„Eine komplexe Situation, in der wir uns für den klaren und einheitlichen Weg nach vorne entschieden haben!“
Die Deutsche Telekom hat jetzt ihre erste Nachhaltigkeitserklärung nach CSRD veröffentlicht. Julija Dietrich, Clusterlead CR Communication & Projektleitung CR-Berichterstattung bei dem Telekommunikationsunternehmen, hat mit UmweltDialog über den Entstehungsprozess, die Herausforderungen und die Inhalte gesprochen. Tipps für andere Unternehmen, die künftig berichten müssen, hat sie auch.
05.03.2025

Von UmweltDialog
Frau Dietrich, Sie haben als eines der ersten Unternehmen Ihre Nachhaltigkeitserklärung CSRD-konform nach ESRS (europäischer Standard für Nachhaltigkeitsreporting) veröffentlicht. Auch wenn Sie bereits seit vielen Jahren Expertise in der Nachhaltigkeitsberichterstattung haben, war der Weg dorthin bestimmt mit einigen Herausforderungen gepflastert. Welche waren das?
Julija Dietrich: Obwohl die CSRD noch nicht in deutsches Recht umgesetzt ist, hat die Deutsche Telekom bereits freiwillig nach ESRS berichtet und vollständig angewendet. So machen es übrigens die meisten DAX-Unternehmen. Unsere Gründe dafür waren, dass wir im November mit unserer Nachhaltigkeitserklärung so weit fortgeschritten waren, dass der Weg zurück zur Non-Financial Reporting Directive (NFRD) mehr Aufwand und aus unserer Sicht einen Rückschritt bedeutet hätte. Darüber hinaus hat die Deutsche Telekom in Europa berichtspflichtige Landesgesellschaften, bei denen die CSRD-Direktive bereits verabschiedet wurde. Also eine sehr komplexe Situation, in der wir uns für den klaren und einheitlichen Weg nach vorne entschieden haben.
Der Weg dahin war geprägt durch fehlende Klarheit. Die Standards und die Direktive waren ja zu Beginn 2024 immer noch nicht fertig, ab Sommer wurden FAQs veröffentlicht, Unternehmen sollten alles verstehen und anwenden, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sollten sie prüfen – ohne einheitlicher europäischer Guidance. Das war schon eine ordentliche Herausforderung an alle beteiligten Telekom Kolleginnen und Kollegen in Deutschland und international, eine neue Sprache mit einer eigenen Logik – genannt CSRD – zu lernen und auf ihren Bereich anzuwenden.
Wie viele Mitarbeitende waren an dem Prozess beteiligt, und welche Lehren haben Sie für die Zukunft gezogen?
Dietrich: Viele Kolleginnen und Kollegen aus den Bereichen Group Corporate Responsibility, DT Service Europe, HR Bereich, Einkauf, Risikomanagement, Compliance, Controlling, den operativen Segmenten Telekom Deutschland, T-Systems, T-Mobile US und Bereich Europa haben intensiv mitgearbeitet. Das aber parallel zu ihrem üblichen Kerngeschäft. In einem Projektmodus haben wir über ein Jahr lang im CSRD-Readiness-Projekt zusammengearbeitet, die Wesentlichkeitsanalyse und das IRO Assessment durchgeführt, haben regelmäßig mit dem Wirtschaftsprüfer zu Auslegungsfragen gesprochen und haben die Nachhaltigkeitserklärung iterativ weiterentwickelt; sowohl die qualitativen als auch die quantitativen Informationen. Die Lehre ist, dass der Bericht das Ergebnis des Maschinenraums ist und immer nur über das berichtet werden kann, was da ist. Wir waren froh, dass ESG schon seit Jahrzehnten bei der Telekom verankert ist, und wir viel hatten, worauf wir einen CSRD-konformen Bericht aufbauen konnten.

