Unternehmen und Biodiversität – worauf es jetzt ankommt
Neben der Klimakrise rückt die Biodiversitätskrise zunehmend in den Fokus von Öffentlichkeit, Politik und Investoren. Auch Unternehmen müssen ihren Einfluss und ihre Abhängigkeit hinterfragen. Von der Datenerhebung bis hin zum Reporting fehlt es vielen noch an Wissen und Erfahrung. Hier setzt EY mit seinen Beratungs- und Prüfungsleistungen an.
29.06.2023
Das Anlegen einer bunten Blumenwiese für Insekten, das Aufstellen von Vogeltränken und Nisthilfen oder die Pflanzung einer Hecke aus heimischen Gehölzen: Die naturnahe Gestaltung des Firmengeländes ist für viele Unternehmen, unabhängig von Größe und Branche, ein einfacher Weg, um in das Thema Biodiversität einzusteigen. Noch spielt es, im Vergleich zur Dekarbonisierung, in den Nachhaltigkeitsstrategien eine eher untergeordnete Rolle. Das geht auch aus einer Analysten-Umfrage von Fidelity, einem Anbieter von Investment- und Altersvorsorgelösungen, hervor. „Initiativen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt befinden sich bei den meisten Unternehmen in einem Frühstadium“, so ein Fidelity-Analyst.
Der Wert der Biodiversität für die Wirtschaft
Welche Bedeutung der Erhalt der Biodiversität für Unternehmen hat, wird mit Blick auf den Geldwert deutlich, der der Biodiversität beigemessen wird. Laut der NABU-Studie „Wirtschaften im Einklang mit der Natur“ stellt die Biodiversität jährlich schätzungsweise bis zu 190 Billionen US-Dollar an sogenannten Ökosystemleistungen – Gratisleistungen wie Wasser oder Bestäubung – bereit.
Gleichzeitig belasten wirtschaftliche Aktivitäten die Biodiversität enorm: Der Studie zufolge sind die Forst- und Landwirtschaft, der Rohstoffabbau, die industrielle Produktion sowie die Ausweitung der Infrastruktur für 60 Prozent des bisherigen Biodiversitätsverlustes in Deutschland verantwortlich. Der Verlust der biologischen Vielfalt wird im aktuellen Global Risk Report als „eines der sich am schnellsten verschlimmernden Risiken der kommenden zehn Jahre“ eingestuft. Dominic Rowles, leitender ESG-Analyst bei der britischen Investmentgesellschaft Hargreaves Lansdown: „Die biologische Vielfalt rückt auf der Agenda der Investoren immer weiter nach oben. Viele der Produkte und Dienstleistungen, die das Wirtschaftswachstum antreiben, stammen aus der Natur, sodass der Verlust der biologischen Vielfalt schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben könnte.“
Biodiversität schützen
Angesichts dieser Entwicklungen einigten sich die teilnehmenden Staaten der 15. Weltnaturschutzkonferenz (COP15) im Dezember in Kanada auf ein Artenschutzabkommen. Als Ziel wurde festgelegt, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen. Zudem soll mehr Geld für den Schutz der Artenvielfalt ausgegeben werden und dafür aus reichen an ärmere Länder fließen. Für große Unternehmen und Finanzinstitute wachsen die Anforderungen, etwa indem sie biodiversitätsrelevante Informationen offenlegen müssen.
In Zukunft kommen Unternehmen daher nicht mehr darum herum, sich eingehend damit auseinanderzusetzen, wie ihr Handeln die Biodiversität beeinflusst und wie sie von ihr abhängen. Zugleich ist das Thema für Unternehmen außerhalb des Lebensmittelsektors schwer fassbar. Hier soll durch Vorgaben nachgesteuert werden – die GRI überarbeitet ihre Richtlinien und auch die Finanzbranche nennt immer öfter messbare Kennzahlen.
