Produktion
Supermarktboom in Entwicklungsländern
Wer in Indien oder Brasilien Dinge des täglichen Bedarfs kaufen möchte, der kann das Angebot auf dem Tages- oder Wochenmarkt vor Ort prüfen - oder zur Konkurrenz gehen. Denn internationale Supermarktketten eröffnen immer neue Filialen und suchen den Zugang zu weiteren Konsumentengruppen. Ermöglicht wird dieser durch das rasante Wachstum zahlreicher Schwellen- und Entwicklungsländer - nach Angaben der Weltbank betrug deren Anteil an der Weltwirtschaft im Jahr 2006 bereits 41 Prozent.
11.03.2009
Zweifelsohne bietet die Globalisierung ärmeren Bevölkerungsteilen
erhebliche Chancen. Doch sie führt auch zu gravierenden ökologischen und
sozialen Problemen, wie das Beispiel der sich ausbreitenden Supermarktketten in
Indien und Brasilien zeigt.
„Einerseits gehen dadurch Arbeitsplätze verloren. Andererseits bekommt die lokale und oft kleinteilige landwirtschaftliche Struktur enorme Konkurrenz durch großskalige Anbausysteme“, erläutert Katharina Schmitt, Expertin für Unternehmensverantwortung am Öko-Institut. „Denn kleine Kooperativen und Produzentenfamilien sind kaum in der Lage, die geforderten Warenstandards und Liefermengen der westlichen Supermärkte zu erfüllen.“ Kritisch stellt die Wissenschaftlerin fest: „Es gibt einen Automatismus, mit dem sich westliche Geschäftsmodelle und Vermarktungsstrukturen in Schwellen- und Entwicklungsländern etablieren. Dabei ist es zweifelhaft, ob diese häufig großindustriellen Modelle wirklich geeignet sind, die Bedürfnisse der Menschen vor Ort zu stillen.“
Zwar bekennen sich Politik, Wirtschaft und Wissenschaft im Grundsatz zu der Notwendigkeit, solchen negativen Entwicklungen entgegen zu wirken und Wachstum weltweit nachhaltig gestalten zu müssen. Doch konkrete Strategien sind bisher Mangelware. „Die Debatte steht erst am Anfang und wird nur auf einem sehr allgemeinen Niveau geführt“, mahnt Andreas Manhart, Experte für globale Wertschöpfungsketten am Öko-Institut. „Das muss sich dringend ändern“, fordert er. Wie groß der Bedarf ist, die Nachhaltigkeitsforschung auszuweiten, zeigt eine aktuelle Studie des Öko-Instituts. Im Auftrag der Stiftung Zukunftserbe haben die WissenschaftlerInnen ausgewählte Phänomene der Globalisierung in China, Brasilien, Indien und Westafrika auf Basis früherer Studien des Öko-Instituts unter die Lupe genommen. Zwei weitere Beispiele:
Verlagerung der Produktionsstätten
Die Fertigung zahlreicher Konsumgüter wird komplexer und Teile der Herstellung werden zunehmend in Niedriglohnländer verlagert, um Kosten zu sparen. Umwelt- und Sozialstandards sind dort jedoch meist wenig anspruchsvoll und Verstöße gegen internationale Abkommen und nationales Arbeitsrecht kommen häufig vor. Zwar gibt es mit dem Fairtrade-Label ein Konzept, das mit festgelegten Handelskriterien die Lebens- und Arbeitsbedingungen von benachteiligten Produzenten in Afrika, Asien und Lateinamerika verbessern möchte. „Doch auf Produkte, die - wie ein Computer
- aus mehr als 2000 Einzelteilen bestehen, lässt sich dieses Konzept bisher nur schwer oder gar nicht anwenden“, erläutert Andreas Manhart. „Wir müssen es also so weiter entwickeln, dass auch komplexe Waren glaubwürdig in den fairen Handel einbezogen werden können.“
„Einerseits gehen dadurch Arbeitsplätze verloren. Andererseits bekommt die lokale und oft kleinteilige landwirtschaftliche Struktur enorme Konkurrenz durch großskalige Anbausysteme“, erläutert Katharina Schmitt, Expertin für Unternehmensverantwortung am Öko-Institut. „Denn kleine Kooperativen und Produzentenfamilien sind kaum in der Lage, die geforderten Warenstandards und Liefermengen der westlichen Supermärkte zu erfüllen.“ Kritisch stellt die Wissenschaftlerin fest: „Es gibt einen Automatismus, mit dem sich westliche Geschäftsmodelle und Vermarktungsstrukturen in Schwellen- und Entwicklungsländern etablieren. Dabei ist es zweifelhaft, ob diese häufig großindustriellen Modelle wirklich geeignet sind, die Bedürfnisse der Menschen vor Ort zu stillen.“
Zwar bekennen sich Politik, Wirtschaft und Wissenschaft im Grundsatz zu der Notwendigkeit, solchen negativen Entwicklungen entgegen zu wirken und Wachstum weltweit nachhaltig gestalten zu müssen. Doch konkrete Strategien sind bisher Mangelware. „Die Debatte steht erst am Anfang und wird nur auf einem sehr allgemeinen Niveau geführt“, mahnt Andreas Manhart, Experte für globale Wertschöpfungsketten am Öko-Institut. „Das muss sich dringend ändern“, fordert er. Wie groß der Bedarf ist, die Nachhaltigkeitsforschung auszuweiten, zeigt eine aktuelle Studie des Öko-Instituts. Im Auftrag der Stiftung Zukunftserbe haben die WissenschaftlerInnen ausgewählte Phänomene der Globalisierung in China, Brasilien, Indien und Westafrika auf Basis früherer Studien des Öko-Instituts unter die Lupe genommen. Zwei weitere Beispiele:
