Wie die Waschmaschine den Alltag revolutionierte
Mit der Marke Miele verbinden viele vor allem ein Produkt: die Waschmaschine. Vor 114 Jahren hat die erste davon das Werk in Herzebrock bei Gütersloh verlassen. Genau wie alle anderen Hausgeräte des Familienunternehmens stehen die Waschmaschinen für Qualität, Langlebigkeit und geringen Energie- und Wasserverbrauch. Dabei achtet Miele schon in der Produktentwicklung auf Nachhaltigkeit durch Ressourcenschonung: Ist es heute der hohe Metallanteil, der die Qualität der Produkte ausmacht und für eine hohe Recyclingfähigkeit sorgt, ist es anfänglich das hochwertige Eichenholz gewesen, das für die Holzbottichwaschmaschinen eingesetzt wurde. Und vor allem: Die neuen Waschmaschinen entlasteten die Frauen.
14.07.2015
Das Wäschewaschen war um die Jahrhundertwende der aufwendigste Teil der Hausarbeit. Heute kaum vorstellbar, aber die ganze Prozedur konnte sich über mehrere Tage hinziehen und musste unter Umständen mit anderen Familien abgesprochen werden. Denn nicht jede besaß eine eigene Waschküche, sondern wusch die Kleider in dem jeweiligen Waschhaus des Dorfes. Der Vorgang lief immer nach demselben Muster ab: Am Abend zuvor wurde das Brennmaterial für die Beheizung des Waschkessels herangeschafft. Danach weichten die Frauen die Wäsche sortiert in verschiedenen Bottichen mit Soda ein und ließen sie über Nacht stehen. Zu Beginn des Waschtags erhitzten die Frauen frühmorgens das Wasser im Kessel, bevor sie dann die vorbehandelte Wäsche und Waschpulver dazugaben und mit einem Holzpaddel umrührten. Nach dem Kochen nahmen die Frauen die Textilstücke mit einer Waschzange heraus, rubbelten die Wäsche auf einem Waschbrett und wuschen sie dann erneut aus. Schließlich wrangen sie die schweren Laken und Kleider noch per Hand aus, blichen und bügelten sie.
Rückenprobleme und Unterleibserkrankungen vom schweren Heben, Schwielen an den Händen und häufige Erkältungen wegen des Wasserdampfs waren die Folgen der kräftezehrenden Hausarbeit.
Erleichterung des Hausfrauenalltags und Qualitätsphilosophie
Durch die Einführung der Waschmaschinen verbesserte sich der Arbeitsalltag der Frauen spürbar, sparten sie doch beim Waschen Kraft und Zeit. Waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereits verschiedene sogenannte Dampfwaschmaschinen in Amerika, England und Deutschland aufgetaucht, setzte Miele bei der Entwicklung auf Holzbottichwaschmaschinen, deren Konstruktionsteile ursprünglich aus anderen Miele-Produkten wie der Buttermaschine stammten. So funktionierten die ersten Modelle von Miele, etwa die „Meteor“ von 1901 oder die „Hera“ von 1902, mit einer handbetriebenen Zentrifuge. Diese bewegte die Wäsche über eine Kurbel in den Holzbottichen, wodurch sie nicht mehr per Hand umgerührt werden musste.
„Früher hatte ich neben meinem Mädchen noch immer eine Waschfrau bei der Wäsche, die zusammen fast einen ganzen Tag für die Wäsche brauchten, heute macht es mein Mädchen allein in einem halben Tag“, sagte beispielweise eine Hausfrau 1901 im deutschen Familienblatt „Daheim“ über ihre neue „Haushaltshilfe“. Mit einem Fassungsvermögen von bis zu 100 Litern, hatten die ersten Waschmaschinen einen stolzen Preis: Das in zwei Ausführungen angebotene Modell „Hera“ etwa kostete zwischen 48 und 58 Mark, was ungefähr dem damaligen Monatslohn eines Arbeiters entsprach.
