Climate-Tech-Investitionen gehen weiter zurück
Investitionen in Technologien, um den Klimawandel zu bekämpfen und seine Folgen zu bewältigen, müssen zukünftig deutlich anziehen. Denn die Finanzierung von Start-ups im Bereich der Klimatechnologie durch privates Marktkapital und Zuschüsse ist im Vergleich zum Vorjahr um 40,5 Prozent geschrumpft, wie die „State of Climate Tech 2023“-Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC zeigt.
20.12.2023
„Technologien und Lösungen zu fördern, die uns beim Umgang mit den Folgen der Klimakrise helfen, ist wichtiger denn je. Dafür braucht es jetzt an den richtigen Stellen das erforderliche Kapital“, sagt Gunther Dütsch, Partner im Bereich Nachhaltigkeitsberatung bei PwC Deutschland.
Um die aktuelle Situation präzise zu beurteilen, haben die PwC-Expert:innen ihre Analyse im Vergleich zum Vorjahr ausgeweitet und über 32.000 Transaktionen ausgewertet, an denen mehr als 8.000 Klima-Start-ups beteiligt waren.
Weiterhin Defizite bei der Finanzierung in emissionsstarken Sektoren
Bereits die vergangenen Ausgaben der „State of Climate Tech“-Studie haben gezeigt, dass die Investitionen nicht dort ankommen, wo sie für die Dekarbonisierung den größten Einfluss entwickeln könnten. Es gibt jedoch auch einen positiven Trend: In diesem Jahr haben Investoren mehr Mittel für Start-ups bereitgestellt, die auf die Dekarbonisierung von Industrieunternehmen abzielen. Ein Bereich, auf den nach den jüngsten Zahlen des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) mehr Emissionen entfallen als auf jeden anderen Wirtschaftssektor (34 Prozent). Während die Investoren zwischen dem ersten Quartal 2013 und dem dritten Quartal 2022 nur knapp acht Prozent der Start-up-Finanzierung in den Industriesektor leiteten, investierten sie zwischen dem vierten Quartal 2022 und dem dritten Quartal 2023 14 Prozent in diesen Bereich. Andere Sektoren weisen im Verhältnis zu ihrem Anteil an den Emissionen aber immer noch ein erhebliches Defizit bei der Anschubfinanzierung auf. Während der Emissionsanteil im Bereich „Lebensmittel, Landwirtschaft und Landnutzung“ beispielsweise bei 22 Prozent liegt, beziffert sich der Investitionsanteil nur auf acht Prozent in diesem Sektor. Diese Lücken gilt es zu schließen.
Investitionstrends weichen regional stark ab
Die Untersuchung zeigt, dass Investoren in den finanzierungsstarken Regionen (Nordamerika, Europa, Asien-Pazifik, China) verstärkt neue Wege suchen. So ist der Finanzierungsanteil für den Mobilitätssektor in Nordamerika von 59 Prozent im Jahr 2018 auf 24,4 Prozent (Q3 2023) gesunken. Ein ähnlicher Trend lässt sich in China beobachten.
In Deutschland sind seit 2013 rund 50 Prozent aller Climate-Tech-Investitionen in den Mobilitätssektor geflossen. Darüber hinaus hat der Energiesektor mit rund 22,4 Prozent der investierten Mittel in diesem Zeitraum stark profitiert. Der Industriesektor schneidet dagegen mit nur 3,3 Prozent sehr schwach ab. In diesem Jahr (Q1 bis Q3) sind mit 35,5 Prozent die meisten Mittel an den Energiesektor gegangen, gefolgt vom Built-Environment-Sektor (29,3 Prozent) auf Platz zwei und Mobilität (20,8 Prozent) auf dem dritten Platz. Insgesamt wurden 2023 deutschlandweit etwa 1.293 Milliarden US-Dollar in den Climate-Tech-Bereich investiert.
Early-Stage-Deals brechen ein
Neben der anhaltenden Finanzierungslücke in Sektoren mit einer starken Hebelwirkung für die Dekarbonisierung bremst auch der Rückgang bei der Frühphasenfinanzierung die Skalierung von wichtigen Klimatechnologien. Während Early-Stage-Deals 2018 und 2019 mehr als zwei Drittel aller Climate-Tech-Investitionen ausmachten, ist ihr Anteil bisher in diesem Jahr auf weniger als die Hälfte gesunken. Die Mehrheit der Deals hat sich stattdessen in Richtung der mittleren Phase verschoben. Die Gründe für die rückläufige Frühphasenfinanzierung sind laut den befragten Expert:innen unter anderem fehlende Skalierbarkeit und eine allgemeine Zurückhaltung aufgrund schwacher Kapitalmärkte.
Auf die unternehmerischen Qualitäten konzentrieren
Trotz des rückläufigen Investitionsvolumens und den Einbrüchen in der Frühphasenfinanzierung sagen viele der befragten Investoren, dass der Markt weiterhin großes Potenzial birgt. Sie empfehlen jedoch, sich nicht von Hypes und Trends ablenken zu lassen, sondern sich auf die fundamentalen, unternehmerischen Qualitäten zu konzentrieren. Damit geht die Einschätzung einher, dass der aktuelle Rückgang eine Erholung von der Euphorie der letzten Jahre sein könnte und somit eine gute Gelegenheit für antizyklische Investitionen bieten könnte.
Der Innovationsbedarf im Bereich der Klimatechnologien, insbesondere in emissionsintensiven Sektoren, macht die Finanzierung von Start-ups unerlässlich. Wenn die Technologien wirklich wirken sollen, sind aber weitaus mehr Mittel erforderlich, als derzeit in diesen Sektor fließen. „Es braucht nicht nur Risikokapital, sondern auch Wachstumskapital, damit Start-ups schnell expandieren und Klimatechnologielösungen in großem Maßstab einsetzen können“, sagt Gunther Dütsch.
Die Studie können Sie hier nachlesen.