Leben & Wohnen

Rebound-Effekt: Kommt ein Bumerang geflogen …

Alle Elektrogeräte auf Effizienz getrimmt, alle Lichter auf LED umgerüstet – und trotzdem steigt der Stromverbrauch? Das könnte am Rebound-Effekt liegen. Wie der zuschlägt und wie man ihn bändigt, weiß der Essener Energiedienstleister ista.

13.05.2022

Rebound-Effekt: Kommt ein Bumerang geflogen …

Es ist zum Haare raufen: Da möchte man dem Klima etwas Gutes tun, stellt im eigenen Haushalt alles, was geht, auf die höchsten Effizienzklassen um, gibt dafür eine Menge Geld aus, in der Hoffnung, weniger Energie zu verbrauchen – und dennoch dokumentiert die nächste Stromrechnung ein dickes Plus.

Wie das kommt, ist lange bekannt und gut erforscht: Die Ursache für den weiter steigenden Verbrauch ist oft der Rebound-Effekt, eine Art energieökonomischer Bumerang, der unsere Effizienzbemühungen schmälert oder gar ganz zunichte macht. Zu beobachten ist der nicht nur beim Energieverbrauch im Haushalt, er schlägt auch beim Rohstoff- oder Wasserverbrauch zu oder beim Wohnen.

Irrglaube frisst Effizienzgewinne

Das Prinzip ist immer das gleiche: Wir investieren in effizientere Geräte, Autos oder Heizungen, sparen damit im Alltag Energie, Emissionen und Geld – und lassen im Gegenzug unseren Energie-, Wasser- oder Spritverbrauch so richtig von der Leine. Es kostet ja nichts mehr, ist doch alles auf höchste Effizienz getrimmt. Doch das ist leider ein Irrglaube, von dem wir nach der nächsten Rechnung für Strom oder Wärme abfallen.

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ista, nach eigenen Angaben eines der weltweit führenden Unternehmen für mehr Energieeffizienz in Gebäuden, hat sich den Rebound-Effekt genauer angeschaut und in einem neuen Whitepaper zusammengefasst, wie hier Nutzerverhalten und Energieverbrauch zusammenhängen. Besonders genau guckten die Energie- und Immobilienfachleute auf das Wohnen.

Denn in unseren Häusern und Wohnungen lässt sich der Rebound-Effekt nicht nur besonders anschaulich darstellen. Hier schlägt er mitunter auch besonders hart zu – und lässt sich zugleich am ehesten durch die Bewohnerinnen und Bewohner bändigen. Das ista-Whitepaper verweist dazu auf eine Studie, an der unter anderem Forscher der Rheinisch-Westfälischen Hochschule Aachen beteiligt waren.

Solardach

Energiesparen: Passivität im Passivhaus

Für die Studie wurden 90 Wohnungen in Karlsruhe auf verschiedene Arten saniert: Die erste Gruppe erhielt eine Standardsanierung, die zweite wurde nach dem Niedrigenergiestandard „Drei-Liter-Haus“ saniert, die dritte Gruppe wurde zum Passivhaus umgebaut und mit verschiedenen Materialkombinationen saniert. Gleichzeitig wurden für die drei Gruppen Energieverbrauchswerte kalkuliert, die theoretisch umso niedriger sein sollten, je hochwertiger die Sanierung.

Praktisch zeigte sich jedoch etwas ganz anderes: Nämlich dass der tatsächliche Verbrauch für alle drei Gruppen höher lag als der errechnete Wert. Die größte Differenz fanden die Forschenden beim Passivhaus, verhältnismäßig gering fiel sie hingegen in der Gruppe mit der Standardsanierung aus. Auffällig war auch, dass der Rebound-Effekt stieg, je innovativer das Gebäude war.

Heizkosten runter, Verbrauch rauf

Wie sehr der Rebound-Effekt vermeintliche Effizienzgewinne beim Heizen auffressen kann, zeigt eine Berechnung der Energieberatung der Verbraucherzentrale. Demnach können die jährlichen Heizkosten durch den Wechsel von einer alten Ölheizung auf eine moderne Holz-Pellet-Heizung zwar erheblich sinken: bei gleichem Heizverhalten von 12,30 Euro je Quadratmeter auf 8,00 Euro, also theoretisch um ein gutes Drittel. Wird die Raumtemperatur dann jedoch im guten Glauben an die niedrigeren Heizosten von 20 auf 24 Grad Celsius erhöht, greift der Rebound-Effekt. Der Verbrauch steigt dann laut Verbraucherzentrale um fast 25 Prozent.

Was den Einzelnen im schlimmsten Fall eine höhere Strom- oder Wärmerechnung beschert, birgt volkswirtschaftlichen und klimapolitischen Sprengstoff. Denn wenn in der Theorie errechnete Effizienzsteigerungen in der Praxis deutlich kleiner ausfallen, dann gilt das auch für erhoffte CO2-Einsparungen. Wie groß die Wirkung des Rebound-Effektes ist, hängt dabei von vielen Faktoren ab. Eine Studie der Universität Cambridge veranschlagt ihn in Deutschland für Heizen und warmes Wasser auf mindestens 30 Prozent. Andere Studien kommen zu deutlich höheren Werten.

Ein Stift, ein Rechner und eine Brille liegen auf dem Tisch.

Das Zauberwort heißt Information

Die gute Nachricht: Der Rebound-Effekt lässt sich relativ einfach bändigen. Das Zauberwort heißt hier Information. Denn die Einsparungen, die effizientere Geräte, Häuser oder Autos mit sich bringen, sind nun einmal real. Diese werden laut einer Studie des Umweltbundesamts allerdings kaum als solche wahrgenommen und deshalb weniger aktiv verfolgt. Das heißt: Den Verbraucher_innen fehlt schlicht das Wissen um ihre tatsächlichen Effizienzgewinne – und Informationen um deren geldwerte Vorteile.

Das heißt auch: Mehr Transparenz über diese Vorteile versetzt die Nutzerinnen und Nutzer effizienterer Geräte oder Häuser in die Lage, ihre monetären Vorteile wahrzunehmen und entsprechend zu handeln. Möglich wird das zum Beispiel mithilfe von digitalen Messgeräten, die regelmäßig den realen Energieverbrauch erfassen und diese Information an Nutzerinnen und Nutzer weiterreichen, damit die ihren Energiekonsum besser kontrollieren können.

Besser öfter, gerne täglich

Laut ista zahlt sich das aus. „Die Verbrauchstransparenz und verbrauchsbasierte Abrechnungen führen zu Einsparungen von rund 20 Prozent“, heißt es in dem Whitepaper dazu. Zumindest beim Wohnen werden solche digitalen, über Funk auslesbaren Messgeräte in den nächsten Jahren Standard. Bei Neubauten sind sie schon seit Anfang 2021 Pflicht, nicht fernablesbare Messgeräte müssen bis Ende 2026 nachgerüstet werden.

Um dem Rebound-Effekt auf lange Sicht die Zähne zu ziehen, scheint es sinnvoll, diese Verbraucherinformationen regelmäßig auszuspielen. Was das bringt, hat die Deutsche Energieagentur untersucht. Verbraucher_innen, die monatlich über ihren Verbrauch von Heizenergie informiert wurden, konnten ihre Kosten demnach dauerhaft um zehn Prozent senken. Andernorts sind deswegen längst tägliche Vergleiche möglich: in Dänemark etwa, wo Energiedienstleister ihre Kundinnen und Kunden per App tagesaktuell auf dem Laufenden halten – damit diese den Rebound-Effekt im Zaum halten können.

Quelle: UmweltDialog
 

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