Gleich zu Beginn der Firmengeschichte im Jahr 1899 achtete Miele bei der Herstellung seiner Produkte auf gutes Material, die exakte Ausführung und Brauchbarkeit der Maschinen, sollten sie doch lange problemlos funktionieren. Von der Qualität der eigenen Produkte überzeugt, spiegelte sich dieser Anspruch in einer freiwilligen Garantieverpflichtung des Unternehmens wider. Dementsprechend versicherte Miele, jede Maschine, die trotz richtiger Handhabung während der 14-tägigen Probezeit keine befriedigende Arbeit leisten sollte, umzutauschen. Außerdem garantierte das Unternehmen, jedes Maschinenteil, welches im Laufe der ersten drei Jahre infolge eines Materialfehlers unbrauchbar werden sollte, ohne Berechnung zu ersetzen.
Neue Modelle im Zuge der Elektrifizierung
Für Miele bedeutete die Entwicklung der handbetriebenen Holzbottichwaschmaschine aber nur der erste Schritt auf dem Weg, den Frauen die schwere Arbeit zu erleichtern. Der zweite Schritt erfolgte im Zuge der Elektrifizierung in Deutschland. Der neuen technischen Entwicklung begegnete Miele 1904 ebenfalls mit einer Neuheit: der sogenannten „Kraftwaschmaschine“. Der Betrieb erfolgte zum ersten Mal mit elektrischem Strom. Die Kraft für den Wäschebeweger lieferte ein mobiler oder an der Wand angebrachter Elektromotor, mit dem die Waschmaschine über einen Treibriemen verbunden war. Auf diese Weise reinigte sie die Wäsche selbständig. Der Arbeitszeitgewinn für die Frauen war enorm, weil sie dadurch die Wäsche nicht nur in der Hälfte der Zeit erledigen, sondern während des Vorgangs parallel andere Arbeit verrichten konnten.
Diese Arbeitsoptimierung setzte sich mit jeder weiteren Entwicklung der Waschmaschinen fort. Dazu gehörten etwa jene Modelle, die zu der Zeit mit einem manuellen oder elektrischen Wringer ausgestattet waren. Dadurch mussten die Frauen die schweren Leinenlaken oder Tischtücher nicht mehr mit der Hand auswringen. Außerdem brachte Miele 1914 beispielsweise die erste Waschmaschine mit eigenem elektrischen Motor für Haushalte mit Anschluss an das Stromnetz auf den Markt. Auf der Konstruktion der legendären Waschmaschine Nr. 50 sollten alle künftigen Innovationen in diesem Bereich aufbauen.1930 schließlich präsentierte das Unternehmen erstmals eine Ganzmetallwaschmaschine mit elektrischem Heizkörper. Dieser machte die umständliche Befeuerung des Waschbottichs durch Kohle oder Holz überflüssig.
Abschied vom Waschtag und Automatisierung des Waschens
Im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden in Deutschland zum größten Teil Neubauwohnungen in großen Mietshäusern. Damit verschwanden die Waschküchen alter Prägung, denn die Hausfrauen wollten ihre Waschmaschinen lieber in der Wohnung haben, auch wenn der Platz gering war. Die Vorteile lagen auf der Hand: Der bisher übliche Waschtag wurde überflüssig und die Frauen konnten die ganze Woche über flexibel jederzeit ihre Arbeit erledigen. Außerdem entfielen die Wege mit den schweren Waschkörben und Waschmitteln. Eine echte Arbeitserleichterung, kommen doch in einem Drei-Personen-Haushalt durchschnittlich im Jahr 530 Kilogramm Schmutzwäsche zusammen, so die Miele Chronik.
