In der Corona-Krise leiden Unternehmerinnen mehr
Unternehmen, die von Frauen gegründet wurden, leiden besonders unter der Corona-Krise. Darauf deuten verschiedene Untersuchungen hin. Besonders kritisch ist dabei die Lage junger Start-ups. Chefinnen kämpfen während der Pandemie vor allem wieder mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
07.04.2021
In der Corona-Krise haben Start-ups gezeigt, was sie können. Denn die jungen, innovativen Unternehmen waren in der Lage, Neuerungen rund neun Tage schneller auf den Markt zu bringen als etablierte Anbieter. Über eine entsprechende Studie der Universität Hohenheim berichtete UmweltDialog erst kürzlich. Auf den ersten Blick scheint die Pandemie kaum Auswirkungen auf die Start-up-Szene gehabt zu haben. Sowohl derDeutsche Start-up-Monitor (DSM) als auch der Ende 2020 erschienene Bericht für Nordrhein-Westfalen verzeichneten zweistellige Zuwachsraten bei den Gründungen.
Für viele Gründer ist die Corona-Krise gleichwohl eine Katastrophe. Bereits im Sommer 2020 gaben 47 Prozent der Internet- und IT-Start-ups in einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom an, dass ihre Existenz bedroht sei. Besonders schwierig gestalteten sich natürlich Kundensuche und Vertrieb. Davon berichteten Ende vorigen Jahres beim DSM 63 Prozent der Befragten. 43 Prozent schilderten Probleme bei der Kapitalbeschaffung.
Besonders betroffen von der Krise sind aber offenbar Start-ups, die von Frauen geführt werden. Darauf deuteten bereits im Sommer Daten einer Blitzumfrage des Bundesverband Deutsche Startups hin. Jeweils deutlich über 60 Prozent der 155 befragten Gründerinnen berichteten von Auswirkungen wie Umsatzrückgängen, dem Ausfall von Veranstaltungen und Verzögerungen bei Aufträgen.
Start-up-Betreiberinnen haben demnach auch größere Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung in der Krise. Fast die Hälfte befürchtete hier Verschlechterungen. Dabei haben es Frauen bei der Kapitalversorgung sowieso schon schwerer als Männer. 56,7 Prozent der frauengeführten Start-ups bewerten ihren Zugang zum Investmentsektor als schlecht – bei den Männerteams sind es nur 36,7 Prozent.
Work-Life-Balance von Kinderlosen hat sich kaum verändert
Die Start-up-Umfrage bestätigt auch die Einschätzung der Bundeskanzlerin, dass die Corona-Krise Fortschritte bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zunichte machen könnte. Angela Merkel bemängelte zum Internationalen Frauentag, dass es doch wieder hauptsächlich Frauen seien, die den Spagat zwischen Homeschooling, Kinderbetreuung und dem eigenen Beruf meistern müssten, berichtete unter anderem die Berliner Zeitung.
Während kinderlose Start-up-Gründerinnen tatsächlich kaum von Einschränkungen bei der verfügbaren Arbeitszeit und bei der Work-Life-Balance berichteten und rund die Hälfte sogar mehr arbeitete, sah dies bei Frauen mit Nachwuchs ganz anders aus. Hier gaben mehr als 60 Prozent an, weniger Kapazitäten für die Arbeit frei zu haben. Und mehr als drei Viertel berichteten von einer überwiegend sogar schlechteren Work-Life-Balance.
Natürlich beschränken sich die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Corona-Krise nicht nur auf Start-ups. Auch der Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) berichtet von besonderen Problemen der Chefinnen. Eine Befragung im Dezember 2020 ergab, dass 65 Prozent von ihnen einen Umsatzrückgang befürchteten. Ein Viertel der Befragten erwartete sogar Verluste von mehr als der Hälfte. Allerdings hätten von Frauen geführte Unternehmen weniger Personal entlassen als der Rest der deutschen Wirtschaft, betont der VdU.
Dass weiblich geführte Unternehmen besonders unter den Auswirkungen der Corona-Krise leiden, bestätigt auch eine aktuelle Studie der Universität Göttingen. Zwar habe die Krise noch keine Insolvenzwelle von weiblich geführten Firmen ausgelöst, „reduzierte jedoch stark die finanziellen Reserven der Betriebe und die Einkommen der Betriebsinhaberinnen. Frauen waren dabei überdurchschnittlich stark betroffen, was sich darauf zurückführen lässt, dass sie häufiger in Branchen tätig sind, die besonders stark durch die Lockdown-Maßnahmen betroffen waren“, schreiben die Autorinnen Katarzyna Haverkamp und Kübra Dilekoglu. Sie untersuchten vor allem die Situation in Berliner Handwerksbetrieben. Auch hier zeigte sich, dass vor allem Unternehmerinnen mit Kindern in der Krise vor besondere Herausforderungen gestellt wurden. Zwar entscheide die individuelle Situation, wie gut sie die Betreuungsarbeit und die Leitung des Unternehmens unter einen Hut bekämen, besonders schwer sei dies aber für Mütter kleiner Kinder und Alleinerziehende.
Zur Sicherung zukünftiger Unternehmerinnentätigkeit fordert die Studie abschließend verlässliche Betreuungssituationen. Die Autorinnen regen auch Veränderungen bei der finanziellen Unterstützung frauengeführter Unternehmen an, weil sich Unternehmerinnen „seltener als Unternehmer in ihren Investitionsvorhaben auf Kredite verlassen, sodass Zuschussförderung als die bevorzugte Maßnahme zur Stärkung von frauengeführten Betrieben einzustufen ist.“