Verlagerung der Produktionsstätten
Die Fertigung zahlreicher Konsumgüter wird komplexer und Teile der Herstellung werden zunehmend in Niedriglohnländer verlagert, um Kosten zu sparen. Umwelt- und Sozialstandards sind dort jedoch meist wenig anspruchsvoll und Verstöße gegen internationale Abkommen und nationales Arbeitsrecht kommen häufig vor. Zwar gibt es mit dem Fairtrade-Label ein Konzept, das mit festgelegten Handelskriterien die Lebens- und Arbeitsbedingungen von benachteiligten Produzenten in Afrika, Asien und Lateinamerika verbessern möchte. „Doch auf Produkte, die - wie ein Computer
- aus mehr als 2000 Einzelteilen bestehen, lässt sich dieses Konzept bisher nur schwer oder gar nicht anwenden“, erläutert Andreas Manhart. „Wir müssen es also so weiter entwickeln, dass auch komplexe Waren glaubwürdig in den fairen Handel einbezogen werden können.“
Gebrauchtwaren- und Abfallströme
Der Export von gebrauchten Waren wie zum Beispiel von Elektrogeräten und Altautos in Schwellen- und Entwicklungsländer boomt. So werden jährlich rund 220.000 gebrauchte Autos allein aus Deutschland nach Westafrika exportiert und wecken bei Menschen dort die Hoffnung, mobiler zu werden. Ein mehr als berechtigtes Interesse. Aber ist dieses Mobilitätskonzept überhaupt sinnvoll? „Wir legen dafür die Grundlagen, ohne die Folgen zu hinterfragen“, kritisiert Dr. Hartmut Stahl, Experte für Ressourceneffizienz am Öko-Institut. Denn zu den bekannten negativen Folgen des individuellen Personenverkehrs kommt noch ein weiteres Problem hinzu: Wertvolle Edelmetalle und andere Rohstoffe gehen verloren, weil die Altautos an ihrem Lebensende in Westafrika nicht systematisch verwertet werden. „Es gibt dafür bisher keine Infrastruktur“, erläutert Dr. Hartmut Stahl.
Dabei ist das Recycling von Platin, Palladium und Rhodium zehn bis hundert Mal umweltfreundlicher und wesentlich kostengünstiger als deren Primärgewinnung, wie das Öko-Institut in einer früheren Studie nachgewiesen hat. „Wir stehen also vor der Herausforderung, Gebrauchtwarenströme so zu gestalten, dass sie Schwellen- und Entwicklungsländer nicht einseitig belasten“, bringt es Dr. Hartmut Stahl auf den Punkt. „Hier fehlt es bisher an konkreten Lösungen für eine nachhaltige Mobilität, die Fragen der Ressourceneffizienz berücksichtigen und die die bekannten Probleme durch den motorisierten Individualverkehr vermeiden.“
„Diese Beispiele verdeutlichen, dass wir die internationale Nachhaltigkeitsdebatte viel konkreter führen müssen als bisher, fordert Andreas Manhart. „Es besteht dringender Handlungs- und Forschungsbedarf. Wir müssen schlüssige Konzepte entwickeln auf Basis von fallspezifischen Untersuchungen und in Kooperation mit den betroffenen Ländern. Strategien, die lediglich allgemein formuliert sind, bringen uns dagegen nicht ans Ziel.“
Der Export von gebrauchten Waren wie zum Beispiel von Elektrogeräten und Altautos in Schwellen- und Entwicklungsländer boomt. So werden jährlich rund 220.000 gebrauchte Autos allein aus Deutschland nach Westafrika exportiert und wecken bei Menschen dort die Hoffnung, mobiler zu werden. Ein mehr als berechtigtes Interesse. Aber ist dieses Mobilitätskonzept überhaupt sinnvoll? „Wir legen dafür die Grundlagen, ohne die Folgen zu hinterfragen“, kritisiert Dr. Hartmut Stahl, Experte für Ressourceneffizienz am Öko-Institut. Denn zu den bekannten negativen Folgen des individuellen Personenverkehrs kommt noch ein weiteres Problem hinzu: Wertvolle Edelmetalle und andere Rohstoffe gehen verloren, weil die Altautos an ihrem Lebensende in Westafrika nicht systematisch verwertet werden. „Es gibt dafür bisher keine Infrastruktur“, erläutert Dr. Hartmut Stahl.
Dabei ist das Recycling von Platin, Palladium und Rhodium zehn bis hundert Mal umweltfreundlicher und wesentlich kostengünstiger als deren Primärgewinnung, wie das Öko-Institut in einer früheren Studie nachgewiesen hat. „Wir stehen also vor der Herausforderung, Gebrauchtwarenströme so zu gestalten, dass sie Schwellen- und Entwicklungsländer nicht einseitig belasten“, bringt es Dr. Hartmut Stahl auf den Punkt. „Hier fehlt es bisher an konkreten Lösungen für eine nachhaltige Mobilität, die Fragen der Ressourceneffizienz berücksichtigen und die die bekannten Probleme durch den motorisierten Individualverkehr vermeiden.“
„Diese Beispiele verdeutlichen, dass wir die internationale Nachhaltigkeitsdebatte viel konkreter führen müssen als bisher, fordert Andreas Manhart. „Es besteht dringender Handlungs- und Forschungsbedarf. Wir müssen schlüssige Konzepte entwickeln auf Basis von fallspezifischen Untersuchungen und in Kooperation mit den betroffenen Ländern. Strategien, die lediglich allgemein formuliert sind, bringen uns dagegen nicht ans Ziel.“
Quelle: UD / fo