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„Als Baumarkt muss man sehr viel Aufklärungsarbeit leisten“

Bereits seit geraumer Zeit bietet toom Baumarkt seinen Kunden viele nachhaltigere Alternativen zur herkömmlichen Ware an. Doch Verbraucher wissen oft gar nicht, wo die Probleme bei den konventionellen Produkten liegen, sagen Dominique Rotondi, Geschäftsführer im Bereich Einkauf und Logistik, und Kai Battenberg, Fachbereichsleiter Nachhaltigkeit Ware, bei toom. Im Gespräch mit UmweltDialog erklären sie woran das liegt und wie das Unternehmen damit umgeht.

12.10.2020

„Als Baumarkt muss man sehr viel Aufklärungsarbeit leisten“ zoom

UmweltDialog: Herr Battenberg, toom Baumarkt hat vor einiger Zeit den Dreifachnutzen der toom-Produkte formuliert: „Gut für mich, gut für die Umwelt, gut für mein Portemonnaie“. Was meinen Sie damit?

Kai Battenberg: Mit dem Dreifachnutzen wollen wir verdeutlichen, dass unsere Kunden auf hochwertige und nachhaltigere Produkte zu fairen Preisen vertrauen können. Nachhaltigkeit ist bei toom fest im Markenkern verankert, es ist ein wichtiger Teil unserer Unternehmens-DNA. Aber es ist natürlich nicht der einzige. Für unsere Kunden spielen eben auch andere Aspekte eine große Rolle, wie zum Beispiel Service und Qualität. Das findet sich im Nutzen „gut für mich“ wieder. Das richtige Preis-Leistungsverhältnis ist ebenso wichtig für unsere Kunden, denn auch bei nachhaltigeren Produkten darf man sich preislich nicht zu weit von den konventionellen Produkten entfernen. 

Kai Battenberg, Fachbereichsleiter Nachhaltigkeit Ware bei toom Baumarkt.
Kai Battenberg, Fachbereichsleiter Nachhaltigkeit Ware bei toom Baumarkt.

Dominique Rotondi: Das ist auch eine große Herausforderung für den Einkauf und im gesamten Warengeschäft, die Ware so einzukaufen und so zu positionieren, dass die nachhaltigeren Produkte auch wirklich zum gleichen Preis wie die konventionelle Ware angeboten werden können. Das ist für uns aber dann natürlich teurer. Sie müssen als Händler dann auch die Kraft haben, bei manchen Produkten auf Margen zu verzichten, damit der Kunde etwas annimmt.

Greifen die Kunden, wenn der Preis stimmt, dann auch eher zur nachhaltigeren Alternative?

Rotondi: Es ist tatsächlich ziemlich schwierig in der Kommunikation, dem Kunden erst einmal transparent zu machen, dass er am Regal selbst wählen und auch Produkte kaufen kann, die die gleiche Qualität haben, aber eben nachhaltiger sind. Bei toom haben wir ein Handelsformat, das sich vor allem auf Selbstbedienung stützt. Demenentsprechend fehlt auch die eins zu eins Kunden-Verkäufer-Beziehung, mit der man sonst auf so etwas aufmerksam machen kann. Als Baumarkt muss man deswegen hier sehr viel Aufklärungsarbeit leisten.

Dominique Rotondi,Geschäftsführer im Bereich Einkauf und Logistik bei toom Baumarkt
Dominique Rotondi,Geschäftsführer im Bereich Einkauf und Logistik bei toom Baumarkt

Wieso eigentlich? Viele Studien zeigen doch, dass Verbraucher immer mehr auf Nachhaltigkeit bei Produkten achten.

Rotondi: Bei einem Baumarkt ist es halt anders als bei einem Supermarkt. Im Bereich Lebensmittel und bei anderen Alltagsprodukten sind wir in der Diskussion um Nachhaltigkeit und fairen Handel schon recht weit. Viele Verbraucher wissen hier einfach bereits, worauf sie achten müssen. Bei Baumarktprodukten ist das Bewusstsein aber noch nicht so ausgeprägt. Gerade Naturstein ist beispielsweise bei Verbrauchern eines der schwierigsten Themen überhaupt. Denn wie oft im Leben braucht man Naturstein? Vielleicht ein oder zwei Mal im Leben. Das heißt, der Kunde beschäftigt sich ohnehin nur relativ selten mit so einem Produkt, und da ist es dann wirklich unglaublich schwierig, auch noch auf die Herausforderungen einzugehen, die Natursteine so mit sich bringen.

