SCHOTT treibt Klimaschutz mit neuen Technologien voran
Der internationale Technologiekonzern SCHOTT will bis 2030 klimaneutral in der Produktion werden. Ein wichtiger Hebel ist dabei der Technologiewandel. So plant der Spezialglashersteller, zunehmend auf fossile Brennstoffe zu verzichten und unter anderem durch grünen Strom und „grünen“ Wasserstoff zu ersetzen. Wie kommt SCHOTT bei der nachhaltigen Transformation voran? Eine Zwischenbilanz.
10.01.2024
Seien es Autoscheiben, Cerankochfelder oder Displays: Glas ist vielseitig einsetzbar und nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. So unauffällig es einerseits daherkommt, so spektakulär ist andererseits seine Herstellung in riesigen Anlagen. Wer schon einmal in die Glut eines Lagerfeuers geschaut hat, ahnt, wie es in den schwimmbadgroßen Glasschmelzwannen aussieht, in denen zunächst die Rohstoffe unter enormem Energieaufwand erhitzt werden. Maximaltemperaturen von unvorstellbaren 1.700 Grad Celsius sind für den Schmelzvorgang erforderlich.
Zahlreiche dieser Schmelzwannen stehen in Mainz, der Konzernzentrale des international tätigen Unternehmens SCHOTT. SCHOTT stellt hier unter anderem Glasanwendungen für die Gesundheits- und Automotive-Branche sowie Materialien für Consumer Electronics und optische Gläser für die Astronomie her. Insgesamt verfügt das Unternehmen über Produktions- und Vertriebsstandorte in 34 Ländern und liefert an Kunden weltweit.
Das Geschäft läuft gut. Doch in Zeiten des Klimawandels und der Abkehr von fossilen Brennstoffen sieht sich der Technologiekonzern vor folgende Fragen gestellt: Wie lässt sich der enorme Energiehunger der Branche mit einer nachhaltigen Entwicklung in Einklang bringen? Und welchen Beitrag kann SCHOTT leisten?
Diese Fragen führen automatisch zurück zu den Schmelzwannen. Denn aktuell stammt die Energie für den Schmelzvorgang noch aus fossilen Energiequellen wie Erdgas und ist daher mit einem hohen Treibhausgasausstoß verbunden. Da sich die hohen Temperaturen bei der Glasproduktion nicht reduzieren lassen, sieht SCHOTT im Technologiewandel den größten Hebel für mehr Klimaschutz. Deshalb steht dieser auch im Mittelpunkt von SCHOTT´s Klimaschutzstrategie „Zero Carbon“. In verschiedenen Forschungsprojekten untersucht das Unternehmen die technische Machbarkeit.
Wie der Konzern dabei vorankommt, trug Dr. Jens Schulte, Mitglied des SCHOTT Vorstandes und verantwortlich für das Klimaschutzprogramm, Ende 2023 bei einem Pressegespräch vor. SCHOTT habe sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt: „Wir wollen klimaneutral sein bis 2030“, so Schulte. „Um die Emissionen weiter zu reduzieren und unsere Klimaziele zu erreichen, müssen wir technologisches Neuland betreten. Unser Fokus liegt auf der Entwicklung innovativer Technologien, um Glas nachhaltiger zu schmelzen.“
SCHOTT erforscht neue Verfahren
Dabei handelt es sich vor allem um Schmelztechnologien auf Basis von Strom und Wasserstoff. Wie kommt SCHOTT auf dem elektrischen Weg voran? Die Tests laufen gut, so Schulte. Beispiel Aluminosilikatglas: Mittels Elektrifizierung des Schmelzprozesses ließen sich hierbei bis zu 60 Prozent Treibhausgasemissionen einsparen. „Die restlichen 40 Prozent würden wir dann perspektivisch versuchen, über grünen Wasserstoff abzudecken, sofern er denn verfügbar ist“, so Schulte. Wann SCHOTT hier in die Großanwendung gehe, stehe aktuell noch nicht fest. Im Bereich des Borosilikatglases, das weniger aufwändig herzustellen ist und zum Beispiel im Pharmabereich eingesetzt wird, ließen sich vermutlich bis zu 80 Prozent der Treibhausgasemissionen durch Elektrifizierung einsparen, wie Simulationen ergeben hätten. SCHOTT startet jetzt mit dem Aufbau einer Pilotanlage im bayrischen Mitterteich, 2026 soll die Produktion beginnen. Dazu erklärte Schulte: Die Umstellung auf neue Technologien im großen Maßstab dauere. Das liege unter anderem an den langen Lieferzeiten der notwendigen Materialien.
