E.ON: Zusätzliche Investitionen für den Klimaschutz
Spätestens mit der Übernahme von innogy hat sich das Energieunternehmen E.ON komplett dem Klimaschutz und der Energiewende verschrieben. David Radermacher, Vice President Sustainability & Climate bei E.ON, erläutert im Gespräch mit UmweltDialog, welche Auswirkungen das auf die Klimaziele des Unternehmens hat und mit welchen Lösungen E.ON aktiv zum Klimaschutz beiträgt.
19.05.2020
UmweltDialog: Aufgrund der Corona-Krise gibt es viel weniger Berufspendler, Dienstreisen, weniger Produktion und letztendlich auch weniger CO2-Ausstoß. Provokativ gefragt: Tut die Pandemie dem Klima gut?
David Radermacher: Angesichts der zum Teil dramatischen Ausmaße der Corona-Pandemie ist es natürlich nicht geboten, den Rückgang der globalen Emissionen positiv zu bewerten. Die Emissionen sind ja nicht nachhaltig gesunken und werden in der Phase des Aufschwungs wieder steigen. Zudem wird der Rückgang von einigen genutzt, um eine Auszeit im Kampf gegen die globale Erderwärmung zu fordern. Das wäre fatal und vollkommen unverantwortlich, da wir hier noch ganz am Anfang stehen. Man muss die aktuelle Situation vielmehr als Chance für eine Kurskorrektur nutzen: Der wirtschaftliche Aufschwung nach der Krise macht enorme Investitionen notwendig. Die sollten wir sinnvoll einsetzen und damit den Weg in eine klimafreundliche Wirtschaft und Gesellschaft ebnen.
UD: Der Klimawandel bleibt tatsächlich eine der wichtigsten Herausforderungen. Größter Verursacher ist der Energiesektor. Wie will E.ON aktiv zum Klimaschutz beitragen?
Radermacher: Als einer der größten Netzbetreiber Europas sind wir maßgeblich dafür verantwortlich, das Rückgrat der Energiewende zu sein und die Infrastruktur für eine klimafreundliche Gesellschaft bereitzustellen. Das geht nicht ohne signifikante Investitionen. Kürzlich haben wir unsere geplanten Investitionen von 13 Milliarden nicht nur bestätigt, sondern angekündigt, mittelfristig zusätzliche 500 Millionen Euro für klimafreundliche, moderne Energieinfrastrukturen zu mobilisieren. Das ist ein starkes Signal und zeigt, dass E.ON trotz Corona-Krise weiterhin gegen den Klimawandel und für ein modernes, kundenfreundliches und klimaverträgliches Energiesystem kämpft. Durch unser Netzgeschäft als Energiewendeplattform unterstützen wir unsere Kunden, also Haushalte, Unternehmen oder ganze Städte, dabei, ihre Emissionen zu senken. Nahezu jeder gesellschaftliche Akteur, der klimaneutral werden will, kann bei E.ON passende Lösungen finden. Das fängt bei der Solaranlage an und führt über Energieeffizienzprojekte oder den Einsatz von Wasserstoff in der Industrie hin zu klimaneutralen Strom- und Wärmekonzepten für ganze Städte. So vermeiden wir mit unseren Kunden und Partnern über 100 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Jede fünfte Erneuerbare-Energie-Anlage ist außerdem an ein E.ON-Netz angeschlossen.
UD: E.ON hat bereits 2017 eine Klimastrategie veröffentlicht, dieses Jahr kam noch das Klima-Commitment dazu. Was hat sich seit 2017 verändert?
Radermacher: Durch die Übernahme von innogy verändert sich nicht nur unser Geschäft, sondern logischerweise auch unser Carbon-Footprint, denn E.ON versorgt nun über 50 Millionen Kunden. Damit geht natürlich eine große Verantwortung einher. Und die Erkenntnisse der Klimawissenschaft sind eindeutig: Die globalen Emissionen müssen sich in den kommenden zehn Jahren halbieren. E.ON betreibt keine fossilen Großkraftwerke mehr, wodurch unsere direkten Emissionen im Vergleich zu anderen Versorgern sehr gering sind. Dennoch haben wir in einem sehr intensiven Austausch mit dem Aufsichtsrat und dem Vorstand neue, noch ambitioniertere Klimaziele verabschiedet. Bis 2030 wollen wir unsere Treibhausgasemissionen deutlich reduzieren. Die Emissionen aus Scope 1 und 2 wollen wir um 75 Prozent, die Scope 3 Emissionen um 50 Prozent verringern. Jeweils im Vergleich zum Ausgangsjahr 2019.
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UD: Welche Maßnahmen ergreift E.ON, um das zu schaffen?
Radermacher: Die konsequente Ausrichtung auf eine klimafreundliche Energiewelt zeigt sich besonders deutlich in unseren Konzepten für nachhaltige Städte. An erster Stelle steht dabei das „Recycling“ von Energie: Jede Kilowattstunde Wärme, die beispielsweise aus Abwärme gewonnen wird, muss nicht erzeugt werden, und ist damit klimaneutral. So reduzieren wir den Einsatz fossiler Energie und dementsprechend die CO2-Emissionen. Auch der konsequente Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien spielt eine wichtige Rolle. Wir haben in unseren Netzen eine sogenannte Green Feed-in Quota von 75 Prozent. Das ist der Anteil grünen Stroms im Vergleich zum gesamten eingespeisten Strom. In einzelnen Phasen schaffen wir es sogar, den gesamten Strombedarf in Deutschland zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken. Aber es gibt natürlich auch Emissionen, die sich technisch sehr schwer vermeiden lassen. Hier setzen wir dann auch auf Kompensationsmaßnahmen.
UD: Scope 3 bezieht sich auf die vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsketten und somit auch auf Ihre Endkunden – wie kommen Ihre ambitionierten Zielvorgaben dort an?
Radermacher: Scope 3 hat für uns eine besondere Bedeutung. Hier liegen 90 Prozent unserer Emissionen. Für unsere Klimaziele und vor allem unsere Produkte erhalten wir von unseren Kunden und Partnern sehr viel Rückenwind. Die Anzahl der Ökostromkunden in unserem deutschen Vertrieb ist letztes Jahr um mehr als 25 Prozent gestiegen. Das ist ein Plus von mehreren zehntausend Kunden im Vergleich zum Vorjahr und natürlich auch eine Bestätigung für unseren Kurs. Gerade junge Leute in Deutschland setzen auf ökologische Energietarife, also Ökostrom oder auch Bioerdgas. Die Nachfrage nach Solaranlagen steigt ebenfalls wieder deutlich an. In Großbritannien haben wir zudem alle drei Millionen Haushaltskunden automatisch auf Ökostrom umgestellt, und auch dazu war die Resonanz sehr positiv.
UD: Vielen Dank für das Gespräch!
Lesen Sie demnächst im zweiten Teil des Interviews, wie die Energiewende in Zukunft gemeinsam gestaltet werden kann.