Verbot von Plastiktüten Aktionismus?
Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag angenommen, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Verbrauch an Tragetaschen aus leichtem Kunststoff zu reduzieren. Die Mitgliedstaaten können sich für Maßnahmen entscheiden, die ihrer Ansicht nach am besten geeignet sind, u. a. die Erhebung von Abgaben, die Festsetzung nationaler Verringerungsziele oder unter bestimmten Voraussetzungen der Erlass eines Verbots von Kunststofftaschen. Tragetaschen aus leichtem Kunststoff würden häufig nur einmal verwendet und könnten in der Umwelt jedoch mehrere hundert Jahre fortbestehen. Sie würden oft als schädliche, mikroskopisch kleine Partikel, die bekanntermaßen die Meeresfauna und -flora gefährden, auftreten.
14.11.2013
Alternativen zu Kunststofftüten sind Einkaufsnetze, Bioplastiktüten, Papiertüten, Stofftaschen oder Einkaufskörbe. Der Ersatz von Kunststofftüten durch diese Alternativen wurde von der Umweltbewegung propagiert, die die Kunststofftüte zu einem Symbol der Wegwerfgesellschaft machte - bekannt geworden ist insbesondere der Slogan „Jute statt Plastik!“. Bei einem Plastiktaschenverbot müssten zahlreiche europäische und nationale Hygienegesetze außer Kraft gesetzt werden.
Seit 1994 ist der Veterinär Schnellhardt Mitglied des Europäischen Parlaments. Dort ist er Mitglied des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. "Das wahre Problem ist doch die mangelnde Entsorgung beziehungsweise das vernachlässigte Recycling von Plastiktüten. Anstatt die Bürgerinnen und Bürger durch immer mehr Verbote zu bevormunden, halte ich es für wesentlich sinnvoller, unsere Anstrengungen auf eine bessere Umsetzung der bestehenden EU-Richtlinie zu Verpackungsmüll in ganz Europa zu konzentrieren und die Recyclingsysteme in den Mitgliedstaaten zu stärken. Einige Großunternehmen betreiben hier schon erfolgreiche Modellprojekte, indem sie ihren selbst produzierten Kunststoffabfall zu Plastiktüten recyceln und ihre Kunden dazu anhalten, ihre Tüten mehrmals zu verwenden", so der Berichterstatter des Europäischen Parlaments für die EU-Verordnungen über Lebensmittelhygiene und Spirituosen, Horst Schnellhardt.
Seit einigen Jahren gibt es qualitativ gleichwertige Tüten aus nachwachsenden Rohstoffen, in der Regel Mais- oder Kartoffelstärke oder Polymilchsäuren. Bei gleichen Gebrauchseigenschaften haben sie den Vorteil gegenüber Kunststofftüten, dass sie nach Gebrauch der Tüte rückstandsfrei biologisch abgebaut werden können.
Umwelt-Kommissar Janez Potočnik sagte zu seinem Vorschlag: „Wir treffen Maßnahmen, um ein sehr ernstes und gut sichtbares Umweltproblem zu lösen. Jedes Jahr landen in Europa mehr als 8 Milliarden Plastiktüten auf dem Müll und verursachen enorme Umweltschäden. Einige Mitgliedstaaten waren bei der Reduzierung des Verbrauchs an Kunststofftaschen bereits sehr erfolgreich. Wenn andere Mitgliedstaaten folgen, könnten wir den derzeitigen Verbrauch insgesamt um bis zu 80 % verringern.“
Umwelthilfe fordert Abgabe in Höhe von 22 Cent auf Kunststofftüten
"Wir begrüßen den Vorstoß der EU-Kommission, den europaweiten Verbrauch umweltschädlicher Einweg-Plastiktüten zu verringern. Die Verpflichtung der EU-Mitgliedsstaaten zur Reduzierung des Plastiktütenaufkommens ist ein richtiges Signal, um Ressourcen zu schonen und Abfälle zu vermeiden. Leider gibt der Vorschlag den einzelnen Mitgliedsstaaten keine konkreten Vermeidungsziele vor und bleibt unverbindlich. Auch führt die Beschränkung auf dünnwandige Plastiktüten mit einer Wandstärke kleiner als 50 Mikrometer dazu, dass die Plastiktüte auch in Zukunft problemlos weiter angeboten werden kann. Clevere Tütenhersteller müssen ihre Plastiktüten nur ein wenig dickwandiger machen, um einem drohenden Verbot zu entgehen. An ihrem Einweg-Charakter ändert sich dadurch aber nichts", meint der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH), Jürgen Resch.
Unter den gegebenen Umständen ist die Einführung einer Abgabe das wirksamste Instrument, um Europa von der Plastiktütenflut zu befreien, da sie problemlos auf alle Plastiktüten anwendbar ist. In Irland führte die Einführung einer Abgabe von 22 Cent zur Verringerung des Plastiktütenverbrauches von 328 auf nur noch 16 Stück pro Kopf und Jahr. Wir fordern die deutsche Bundesregierung deshalb auf, das politische Signal aus Brüssel ernst zu nehmen und eine Abgabe in Höhe von 22 Cent einzuführen, um die massenhafte Nutzung von Kunststofftüten endlich zu beenden“, so der Aktivist des Verbandes, dessen Mitglieder nur Stimmberechtigungen bekommen, wenn sie Geldmittel beschaffen.
Die EU-Kommission hat einen Vorschlag zur Eindämmung von Plastiktüten vorgelegt. Ein pauschales Verbot von Plastiktüten kann weder das Klimaproblem noch das Problem der Plastikvermüllung der Umwelt lösen. Vielmehr braucht es eine Umstellung der Kunststoffchemie auf eine Chemie der nachwachsenden Rohstoffe. Die EU-Kommission wird aufgefordert, eine ernsthafte und schnelle Strategie für die Umstellung auf Biokunststoffe vorzulegen. Ein Verbot von Plastiktüten sollte also nur für solche aus Erdöl und Erdgas gelten, für Biokunststoffe dagegen braucht es Unterstützung in der Markteinführung, sowie Forschung und Entwicklung.
Beide Probleme lassen sich mit Biokunststoffen lösen. Richtig designed, verrotten sie in wenigen Wochen selbst in der Umwelt. Ordnungsgemäß entsorgte Kunststoffe können dem Recycling zugeführt werden. Selbst in der Müllverbrennung sind sie CO2-neutral und heizen nicht das Klima auf.
Längst haben Studien aufgezeigt, dass 90% aller Kunststoffe auf Biokunststoffe umgestellt werden können. Auch die Konkurrenz mit Lebensmitteln ist nicht wirklich vorhanden. Selbst wenn die heute gängigen Biokunststoffe auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen wie Pflanzenöle, Zucker, Stärke und Fasern weitergeführt wird, würde der komplette Ersatz der Erdölchemie weltweit nur etwa 1% der Agrarflächen benötigen. Noch erfolgversprechender ist der Einsatz von biogenen Abfallstoffen zur Erzeugung von Biokohle als Basisstoff für die Kunststoffchemie. Erste Chemieprodukte aus Biokohle gibt es bereits. Biokohle aus landwirtschaftlichen Abfällen als Ersatz für Erdöl und Erdgas in der Chemie hat sogar das Potential deutlich billiger als die fossile Chemie zu werden.