Plastik & Müll

Plastikfreie Flüsse für saubere Meere

Das Aachener Start-up everwave hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Meere von Plastikmüll zu befreien. Und zwar indem das Greentech-Unternehmen die Flüsse säubert. Denn von dort wird ein Großteil des Abfalls in die Ozeane geschwemmt. Unterstützung erhalten die Projekte in aller Welt unter anderem von der Audi Stiftung für Umwelt und der Ferry-Porsche-Stiftung.

12.12.2023

Plastikfreie Flüsse für saubere Meere
Seit Anfang Mai dieses Jahres ist ein CollectiX Müllsammelboot des Green Start-Ups „everwave“ aus Aachen auf dem Chao Phraya und seinen Kanälen unterwegs. Der Fluss, der durch die Hauptstadt Bangkok fließt, transportiert Jahr für Jahr etwa 385 Tonnen Abfall in den Ozean.

Unsere Meere sind voller Kunststoffmüll. In jedem Quadratkilometer Meer schwimmen hunderttausende Teile Plastikmüll, erklärt WWF Deutschland. Pro Jahr würden bis zu 12,7 Tonnen Müll in den Ozeanen landen. Während die Vermeidung von Plastikabfall sicherlich die langfristigste Lösung für das Problem ist, haben sich zahlreiche Organisationen und Unternehmen auf den Weg gemacht, den bereits vorhandenen Müll aus dem Meer zu entfernen. Dazu gehörte auch der Verein „Pacific Garbage Screening“. Gründerin und Architektin Marcella Hansch hatte während ihres Studiums die Idee, den Plastikmüll mit einer großen schwimmenden Plattform aus dem Meer zu fischen. Das Design dazu entwarf Hansch in ihrer Abschlussarbeit. Die 400 Meter breite Plattform sollte mittels Lamellen, die ins Meer ragen, die Meeresströmung beruhigen und so passiv den Müll rausfiltern – ohne dabei die Meereslebewesen zu gefährden. 2016 gab es dafür sogar den Bundespreis Ecodesign in der Kategorie „Nachwuchs“.

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Flüsse sind „Plastikautobahnen“

Mittlerweile ist aus dem Verein das Start-up everwave geworden, allerdings mit einem anderen Fokus: Statt auf dem Meer ist das Aachener Unternehmen auf Flüssen unterwegs. „Experten haben gesagt, wenn ihr wirklich einen Unterschied machen wollt, ist es im Ozean im Grunde zu spät“, meint Hansch im Gespräch mit dem Süddeutsche Zeitung Magazin. Denn ein Großteil der Kunststoffabfälle (etwa 80 Prozent) gelangt über mehr als 1.600 Flüsse aus der ganzen Welt dort hinein – „Plastikautobahnen“ meint everwave. Das Start-up sammelt den Müll daher auf Flüssen ein, noch bevor er ins Meer gelangt. „Bei einem Wasserschaden dreht man ja auch zuerst den Wasserhahn zu, bevor man den Boden wischt“, so Hansch gegenüber der SZ. Der Einsatz auf Flüssen hat noch weitere Vorteile, erklärt everwave auf seiner Website. So sind Technologien nicht durch die starken Stürme auf hoher See gefährdet und dank der Ufernähe können sie im Bedarfsfall schnell gesichert werden. Auch Reparaturen oder Wartungsarbeiten können einfacher durchgeführt werden. Außerdem erleichtert die Nähe zum Land sowohl den Transport des Mülls als auch die lokale Verwertungslogistik.

Um die Kunststoffabfälle aus den Flüssen zu sammeln, kommen derzeit zwei Technologien zum Einsatz. Die schwimmende Flussplattform „HiveX“ nimmt Müll, der mit der Flussströmung treibt, auf und speichert ihn. Die Plattform ist modular aufgebaut und kann daher in den verschiedensten Flüssen eingesetzt werden. Im Gegensatz zur eher passiven HiveX-Technik sammeln die „CollectiX“-Müllsammelboote die Abfälle aktiv ein. Jedes Boot aus der Flotte hat eine Drohne zur Unterstützung, die Müll-Hotspots identifiziert. Darüber hinaus sind die Boote mit Sensoren ausgestattet, die mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz (KI) den Müll analysieren. Das soll dabei helfen, das Müllproblem auch langfristig in den Griff zu bekommen (mehr dazu, wie everwave KI einsetzt, lesen Sie hier).

