Wie Unternehmen und Investoren den Klimawandel bremsen können
In einem faszinierenden Vortrag mit anschließender Podiumsdiskussion auf BASECAMP ON AIR hat der derzeit wohl bekannteste deutsche Klimaforscher Professor Markus Rex über die Forschungsergebnisse der bisher größten und längsten Arktisexpedition – das internationale MOSAiC-Projekt – berichtet. Sein alarmierendes Fazit: Die Temperaturen in der Arktis waren im Winter im Durchschnitt zehn Grad höher als vor 130 Jahren, das Eis nur noch halb so dick.
03.08.2021
„Wir haben dem Eis beim Sterben zugesehen“
Dass beim Klimaschutz rascher Handlungsbedarf besteht, darin waren sich die Teilnehmer bei der BASECAMP Online-Veranstaltung zum Thema „Sustainable Finance und was die Arktis damit zu tun hat“ (hier geht es zum Live-Mittschnitt) einig. Das Ziel der von Carmen Hentschel moderierten Debatte war, die Rolle der Wirtschaft und von Investoren beim Klimaschutz genauer zu beleuchten. Dabei zeigte sich: Vor allem Großkonzerne unternehmen bereits einiges, um Produktion und Geschäftsbetrieb klimafreundlich zu gestalten. Zudem wird „Sustainable Finance“, also die nachhaltige Finanzierung von Unternehmen, in der Wirtschaft immer mehr zum Standard.
„Viele Unternehmen haben das Thema auf der Agenda“, sagte Ingo Speich, Head of Sustainability & Corporate Governance bei Deka Investment, die weltweit Anlagen in Höhe von mehr als 300 Milliarden Euro verwaltet. Der Klimawandel werde von Anlegern immer mehr als Risikofaktor gesehen, betonte Speich. Unternehmen, die das Klima schädigen, würden schon heute an der Börse mit Abschlägen bestraft werden und von Anlegern zum Wandel gedrängt. Industrien, die sich nicht ändern, würden künftig ihre Geschäftsgrundlage verlieren. Denn, so Speich: „Der Kapitalmarkt hat eine Lenkungsfunktion. Und der Klimawandel wird dazu führen, dass Kapital umgelenkt wird. Da müssen alle mitziehen, um nicht am Ende zurückzubleiben.“
Klimaschädliche Unternehmen werden schon heute an der Börse abgestraft
Eine zentrale Rolle bei diesem Wandel spielt nach Ansicht von Markus Rolle, Finanzvorstand bei Telefónica Deutschland / O2, die Digitalisierung. „Digitalisierung ist unserer Meinung nach ein Enabler, den CO2-Ausstoß weiter abzusenken.“ Während der Pandemie hätten beispielsweise die meisten Meetings nur noch virtuell stattgefunden. Künftig könnten so überflüssige und klimaschädliche Geschäftsreisen mit dem Flugzeug vermieden werden, so Rolle. Ein anderes Beispiel seien neue Technologien wie der Mobilfunkstandard 5G, der bis zu 90 Prozent weniger Energie für die Datenübertragung benötigt als ältere Mobilfunkstandards. Sein Fazit: Eine starke Wirtschaft und starker Klimaschutz gehen Hand in Hand.
2025 will Telefónica Deutschland / O2 klimaneutral sein
Telefónica Deutschland / O2 beschäftigt sich bereits seit Langem mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz. 2005 setzte der Telekommunikationsanbieter den ersten „Responsible Business Plan“ auf. „Wir haben von Anfang an daran geglaubt, dass Nachhaltigkeit für alle Stakeholder relevant ist. Das sind neben den Investoren auch unsere über 42 Millionen Kunden, unsere Mitarbeiter und Partner“, betonte Rolle.
Heute ist Nachhaltigkeit fest in alle Geschäftsprozesse integriert, auch im Finanzbereich. Als eines der ersten Telekommunikationsunternehmen legte Telefónica Deutschland / O2 einen sogenannten Sustainability Linked Loan auf – ein Darlehen über 750 Millionen Euro, bei dem sich die Höhe der Zinsen an Nachhaltigkeitszielen ausrichtet. Werden diese erreicht, muss das Unternehmen weniger Zinsen bezahlen. Auch die Vergütung des Managements sei an Nachhaltigkeitsziele geknüpft, betonte Rolle. Das erklärte Ziel: Bereits 2025 soll Telefónica Deutschland / O2 klimaneutral sein.
Deutschland hat international eine Vorbildfunktion
Dass der Klimawandel „kein Modethema“ und auch kein Problem der fernen Zukunft sei, zeige sich anschaulich in der Arktis, erklärte Professor Rex. Für die MOSAiC-Expedition hätten sich die Forscher mit ihrem Schiff „Polarstern“ auf einer Scholle festfrieren lassen und seien so ein Jahr durch das Eis der Arktis gedriftet, berichtete der Wissenschaftler. Allerdings: Durch die rasch fortschreitende Erderwärmung könne das Eis dort bald in den Sommermonaten vollständig verschwinden, mit gravierenden Folgen für das Klima und Ökosysteme weltweit.
Kann ein kleines Land wie Deutschland bei einem solchen globalen Problem überhaupt was ausrichten? Für den Klimaforscher ist die Antwort ein klares Ja. „Deutschland kann im Klimaschutz eine wichtige Rolle einnehmen, wenn wir erfolgreichen Klimaschutz mit prosperierender Wirtschaft vereinen“, betonte Professor Rex. Wenn es Deutschland gelinge, Wirtschaft und Klimaschutz erfolgreich miteinander zu verbinden, würden andere Länder diesem Weg folgen, so der Klimaexperte: „Wer sollte es sonst machen? Diese Verantwortung lastet auf unseren Schultern.“ Auch Markus Rolle appelliert an jeden Einzelnen seinen Beitrag zu leisten: „Wir, die wir jetzt in der Verantwortung stehen, müssen jetzt handeln! Die jungen Generationen schauen jetzt auf uns – und das zu Recht!“
Wer die Diskussion noch einmal in voller Länge verfolgen möchte, findet einen Live-Mitschnitt davon auf dem BASECAMP Youtube-Kanal.