Haben Sie konkrete Umsetzungstipps für andere Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsdaten offenlegen müssen?
Dietrich: Zum einen, frühzeitig anzufangen und ein Projektteam aus den unterschiedlichen Bereichen mit einer dedizierten Projekt Management Office (PMO)-Rolle aufzusetzen. Es braucht eine Person, die die Fäden zusammenhält. Wir hatten zwei Kollegen als PMO, die für die Steuerung der CSRD-Readiness zuständig waren und dafür gesorgt haben, dass ein Projektplan aufgesetzt, Rollen und Zuständigkeiten festgelegt, Aufgaben verteilt und alle Meilensteine umgesetzt wurden.
Zum anderen, den Bericht als Endprodukt zu sehen. Die CSRD bietet einen guten Anlass, in eigene Prozesse und Entwicklungsthemen zu schauen. Man sieht, was man schon hat und an was man noch arbeiten sollte. Darüber berichtet man dann in der Nachhaltigkeitserklärung transparent. Man sollte sich nicht unter Druck setzen, alles auf Knopfdruck fertig zu haben. Das macht unternehmerisch auch keinen Sinn. Mut zur Lücke ist hier gefragt. Alles, was man umsetzt, sollte aus ökonomischer, ökologischer oder sozialer Perspektive Sinn machen, es sollte nie nur ein Abhaken einer Checkliste sein.
Als Teil des Lageberichts muss die Nachhaltigkeitserklärung die Nachhaltigkeitsziele und -risiken von Unternehmen sowie die hieraus abgeleiteten Geschäftsstrategien darlegen. Dabei gilt das Prinzip der doppelten Materialität. Was heißt das für die Deutsche Telekom? Führen Sie bitte allgemein diese wesentlichen Auswirkungen (Inside-Out und Outside-In) aus.
Dietrich: Unsere materiellen Themen sind auch nach der doppelten Wesentlichkeitsanalyse weiterhin materiell geblieben. Die Logik der CSRD baut ja schon auf der Logik der früheren ESG Berichterstattung auf. Das heißt, unsere strategischen ESG-Themen haben sich ja schon früher aus unserem Geschäftsmodell, dem Scope und dem Austausch mit den Stakeholdern ergeben. Und das sowohl mit dem Blick auf die Auswirkungen unserer Geschäftstätigkeit auf Gesellschaft und Umwelt (Impact Materiality / Inside-Out) wie auch mit dem Blick in Richtung Risiken und Chancen auf unsere Geschäftstätigkeit (Financial Materiality / Outside-In). Der neue Erweiterung um die Dimension der verschiedenen Wertschöpfungsstufen hat eine neue Perspektive eingebracht, die neue Informationen verlangte.
ESRS sieht für Unternehmen bestimmte Angabenpflichten vor und führt darüber hinaus weit über 1000 verschiedene Datenpunkte auf, die potentiell relevant für das Nachhaltigkeitsreporting sein können. Zu wie vielen Datenpunkten haben Sie Angaben gemacht, und was sind die wichtigsten Aspekte in den Bereichen E (Umwelt), S (Soziales) und G (Governance)?
Dietrich: Wir haben in acht wesentlichen Themen mit 16 Unterthemen über 52 wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen (so genannte IROs) berichtet und gehen darin auf 483 wesentliche Datenpunkte ein. Die wichtigsten Aspekte haben wir auf der Telekom Internetseite genannt. Außerdem haben wir einen ausführlichen Slider erstellt, in dem man die Highlights unserer Nachhaltigkeitserklärung nachlesen kann.

Fokus Klimastrategie: Im Rahmen der CSRD sind Klimatransitionspläne verpflichtend. Sie haben bereits letztes Jahr darüber berichtet. Was sind Ihre kurz-, mittel- und langfristigen Schritte in Richtung Netto-Null im Jahre 2040?
Dietrich: Der Klimatransitionsplan wurde noch weiter verfeinert. Unsere Klimaziele sind seit vier Jahren gleich geblieben, wir halten daran fest und setzen sie konsequent um, obwohl die zunehmende digitale Vernetzung eine Menge Energie verbraucht. Aus diesem Grunde unternehmen wir große Anstrengungen, um Energien effizienter zu nutzen, im Netzbetrieb Strom zu sparen und decken seit 2021 unseren Strombedarf konzernweit komplett über erneuerbaren Energien ab. Hierfür haben wir ein Klimaschutzziel vereinbart: Bis Ende 2025 werden wir bei unseren eigenen Emissionen (Scope 1 und 2) klimaneutral. Dazu werden wir unsere Emissionen um bis zu 95 Prozent reduzieren (Basisjahr 2017).
Die verbleibenden Emissionen unseres CO2-Fußabdruckes werden wir durch geeignete Offsetting-Maßnahmen ausgleichen. Dabei konzentrieren wir uns auf Maßnahmen zur langfristigen Bindung von CO2 aus der Atmosphäre, zum Beispiel Aufforstung. Bis spätestens 2040 wollen wir komplett klimaneutral sein („Netto-null“) und über alle drei Scopes keinen CO2-Fußabdruck mehr hinterlassen. Um unsere Fortschritte zur Klimaneutralität noch besser überprüfen zu können, haben wir uns ein ambitioniertes Zwischenziel gesetzt: Bis 2030 wollen wir die CO2 Emissionen über die Scopes 1-3 hinweg um 55 Prozent gegenüber 2020 reduzieren.
Bis 2040 sollen dann mindestens 90 Prozent der Scope 1-3 Emissionen absolut reduziert sein. Ein verbleibender Rest bis maximal zehn Prozent würde kompensiert. Dieses Ziel gilt für den gesamten Konzern inklusive T-Mobile US und stellt eine weitere Verschärfung unserer Klimaschutzziele dar. Die Science Based Targets initiative hat bestätigt, dass die Klimaschutzziele bis 2030 (near-term) und 2040 (long-term) nach ihrer neuen, verschärften Richtlinie als wissenschaftsbasierte Netto-Null-Ziele zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens beitragen.