Über 25 Tonnen Müll aus dem Chao Phraya geborgen

Wie so ein Müllsammelprojekt konkret aussieht, zeigt sich derzeit in Bangkok. Dort will everwave den Chao Phraya von Plastikmüll befreien. Der Fluss mündet 35 Kilometer westlich der Hauptstadt in den Golf von Thailand und transportiert so jedes Jahr etwa 385 Tonnen Kunststoffabfall in den Ozean. Seit Mai 2023 ist auf dem Chao Phraya ein CollectiX Müllsammelboot unterwegs, das von zwei thailändischen Bootsführern gesteuert wird. Pro Tag sammelt es im Idealfall bis zu fünf Tonnen Material (d.h. Plastikmüll, aber auch andere Stoffe wie zum Beispiel Holz) ein. Nach Angaben von everwave konnten bisher schon knapp 25.500 Kilogramm Plastikmüll aus dem Fluss geborgen werden. Der Abfall wird an Land transportiert, wo ihn Mitarbeitende der lokalen NGO TerraCycle Thai Foundation einsammeln, sortieren und so weit wie möglich weiterverarbeiten (mehr dazu, wie everwave den Plastikmüll verwertet, lesen Sie hier).

Das CollectiX Müllsammelboot arbeitet mit Hightech-Equipment und spürt dank der Unterstützung von Drohnen größere Müllteppiche auf, die anschließend aus dem Fluss geholt werden.zoom
Das CollectiX Müllsammelboot arbeitet mit Hightech-Equipment und spürt dank der Unterstützung von Drohnen größere Müllteppiche auf, die anschließend aus dem Fluss geholt werden.

Zunächst nur auf fünf Monate ausgelegt, soll das Projekt in Bangkok auch langfristig das Müllproblem vor Ort beheben: „Ein Großteil des Plastiks im Chao Phraya stammt von den offenen Mülldeponien in der Region. Es reicht deshalb nicht, den Müll aus dem Fluss zu fischen“, weiß Clemens Feigl, CEO von everwave. „Wir müssen an die Ursachen ran. Deshalb ist die Zusammenarbeit mit der TerraCycle Thai Foundation so wichtig, denn mit unserem lokalen Partner arbeiten wir an einem nachhaltigen System, wie Müll recycelt werden kann. Wir fördern Anlagen zum Sortieren und Verwerten – und wollen langfristig auch Sammelstellen und Container etablieren.“ Dabei ist die Zusammenarbeit mit Partnern für das Start-up essenziell: „Über die Aufmerksamkeit, die das Boot durch diesen Einsatz erregt, können wir weitere starke Partner interessieren und für das Projekt gewinnen. Wenn es gut läuft, dann kann der Chao Phraya in zehn bis zwanzig Jahren müllfrei sein“, so Inga Hilbig, Head of Marketing bei everwave.

Projektpartner Audi und Porsche

Unterstützung erhält everwave bei diesem Projekt unter anderem von der Audi Stiftung für Umwelt. „Wir halten den Weg, Hightech für eine saubere Umwelt einzusetzen, für sehr erfolgversprechend. Das haben frühere Kooperationen auch bestätigt“, erklärt Rüdiger Recknagel, Geschäftsführer der Audi Stiftung für Umwelt. „Mithilfe technischer Lösungen, sogenannter Greenovation, können wir heute schneller und effizienter sein, als wir das vor Jahren für möglich gehalten haben. Deshalb haben wir auch unser Engagement für everwave intensiviert. Bei dem aktuellen Projekt in Thailand verfolgen wir zwei Ziele: Wir wollen den Müll mithilfe des Hightech-Boots aus dem Wasser holen und darüber ein Bewusstsein für ökologisches Handeln in der Bevölkerung verankern.“

Auch die Ferry-Porsche-Stiftung ist bei dem Projekt in Bangkok dabei. „Unsere Weltmeere sind ein ökologisches Wunder. Sie gehören zu unseren wichtigsten Lebensgrundlagen“, meint Sebastian Rudolph, Vorstandsvorsitzender der Ferry-Porsche-Stiftung. „Deshalb müssen wir sie langfristig schützen und dafür braucht es strategische, grenzüberschreitende Projekte. Für saubere Gewässer und eine lebenswerte Zukunft.“ Für Porsche ist das Projekt in Bangkok schon der zweite gemeinsame Einsatz mit everwave. Audi ist sogar bereits zum dritten Mal dabei. Beide Unternehmensstiftungen unterstützten zum Beispiel im Jahr 2022 eine Clean-up-Mission in Rumänien auf dem Olt, einem Nebenfluss der Donau. Mehr als 156.000 Kilogramm Plastikmüll kamen bei der Sammelaktion zusammen.

Quelle: UmweltDialog
 

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