Wo steht SCHOTT beim Einsatz von Wasserstoff?
Auch in puncto Wasserstoff geht es bei SCHOTT voran. 2022 hat der Konzern zusammen mit der Mainzer Stadtwerke AG ein Pilotprojekt gestartet, um erstmalig den großtechnischen Einsatz von Wasserstoff in der Glasproduktion zu testen. Bei einem ersten großindustriellen Versuch mischte man 35 Prozent Wasserstoff dazu. Das Ergebnis fiel positiv aus, die notwendigen Temperaturen wurden erreicht. Anschließend wurden Versuche mit 100 Prozent Wasserstoff unter Laborbedingungen durchgeführt, die ebenfalls vielversprechend verliefen, wie Schulte ausführt. 2024 soll die neue Technologie in einer Anlage unter realen Produktionsbedingungen getestet werden. Bislang stehe aber noch nicht genügend „grüner“ Wasserstoff aus erneuerbaren Energien zur Verfügung. SCHOTT müsse deshalb zunächst auf „grauen“ Wasserstoff zurückgreifen.
Genau das ist bislang noch der Knackpunkt: Damit sich nachhaltigere Verfahren durchsetzen können, gilt es noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Dazu zählen entsprechende Rahmenbedingungen durch den Gesetzgeber und eine gute Infrastruktur, die den Wasserstoff dorthin bringt, wo er benötigt wird.
Erfahren Sie hier mehr zum Thema „Wasserstoff“ bei UmweltDialog.
SCHOTT´s Klimastrategie
Neben dem Technologiewandel konzentriert sich SCHOTT´s Klimastrategie auf drei weitere Handlungsfelder: So setzt das Unternehmen eine Fülle von Energieeffizienzmaßnahmen um und deckt seit 2021 seinen weltweiten Strombedarf zu 100 Prozent durch erneuerbare Energien mit entsprechenden Herkunftsnachweisen (Energy Attribute Certificates). Zusätzlich setzt SCHOTT das Instrument der Power Purchase Agreements ein. Hierbei handelt es sich um Direktverträge mit Anbietern von Erneuerbare-Energie-Anlagen. Da sich bei SCHOTT auch „auf absehbare Zeit“ nicht alle Treibhausgasemissionen vermeiden ließen, greife das Unternehmen als letztes Mittel auf die Kompensation durch Klimaschutzprojekte zurück. Dabei setze man auf Zertifikate mit strengen internationalen Standards, so SCHOTT.
SCHOTT weitet Klimaschutzmaßnahmen auf Lieferkette aus
Während sich SCHOTT bei seiner Klimaschutzstrategie bis 2030 auf Scope 1 und 2 gemäß Greenhouse Gas Protocol konzentriert, hat das Unternehmen parallel damit begonnen, den Blickwinkel auf Scope 3 (Wertschöpfungskette) auszuweiten. Dafür hat SCHOTT im vergangenen Geschäftsjahr erstmals seine Scope-3-Emissionen berechnet. Diese betrugen Stand 2019 circa 1,3 Millionen Tonnen CO2e. Zum Vergleich: Die Scope-1- und Scope-2-Emissionen beliefen sich auf rund 890.000 Tonnen CO2e. Seit 2019 konnten die Emissionen um mehr als 60 Prozent reduziert werden – trotz des Unternehmenswachstums. Nun hat sich SCHOTT – als Ergänzung zu seinem Klimaschutzprogramm – auch Ziele zur Reduktion seiner Scope-3-Emissionen gesetzt: Bis 2030 sollen die absoluten Emissionen in Scope 3.3 (Energie- und brennstoffbezogene Aktivitäten) und Scope 3.15 (Investitionen) um 27,5 Prozent sinken. Die Ziele für Scope 1, 2 und 3 hat SCHOTT erfolgreich von der Science Based Targets initiative (SBTi) validieren lassen. Sie stehen damit im Einklang mit dem aktuellen Stand der Klimawissenschaft und dem Pariser Klimaabkommen.
SCHOTT ist Vorreiter beim Klimaschutz
Bei SCHOTT ist man sich einig: Klimaschutz duldet keinen Aufschub. „Wir geben weiter Vollgas“, so Schulte. Anerkennung für seine Anstrengungen erhielt der Konzern im November durch den Sieg beim 16. Deutschen Nachhaltigkeitspreis. Dort nahm das Unternehmen gleich zwei Auszeichnungen in Empfang: in der Kategorie Glas und Keramik sowie den Sonderpreis „Transformationsfeld: Klima“. Das macht SCHOTT Mut für die nächsten Schritte auf seinem Klimaschutzpfad, so das Unternehmen.