Das 7-Generationen-Prinzip der Irokesen
Sieben Generationen in die Zukunft schauen – was klingt wie Wahrsagerei, entstammt einer alten Philosophie der Irokesen: Das „Sieben-Generationen-Prinzip“ (engl.: „Seventh-Generation-Principle“) besagt, dass der Mensch bei jeder Handlung bedenken soll, wie sich diese für die siebte Generation in der Zukunft auswirkt. Das gilt nicht nur für das persönliche Leben, sondern auch für Wirtschaft und Politik.
13.07.2018
Im Allgemeinen veranschlagt man heutzutage für eine Generation in etwa 25 bis 30 Jahre – danach folgt eine neue. Die Irokesen dachten demnach schon früh an ihre Ur-ur-ur-ur-ur-Enkel, die erst knapp 200 Jahre später leben.
Woher also kommt diese Idee?
Das „Sieben-Generationen-Prinzip“ geht zurück auf das „Große Gesetz des Friedens“ (engl.: „The Great Law of Peace“) der Irokesen-Liga. Wahrscheinlich im 16. Jahrhundert, etwa um 1570 rum, wie die hiesige Forschung vermutet, schlossen sich fünf Irokesenstämme, die sowohl sprachlich als auch kulturell miteinander verwandt waren, zur Irokesen-Liga zusammen (engl.: Iroquois Confederacy). Im Jahr 1722 kam noch ein sechster Stamm dazu. Als Grundlage dieses friedlichen Zusammenschlusses, der zunächst als „Five Nations“, später dann als „Six Nations“ bekannt war, diente das „Große Gesetz des Friedens“. Diese Verfassung fußte auf einer demokratischen Basis und regelte die Beziehungen der verschiedenen Stämme untereinander.
Ein wichtiger Punkt darin war eben jenes „Sieben-Generationen-Prinzip“. Wortwörtlich steht im „Großen Gesetz des Friedens”: „The thickness of your skin shall be seven spans — which is to say that you shall be proof against anger, offensive actions and criticism [...]. Look and listen for the welfare of the whole people and have always in view not only the present but also the coming generations, even those whose faces are yet beneath the surface of the ground — the unborn of the future Nation.”
Wie lässt sich das Sieben-Generationen-Prinzip umsetzen?
Ob die amerikanischen Ureinwohner in der Lage dazu waren, so weit in die Zukunft zu schauen, wissen wir nicht. Die Essenz des „Sieben-Generationen-Prinzips“ geht dadurch aber nicht verloren: Jede Handlung sollte so gewählt werden, dass auch die kommenden Generationen, einschließlich der Siebten, eine schöne und lebenswerte Erde vorfinden. Man soll sich also immer fragen, was die eigenen Handlungen für einen Einfluss unter anderem auf Pflanzen, Tiere, Wasser, Land, Luft und auch auf die Menschen haben könnten. Auch Beziehungen sollen nach diesem Prinzip der langfristig angelegten Nachhaltigkeit geführt werden.
In Deutschland ist das „Sieben-Generationen-Prinzip“ zwar kaum bekannt, Generationengerechtigkeit spielt aber auch in hiesigen Nachhaltigkeitsdiskursen eine wichtige Rolle, wie beispielsweise im Brundtland-Bericht. In Österreich wiederum nennt man dieses Prinzip liebevoll „Enkeltauglichkeit“. Heißt zwar anders, meint aber das Gleiche. Deshalb integrieren Unternehmen und Politik immer öfter Nachhaltigkeitsstrategien in ihre Managementabläufe. Auch als Verbraucher kann man einiges tun. Mülltrennung, Recycling, Wasser und Strom sparen oder auch der Einkauf von Bio-Produkten verbessern den persönlichen ökologischen Fußabdruck. Öfter mal mit dem Rad fahren, anstatt das Auto zu nutzen, ist ebenso eine gute Maßnahme wie das Licht auszuschalten, wenn man gerade nicht im Raum ist.
Am Beispiel der Irokesen sieht man, dass das Prinzip der Generationengerechtigkeit im Sinne der Nachhaltigkeit weder neu noch auf einen Kulturkreis beschränkt ist. Wenn auch unter verschiedenen Begriffen, so beschäftigt es doch viele Menschen in der ganzen Welt.