Evonik: „Leder“ ohne Tierhäute
Die Venture Capital-Einheit von Evonik hat in ein Start-up zur nachhaltigen Herstellung biotechnologischer Materialien investiert, die vom Leder inspiriert sind, jedoch die Verwendung von Tierhäuten überflüssig machen. Die richtungsweisende Technologie von Modern Meadow produziert über einen Fermentationsprozess mit Hefezellen tierfreies Kollagen, ein Protein, das ein natürlicher Bestandteil von Tierhäuten ist.
27.09.2019
„Die Nachfrage der Verbraucher nach nicht-tierischen Produkten steigt rasant“, sagt Lutz Stoeber, Investment Director von Evonik Venture Capital in Nordamerika. „Mit dieser Investition unterstützt Evonik Modern Meadow bei der Entwicklung einer nachhaltigen und tierfreundlichen Technologie.“
Das nach dieser biotechnologischen Methode produzierte nicht-tierische Material ähnelt stärker natürlichem Leder als synthetisch hergestellte Ersatzprodukte, da es mit Kollagen den Hauptstrukturbestandteil von Rindsleder enthält. Mit ZoaTM, Modern Meadow‘s erster Produktlinie, bietet das Start-up eine Vielzahl von Formen, Größen, Texturen und Farben dieses lederähnlichen Materials an. Die Technologie eröffnet zahlreiche Möglichkeiten, lederähnliche Materialien mit neuen Eigenschaften zu schaffen, wie beispielsweise durch ein geringeres Gewicht, neue Verarbeitungsformen oder Musterungen. Modern Meadow entwickelt sowohl lederartige Verbundwerkstoffe, die über hervorragende mechanische Eigenschaften verfügen, als auch Nicht-Verbundwerkstoffe.
Biotechnologisch produziertes Kollagen
Kollagen ist in vielen Anwendungsbereichen zu finden, die weit über jene von lederähnlichen Materialien hinausgehen. Als das am häufigsten vorkommende Protein im menschlichen Körper kann es auch für pharmazeutische und medizinische Anwendungen eingesetzt werden. Kollagen fördert die Wundheilung, steuert die Geweberegeneration und kann die Haut revitalisieren. Bereiche, die auch Forschungsschwerpunkte von Evonik sind. Die Investition in Modern Meadow stärkt den Wachstumskern Health & Care von Evonik. Health & Care ist einer der vier Bereiche, die der Konzern als Geschäftsfelder mit hohem Wachstumspotenzial identifiziert hat.
„Wir freuen uns, unsere Partnerschaft mit diesem agilen und visionären Unternehmen weiter auszubauen“, sagt Jean-Luc Herbeaux, Leiter des Geschäftsgebiets Health & Care von Evonik. „Die Investition in Modern Meadow passt perfekt zu unserer Strategie, da wir auch die Möglichkeiten von biotechnologisch produziertem Kollagen für den Healthcare-Markt prüfen.“
Im März 2018 einigten sich Evonik und Modern Meadow auf eine Zusammenarbeit, um die Produktion von Modern Meadow-Kollagen auf einen kommerziellen Maßstab zu bringen und gleichzeitig bestehende Prozesse zu optimieren. Evonik verfügt über mehr als drei Jahrzehnte Erfahrung in der Entwicklung, dem Scale-up und der kommerziellen Produktion von Fermentationsprodukten und hat führende Kompetenzen auf dem Gebiet der Proteinfermentation entwickelt. Die kommerzielle Produktion des Kollagens soll 2020 an einem Evonik-Standort in der Slowakei aufgenommen werden, der auf die Produktion von biofermentierten Spezialprodukten in Pilotanlagen und im kleinen bis mittleren Maßstab spezialisiert ist.
Über die Zusammenarbeit
„Nach der bisherigen erfolgreichen Partnerschaft mit Evonik sind wir begeistert, unsere Beziehungen weiter vertiefen zu können und Evonik als Investor an Bord zu holen“, sagt Andras Forgacs, Chief Executive Officer und Mitbegründer von Modern Meadow. „Wir freuen uns nun sehr darauf, unser Wachstum beschleunigen zu können und unsere Technologie mit ihrer Unterstützung und Expertise zu skalieren.“
Der Markt für tierisches und künstliches Leder wird auf 190 Milliarden US-Dollar geschätzt, mit zahllosen Anwendungen wie in der Automobil-, Schuh-, Möbel-, Bekleidungs- und Taschenindustrie.
Evonik Venture Capital übernimmt die strategische Aufgabe, den Zugang zu disruptiven Technologien und innovativen Geschäftsmodellen zu sichern und die digitale Transformation zu unterstützen. Hierfür hat Evonik Anfang 2019 seinen zweiten Venture Capital Fonds mit einem Volumen von 150 Millionen Euro aufgelegt und damit das verwaltete Volumen an Wagniskapital auf 250 Millionen Euro ausgeweitet und damit mehr als verdoppelt.