Der Verlust der Artenvielfalt schreitet aktuell schneller voran als jemals zuvor. Wie beispielsweise aus der Studie „Living Planet Report 2022“ der Umweltstiftung WWF und der Zoologischen Gesellschaft London hervorgeht, sind die Bestände wildlebender Wirbeltiere, die für die Studie untersucht wurden, zwischen 1970 und 2018 durchschnittlich um 69 Prozent zurückgegangen. Die Situation der Störe etwa hat sich – durch Überfischung, Verschmutzung und durch die Fragmentierung von Flüssen – in den letzten zehn Jahren so sehr verschlechtert, dass sie aktuell die global am stärksten vom Aussterben bedrohte Tiergruppe darstellen. Ein weiteres Beispiel ist das Ökosystem Wald: Derzeit häufen sich wieder die Meldungen über Waldbrandgefahr. Naturschutzorganisationen warnen davor, dass die vielen Monokulturen viel schlechter gegen Wetterextreme wie Hitze, die wegen des Klimawandels zunehmen werden, gewappnet sind als schonend, ökologisch verträglich bewirtschaftete Wälder – mit gravierenden Folgen für jene Wirtschaftszweige, die auf Holz als Rohstoff für Papier, Möbel oder Brennholz angewiesen sind.
Auf EU-Ebene ist man hier schon in der Umsetzung: Der „Sustainable Finance“-Aktionsplan, zu dem die Taxonomie-Verordnung als eine wesentliche Maßnahme gehört, soll für mehr Transparenz und eine bessere Orientierung in Sachen Nachhaltigkeit und Biodiversität sorgen. Dazu soll auch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) beitragen, durch die immer mehr Unternehmen dazu verpflichtet werden, über ihre Auswirkungen auf und Abhängigkeiten von Biodiversität zu berichten sowie ihre Berichte extern prüfen zu lassen. Derzeit erarbeitet die Europäische Beratungsgruppe für Rechnungslegung (European Financial Reporting Advisory Group – EFRAG) Berichtsstandards, die beispielsweise bestimmte Anforderungen an die Berichterstattung über die Landnutzung und Landnutzungsänderungen stellen. Zudem wird an Entwürfen für branchenspezifische Standards gearbeitet. Deutschland hat noch ein Jahr Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Sei es die EU-Taxonomie-Verordnung, die CSRD oder auch das deutsche Lieferkettengesetz: Viele Unternehmen stehen jetzt vor der Aufgabe, zu prüfen, ob das bisherige Nachhaltigkeits-Reporting den neuen europäischen und nationalen Anforderungen entspricht oder wo Ausbaubedarf besteht. So gilt es zum Beispiel das Prinzip der „Doppelten Wesentlichkeit“ zu berücksichtigen. Derzeit werden einige der etablierten Standards zur Analyse und Berichterstattung – wie die der Global Reporting Initiative, das Rahmenwerk der Taskforce on Nature-related Financial Disclosures und EMAS III – überarbeitet und angepasst.
Unternehmen stehen nicht allein da
Wer bei der nichtfinanziellen Berichterstattung und dem Aufbau von Reporting-Strukturen noch am Anfang steht oder verpflichtet ist, den Nachhaltigkeitsbericht extern prüfen zu lassen, ist auf Unterstützung und erfahrene Prüfer:innen angewiesen. „Ob Investoren, Aufsichtsgremien, staatliche Einrichtungen oder die Gesellschaft insgesamt – das Augenmerk vieler Stakeholder gilt längst nicht mehr nur dem reinen finanziellen Zahlenwerk. Wer den wahren, auch gesellschaftlichen, Wert eines Unternehmens ermitteln will, fordert zunehmend Transparenz über nichtfinanzielle Informationen. Das zwingt Unternehmen, die Bandbreite ihrer Berichterstattung deutlich zu erweitern und Wege zu finden, nichtfinanzielle Leistungen adäquat zu kommunizieren“, weiß man bei EY.
Genau hierbei unterstützt das Beratungs- und Prüfungsunternehmen seine Mandantinnen und Mandanten. Sei es wegen gesetzlicher Vorgaben oder auf freiwilliger Basis: Das Angebot von EY deckt ein breites Leistungsspektrum ab und reicht weit über die Prüfung von integrierten Berichten und Nachhaltigkeitsberichten hinaus. So hilft EY etwa auch bei der Konzeption von Berichtsformaten, bei der Sammlung der Daten über nichtfinanzielle Informationen oder bei der Entwicklung von Reporting-Strategien.