Studie „#AHOY2050“: Zukunftszenarien für die maritime Industrie
Braucht es perspektivisch ein Verbot fossiler Kraftstoffe in der internationalen Schifffahrt? Ergebnissen der Zukunftsstudie #AHOY2050 von MAN Energy Solutions und dem Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) zufolge könnte dieser Schritt in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts notwendig werden.
21.05.2021
Die Studie entwirft vier Szenarien, die ein Erreichen der Klimaziele der maritimen Industrie bis 2050 skizzieren, aber auch ein mögliches Scheitern in Betracht ziehen.
„Die maritime Industrie hat ein Ziel, aber noch keinen Weg dahin“, erklärt Dr. Uwe Lauber, CEO von MAN Energy Solutions, die Ausgangslage. „Bis 2050 sollen nach dem Willen der International Maritime Organisation die GHG-Emissionen um 50 Prozent sinken. Diese Ziele sind bislang aber nicht mit konkreten Maßnahmen hinterlegt.“ Die Zeit aber dränge, so Lauber: „2050 ist nur noch eine Schiffsgeneration entfernt.“
Das Unternehmen versteht die Studie auch als Weckruf: „Bei der Schifffahrt reden alle immer nur über die technische Seite. Technisch ist die maritime Energiewende aber längst machbar. Die Herausforderung liegt seit Jahren auf der politischen und gesamtgesellschaftlichen Ebene“, fasst Lauber die Lage zusammen. „Wir können heute Motoren bauen, die mit Null-Emissionskraftstoffen arbeiten. Aber die Entscheidung für einen Markthochlauf synthetischer Kraftstoffe treffen, können wir nicht.“
Maritime Industrie ist keine Insel
#AHOY2050 nähert sich der Schifffahrt daher als Teil eines globalen Ökosystems. Begonnen beim gesellschaftlichen Problembewusstsein und dem Stellenwert des Klimaschutzes bis hin zu Rohstoffpreisen, weltwirtschaftlicher Entwicklung und Covid-19 wirken eine Vielzahl von Faktoren auf die globale Schifffahrt ein. „Es sind diese Zusammenhänge, die maßgeblich darüber bestimmen werden, wie entschlossen die maritime Energiewende vorangetrieben wird“, so Lauber.
#AHOY2050 versammelt dazu gewichtige Stimmen aus der Branche und über diese hinaus: Für den qualitativen Teil interviewte das Fraunhofer Institut rund 40 Experten aus allen Bereichen der maritimen Industrie, aber auch aus Verbänden, Wissenschaft und Politik. Die auf dieser Grundlage entworfenen Szenarien wurden dann in einem Workshop mit über 30 Experten diskutiert.
#AHOY2050: Vier Zukunftsszenarien
In vier Szenarien zeigt die Studie mögliche Entwicklungspfade der Schifffahrtsbranche und deren Auswirkungen auf. Die Branche wird dabei als Teil eines globalen Ökosystems betrachtet, der sensibel auf gesamtgesellschaftliche und wirtschaftliche Entscheidungen reagiert. In zwei der Szenarien können die Klimaziele bis 2050 erreicht beziehungsweise sogar übererfüllt werden. Die anderen beiden Szenarien zeichnen ein mögliches Scheitern der Klimapolitik.
Den Kräften des Marktes überlassen, so eine Quintessenz, könnte die Industrie im Modus der Selbstoptimierung verharren. Im Fokus stünde dann vor allem die weitere Maximierung der Effizienz, ein echter Wandel fände nicht statt. Ein von gesellschaftlichem Konsens getragener regulatorischer Rahmen hingegen könnte nicht nur einen solchen technologischen Wandel, sondern in der Folge auch einen Boom der Schifffahrt anstoßen. Ein vollständiges Verbot fossiler Kraftstoffe in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts könnte eine solche Entwicklung maßgeblich befördern, so die Studie.
Lauber: „Wir dürfen uns nicht in Partikularinteressen verstricken“
Ein klarer politischer Kurs und eine globale Regulierung sind daher aus Sicht Uwe Laubers die zentralen Parameter für eine erfolgreiche maritime Energiewende: „Wenn sich die Welt in Partikularinteressen verstrickt, werden wir die Klimawende nicht schaffen. Dagegen kann ein klug gesetzter globaler Regulierungsrahmen die Dekarbonisierung der Schifffahrt für die Industrie zum Wachstumsmotor machen. Denn bei konsequenter Ausrichtung der globalen Lieferkette auf Klimaschutz, sind Schiffe allen anderen Transportmitteln weit überlegen.“
Die komplette Studie und alle vier Szenarien steht hier zum Download bereit.