Miele reagierte auf diese Entwicklung in den 1950er und 1960er Jahren mit dem Bau unterschiedlicher Waschmaschinen, die Platz sparten, im Bad oder der Küche installiert wurden und teilweise an die Maße moderner Küchenzeilen angepasst waren. Dem technischen Fortschritt entsprechend konnten sie nach und nach immer mehr Teilschritte des Waschens selbständig ausführen. So brachten die Gütersloher 1958 mit der Miele 505 den ersten Waschvollautomaten auf den Markt, der in seiner Form bereits typisch aussehenden Frontlader-Waschmaschinen ähnelte. Die Waschmaschine bot acht verschiedene Spezialprogramme an, die vollautomatisch abliefen und über eine Drucktastenschaltung ausgelöst wurden. Auch die Waschmittelzugabe funktionierte selbständig. Die Waschtrommel für fünf Kilogramm Trockenwäsche Fassungsvermögen bestand aus nicht rostendem Edelstahl, das Gerätegehäuse aus feueremailliertem Stahl. Der Luxus des Waschens auf Knopfdruck war nicht billig: Rund 2.000 Mark kostete die Maschine.
Leistungs- und Ausstattungsmerkmale ausgesuchter Miele-Waschmaschinen in den 1950er und 1960er Jahren
Miele Schnellwaschmaschine 75
- Zwei-Kilo-Beladung
- In rechteckiges Metallgehäuse eingefasst, indem auch Laugenbehälter mit Wäschebeweger untergebracht war.
- Elektroheizung übernahm Erhitzung des Wassers, das über einen an die Wasserleitung angeschlossenen Schlauch zulief.
- Spezialgetriebe gewährleistete, dass die Wäsche stetig mit Lauge versorgt wurde und sich nicht verwickelte.
- Eine eingebaute elektromotorisch betriebene Laugenpumpe leitete das Waschwasser in ein höher gelegenes Abflussbecken ab.
Miele 75 S Teilautomatik
- Die Temperatur und die Waschzeit waren entsprechend der Textilart und dem Verschmutzungsgrad einstellbar.
- Die einzelnen Wasch- und Spülgänge wurden dabei noch von Hand eingeleitet und die Maschine führte sie zu Ende.
- Mit einem Wringer oder in einer separaten Wäschezentrifuge konnten die Wäschestücke entwässert werden.
Miele Waschvollautomat 505
- Miele Zweilaugen-Verfahren: Lauge wurde nach Waschen automatisch abgepumpt und durch frische ersetzt.
- Automatische Abstellung bei Programmverstellung
- Unterschiedlicher Wasserstand beim Waschen und Spülen
- Für jedes Waschprogramm gab es eine spezielle Temperaturregelung, einen speziellen Wasserstand und einen speziellen Drehrythmus der Waschtrommel mit unterschiedlichem Zeitverlauf.
Miele 420 „de Luxe“
- Einknopf-Automatik
- Mit einer einzigen Knopfdrehung ist am Bedienpult das richtige Programm für jede Wäscheart einzustellen.
- Automatische Entscheidung über Waschzeit, Waschmechanik, Wasserstand, Temperatur, Spül- und Schleuderprogramm
Die vollautomatischen Waschmaschinen bedeuteten für die Frauen, gerade von kinderreichen Familien, weitere Zeit- und Kräfteersparnisse. Besonders arbeitserleichternd wirkte sich aus, dass die einst großen Wäscheberge in kleine Partien aufgeteilt in verhältnismäßig kurzer Zeit erledigt werden konnten. Ein wichtiger Aspekt: Denn die Wäscheausstattung der Familien hatte in den vergangenen Jahren zugenommen und die Kleider wurden in wesentlich kürzeren Abständen als früher gewechselt. So wurde laut Miele-Chronik in den 1960er Jahren in einem Vier-Personen–Haushalt 20 Mal im Monat gewaschen.
Wie sich die Geschichte der Miele-Waschmaschinen in den nachfolgenden Jahrzehnten bis zur Gegenwart weiterentwickelte, erfahren Sie in dem zweiten Teil des Artikels.