memo: 20 Jahre Nachhaltigkeitsberichterstattung
„Eine gute Berichterstattung und ein gutes Nachhaltigkeitsmanagement gehen Hand in Hand“, weiß Lothar Hartmann. Im Gespräch mit UmweltDialog erklärt der Leiter des Nachhaltigkeits- und Qualitätsmanagements bei memo, warum Berichtsstandards für die eigenen Nachhaltigkeitsleistungen hilfreich sind, und blickt für uns in die Zukunft.
12.02.2024
UmweltDialog: Seit 20 Jahren mit bereits elf Nachhaltigkeitsberichten – der aktuelle im Onlineformat – informiert memo nun schon über die eigenen Nachhaltigkeitsaktivitäten. Was haben Sie in der langen Zeit Ihrer Berichterstattung gelernt? Wird man nicht irgendwann nachlässig – ganz nach dem Motto „Das haben wir schon immer so gemacht“?
Lothar Hartmann: Vor allem haben wir gelernt, dass es immer Möglichkeiten gibt, sich weiterzuentwickeln, sowohl was die Berichterstattung selbst betrifft als auch das Nachhaltigkeitsmanagementsystem. Denn eine gute Berichterstattung und ein gutes Nachhaltigkeitsmanagement gehen Hand in Hand und profitieren voneinander. Deshalb sollte man die Berichterstattung und die Weiterentwicklung von Nachhaltigkeitsleistungen nicht separat betrachten. Das zeigt auch ein Blick in die Historie unserer gedruckten Berichte. Unsere ersten Berichte waren sehr bunt und plakativ. Irgendwann kamen dann Standards wie der deutsche Nachhaltigkeitskodex oder GRI. An diesen haben wir uns schon damals orientiert und dementsprechend unsere Nachhaltigkeitsleistungen weiterentwickelt, genauso wie unser Managementsystem. Diese Standards verhindern eben auch, dass man nachlässig wird, denn sie entwickeln sich ja ebenso weiter oder es kommen neue gesetzliche Verordnungen dazu.
Zu den neuen gesetzlichen Regularien gehören unter anderem das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder die neue Berichtspflicht. Für viele Firmen heißt das erst einmal, neue zeitliche und personelle Ressourcen hierfür zu schaffen. Mit Ihrer langjährigen Erfahrung in der Berichterstattung sollten neue Berichtsstandards für memo – auch wenn Sie nicht von allen betroffen sind – also kein Problem sein, oder?
Hartmann: Ich denke schon, dass Unternehmen wie wir, die sich schon sehr viele Jahre mit der Berichterstattung beschäftigen und auf ein hohes Maß an Sorgfalt in der Lieferkette achten, Vorteile haben. memo ist zwar nicht explizit von diesen Verordnungen betroffen, aber wir orientieren uns natürlich daran. Kleine und mittelständische Unternehmen haben zwar oft weniger Ressourcen für die Berichterstattung oder das Nachhaltigkeitsmanagement als Konzerne. Aber auch als KMU kann man entsprechende Strukturen aufbauen und zum Beispiel eine Basis-Risikoanalyse in der Lieferkette umsetzen. Generell ist es – unabhängig von der Unternehmensgröße – sinnvoll, sich mit dem Thema systematisch zu beschäftigen. Die Standards helfen dabei, sich weiterzuentwickeln und so nachhaltig aufzustellen, dass sowohl gesellschaftliche Vorteile als auch Unternehmensvorteile entstehen.
Welche Herausforderungen kommen durch die neuen Standards auf kleine und mittelständische Unternehmen zu?
Hartmann: Gerade für Kleinunternehmen, die auch ohne die Standards schon sehr viel Positives bewirkt haben, könnte schon ein deutlicher Mehraufwand entstehen; etwa durch die steigende Bürokratie. Und dadurch haben sie vielleicht Wettbewerbsnachteile gegenüber großen Unternehmen der Branche, die einfach mehr Ressourcen haben, um die neuen Forderungen zu erfüllen. Deshalb würden wir uns von der Politik eine Art Belohnungssystem für die Unternehmen wünschen, die schon immer vorbildlich agieren.
Können Sie das bitte näher erläutern?
Hartmann: Zum Beispiel könnte man für Produkte, die nachweislich nachhaltig sind, und mit anerkannten Labels wie dem Blauen Engel, GOTS oder dem Grünen Knopf ausgezeichnet sind, einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz einführen. Unternehmen, die diese Produkte anbieten und damit nicht nur mehr Aufwand, sondern auch entsprechende Kosten haben – die Zertifizierungen kosten ja Geld –, könnten ihre Produkte günstiger anbieten. Und für Verbraucherinnen und Verbraucher wäre das ein Kaufanreiz.
memo hat Produkte für B2B-Kunden und Privatkunden: Gibt es hier Unterschiede, die für die Berichterstattung relevant sind?
Hartmann: Bei den Produkten selbst gibt es eigentlich keine Unterschiede in der Berichterstattung. Aber ich denke, die Erwartungen der unterschiedlichen Kundengruppen an den Bericht werden mehr und mehr differieren. Besonders Privatkunden und -kundinnen wollen in erster Linie Spaß am Lesen des Berichts haben. Natürlich müssen die Inhalte passen, hochwertig sein und Standards erfüllen.
Unternehmen wiederum haben natürlich noch einen anderen Blickwinkel und andere Anforderungen an den Bericht. Für sie ist dann eher wichtig, schnell Kennzahlen zu finden, um diese mit denen anderer Unternehmen zu vergleichen. So können sie schneller eine unternehmerische Entscheidung treffen.
Was glauben Sie, wie wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Zukunft aussehen?
Hartmann: Eine Herausforderung wird sein, bei den Berichten einen guten Mittelweg zu finden zwischen den Anforderungen der Privatkunden und -kundinnen oder interessierten Privatpersonen im Allgemeinen und denen der Unternehmen. Wenn wir auch Banken, Versicherungen und Ratingagenturen mitdenken, muss man vielleicht sogar noch einen Schritt weiter gehen. Diese werden eventuell eher Onlineportale einfordern, bei denen sie mit automatisierten Tools die Kennzahlen abfragen können. Möglicherweise braucht man dann irgendwann zwei Berichte: Einen für Privatpersonen, der auch ansprechend gestaltet ist und Spaß am Lesen bereitet. Und einen Bericht für Unternehmen, der die reinen Kennzahlen und Fakten liefert. Dieser könnte dann auch mit einer Software automatisiert erzeugt werden.
Danke für das Gespräch!
Was es mit dem neuen Onlineformat des aktuellen Nachhaltigkeitsberichts auf sich hat und welche Herausforderungen es bei der Gestaltung gab, lesen Sie hier im Interview mit Herrn Hartmann, Leiter des Nachhaltigkeits- und Qualitätsmanagements der memo AG.