff-Verbrennungsmotoren. Bereits ab 2023 soll testweise eine wasserstoffgetriebene „Bayernflotte“ auf den Straßen unterwegs sein.
Auf dem Gelände seines bisherigen Dieselmotorenwerks in Nürnberg hat MAN sogar einen Wasserstoff-Campus eröffnet. Das Besondere daran: Mit ins Boot geholt wurden die Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg und die Technische Hochschule Nürnberg. Wissenschaftler, Studierende und das MAN-Entwicklungsteam können nun gemeinsam und noch effizienter an den neuen Antrieben arbeiten.
Für kurze Wege sind E-Trucks bereits praxistauglich
Anders als im Güter-Fernverkehr lösen im städtischen Liefer- und Verteilverkehr immer häufiger Elektro-Lieferfahrzeuge die Verbrenner ab. Gleiches gilt für Linienbusse im ÖPNV. Der Praxiseinsatz eines MAN eTGM bei Porsche ist dafür ein recht typischer Anwendungsfall. Der vollelektrische 32-Tonner schafft eine Reichweite von bis zu 130 Kilometern und fährt regulär im Zulieferverkehr vom 19 Kilometer entfernten Standort des Logistik-Partners LGI in Freiberg am Neckar zum Porsche-Werk in Stuttgart-Zuffenhausen. Mit den eTGM-Lkws beteiligt sich MAN darüber hinaus immer wieder auch an E-Logistik-Testprojekten, so etwa voriges Jahr in München oder aktuell bei der Machbarkeitsstudie „ZeroEmissionDeliveries – Berlin“.
Es zeichnet sich aber ab, dass schon bald auch automobile Schwergewichte ausdauernd elektrisch fahren können. Erst jüngst schaffte der Elektrobus MAN Lion‘s City E bei einem Test eine 24-Stunden-Linienfahrt mit einer Gesamtlänge von 550 Kilometern, ohne zwischendurch an die Steckdose zu müssen.
Ob mit Wasserstoff- oder Batterieantrieb: Damit CO2-neutrale Lkw-Antriebe sich auf breiter Front durchsetzen können, muss die Infrastruktur massiv ausgebaut werden. Trucker müssen Wasserstoff nachtanken oder ihre Brummis aufladen können. Die European Automobile Manufacturers' Association (ACEA) beziffert laut WELT allein den Bedarf an Schnellladesäulen bis 500 Kilowatt an den europäischen Schnellstraßen auf 20.000. Hinzu kämen noch weitere 6.000 Ladepunkte, die mehr als 500 Kilowatt leisten. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) rät in einer aktuellen Studie für die ACEA dazu, diese Ladepunkte europaweit an Stellen zu errichten, die strategisch günstig an viel genutzten Logistik-Routen liegen.
Die Autobahn wird elektrisch
Eventuell ist es aber gar nicht nötig, Mega-Akkus zu entwickeln und Tausende von Ladepunkten einzurichten. Eine mögliche Alternative sind „eHighways“. Das sind Autobahnen mit Strom-Oberleitungen. In Deutschland existieren laut Autozeitung derzeit drei jeweils wenige Kilometer lange Teststrecken – in Hessen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg.
Lkws, die die Oberleitungsstrecken nutzen, brauchen keinen großen Akku. Sie haben Stromabnehmer auf dem Dach und nutzen den Oberleitungsstrom, um ihren Elektromotor anzutreiben. Gegebenenfalls laden sie auch noch einen kleinen Akku auf, um auch für kurze oberleitungslose Strecken gewappnet zu sein. In der Regel haben sie allerdings einen Hybrid-Antrieb und verfügen auch noch über einen Verbrennungsmotor.
Der Verband der Deutschen Automobilindustrie hält eine „flächendeckende Bereitstellung“ von Infrastruktur für den Oberleitungs-Güterverkehr auf Autobahnen und Zubringerstrecken allerdings für unrealistisch. Dies ist nach Ansicht von Fachleuten aber auch gar nicht nötig. Stattdessen soll es ausreichen, nur die meist genutzten Lkw-Routen zu elektrifizieren. „Wir gehen davon aus, dass man circa 1.000 Kilometer in Deutschland mit Oberleitungen versehen müsste“, zitiert die Autozeitung einen Sprecher des Bundesumweltministeriums.