Die da wären?

Battenberg: Natursteine sind mit menschenrechtlichen Risiken verbunden. Gerade am Anfang der Lieferkette, also bereits im Steinbruch, sind die Arbeitsbedingungen oft schlecht und auch Kinderarbeit kommt vor. Wir haben hier deshalb schon früh angefangen, entsprechende Maßnahmen für die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards zu implementieren. Dazu arbeiten wir mit der Organisation „Xertifix“ zusammen, die unsere Natursteine zertifiziert. Gemeinsam haben wir deren Standard erweitert, damit dieser auch wirklich unseren Ansprüchen genügt. Vorher konnten wir Natursteine nicht bis in den Steinbruch zurückverfolgen, sondern nur bis zum Verarbeiter. Doch auch im Steinbruch treten für uns relevante kritische Punkte auf. Jetzt können wir mit Xertifix die Naturstein-Lieferkette vom Steinbruch über die Produktion bis in unsere Märkte nach Deutschland zurückverfolgen und zertifizieren und so das Risiko für Menschenrechtsverletzungen minimieren.

Natursteine sind aber sicherlich nicht das einzige Produkt, das Aufklärung bedarf?

Battenberg: Das ist bei vielen unserer Produkte so. Auch beim Thema Torf, um ein weiteres Beispiel zu nennen. Herkömmliche Pflanzenerde besteht normalerweise zu einem großen Teil aus Torf. Dafür werden aber Moore trockengelegt. Bei toom bieten wir seit Jahren als Alternative auch torffreie Erde an. Schon 2016 haben wir uns vorgenommen, uns Zeit bis 2025 zu lassen, bis wir komplett den Torf aus unseren Erden entfernt haben. Ein Grund dafür war eben, weil wir wussten, dass wir zunächst einmal die Kommunikation dazu vorantreiben müssen. Der Kunde muss verstehen, dass die Erde qualitativ gleichwertig ist, egal ob sie Torf enthält oder nicht. Die torffreie Variante ist aber wesentlich umweltfreundlicher. Wir müssen auch unsere Mitarbeiter immer wieder mitnehmen, diese Themen rüberzubringen. Wenn man solche Maßnahmen und Themen zunächst einmal intern kommuniziert und erklärt, was man eigentlich erreichen will, ist es später umso einfacher, auch die Kunden damit abzuholen. Wir merken, dass das funktioniert, aber es dauert eben seine Zeit, teilweise sogar Jahre

Rotondi: Manchmal muss man auch so mutig sein, auf Produkte komplett zu verzichten, weil der Ersatz so gut ist, dass der Kunde das herkömmliche Produkt eigentlich gar nicht braucht. Bereits im Jahr 2014 haben wir bei toom damit begonnen, bei unserem Eigenmarken Lasuren-Sortiment die organischen Lösemittel durch umweltverträgliche Alternativen auf Wasserbasis umzustellen. Dies haben wir bereits komplett abgeschlossen.

Lesen Sie hier mehr über nachhaltige Produkte bei toom:

 
 
 

Ist so ein Verzicht nicht mit einem hohen Risiko verbunden?

Rotondi: Wir haben dadurch natürlich erst mal Umsatz verloren, weil viele Kunden den Geruch von Lösemittel als Qualitätsmerkmal gesehen haben. Mittlerweile sind wir aber wieder auf dem Niveau, bei dem wir vorher waren. Für ein mittelständisches oder kleines Unternehmen ist so etwas natürlich ein Risiko, das man kaum eingehen kann. Ein großes Unternehmen, wie eben toom Baumarkt, kann so etwas aber durchhalten. Deswegen glaube ich auch, dass es die Aufgabe von uns und anderen großen Unternehmen ist, hier Vorreiter zu sein. Man kann nicht mit den Fingern auf andere zeigen, wenn man selbst nichts dafür tut, um ein gesellschaftliches Konsumverhalten zu verändern.

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Battenberg: Letztlich lassen sich solche Herausforderungen aber nur gemeinsam lösen. Das funktioniert nur, wenn sich viele verschiedene Händler anschließen und diese Themen breit kommunizieren. Sodass dem Kunden, egal ob er jetzt bei uns oder woanders kauft, bewusst wird, dass es in diesen Bereichen überhaupt Herausforderungen gibt. Anders ist es gar nicht machbar. Das kann toom tatsächlich alleine auch nicht schaffen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Quelle: UmweltDialog
 

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