Life-Centered Design: Nachhaltige und lebenszentrierte Raumgestaltung
Wie kann das Wohlbefinden aller Lebensformen beim Design ihre Berücksichtigung finden? Antwort auf diese Frage gibt das sogenannte Life-Centered Design. Als Weiterentwicklung des Human-Centered Designs, verfolgt dieser ganzheitliche Gestaltungsansatz das Ziel, Räume zu entwerfen, bei denen Menschen und Natur die gleiche Priorität haben. Wie das geht, stellt Interface in einem Leitfaden und in einem Webinar vor und ruft damit andere zur praktischen Umsetzung auf.
25.11.2024
Vielfalt wertschätzen, gemeinsam Probleme innerhalb und außerhalb des Klassenzimmers lösen oder die Achtung gegenüber anderen lehren und vorleben: Kooperatives Verhalten wird an der Bertschi School großgeschrieben. Die Schule, die sich in Seattle im US-amerikanischen Bundesstaat Washington befindet, betreut und unterrichtet Kinder vom Kinderalter an bis zur sechsten Klasse: „Wir arbeiten hart daran, eine Kultur der Fürsorge und des Respekts zu schaffen, in der die Schüler aktiv an der Gemeinschaft teilnehmen und lernen, kontinuierliche Innovation und Wachstum zu erwarten und zu schätzen“, erklärt die Schule. „Bertschi-Kindern wird beigebracht, neugierig, enthusiastisch, kooperativ und offen für neue Ideen zu sein. Jedes Kind ist als wichtiges Mitglied unserer Schulgemeinschaft bekannt und wird respektiert.“
Diese Wertschätzung spiegelt sich aber nicht nur im zwischenmenschlichen Umgang wider, sondern zeigt sich auch in der Gestaltung des Schulgeländes: „Unser Campus verkörpert unseren Wert der ökologischen Nachhaltigkeit durch seine umfunktionierten Gebäude neben einem LEED-Gold-zertifizierten Gebäude und dem ersten zertifizierten ‚Living Building‘ im US-Bundesstaat Washington. Wir bemühen uns, Lernräume bereitzustellen, die die Schüler dazu inspirieren, eine gesündere, positivere und nachhaltigere Zukunft zu schaffen.“
Best Practice für Life-Centered Design aus Seattle
Ein Highlight ist dabei der Julie Blystad Science Wing. Das Gebäude, in dem Naturwissenschaften unterrichtet werden, umfasst etwa Sonnenkollektoren, eine „lebende“ Wand aus tropischen Pflanzen zur Behandlung von Grauwasser, eine Fußbodenheizung und eine Komposttoilette. Das Besondere ist zudem ein Fluss, der durch den Raum fließt und der an das Regenwassersammelsystem angeschlossen ist. Die Schülerinnen und Schüler waren an dem Entstehungsprozessen beteiligt, indem sie über ihre Vorstellung eines Klassenzimmers befragt wurden, das eine natürliche Umwelt darstellt.
„Der Vorgang brachte die Ehrfurcht und das Staunen zutage, mit der die Schüler der Umwelt begegnen, und schuf einen Raum, in dem sich diese Gefühle während ihrer Lernerfahrung entfalten können“, schreibt Interface in seinem Leitfaden für Life-Centered Design, für welches die Bertschi School unter dem Punkt „Designing in Collaboration“ aufgeführt wird. Dieser Ansatz ermutige einen von anderen zu lernen, Ressourcen und Wissen zu teilen und offen für die Erkenntnisse anderer mit ihren unterschiedlichen Perspektiven und Fachkenntnissen zu sein.
„Im Bereich des Gebäudebaus bedeutet dies, das Silodenken zu überwinden, was eine wirkungsvolle interdisziplinäre Zusammenarbeit verhindern könnte. Schließlich kann das Einbeziehen einer breiten Palette von Standpunkten oft dazu beitragen, Designlösungen zu finden, die vielfältigere Bedürfnisse und Ziele berücksichtigen, eine größere Resilienz bieten und Projekte einen längerfristigen Erfolg ermöglichen.“
Expertenwissen wurde zusammengetragen
Neben dem Punkt der Kollaboration unterstützen noch fünf weitere Themen den Life-Centered Design-Ansatz, die Interface zusammengetragen hat und für die das Unternehmen jeweils Praxisbeispiele angibt. Dazu zählen etwa „Designing with Nature“ oder „Designing for Connection“. Jeder dieser Punkte wird durch Expertenstimmen vervollständigt. „Wir haben uns mit Designern, Experten und Vordenkern aus der ganzen Welt beraten, um die wichtigsten Aspekte, Fallstudien und Erkenntnisse zusammenzustellen, damit Sie diesen Ansatz in Ihren Projekten umsetzen können“, heißt es im Leitfaden. „Wir wollen andere dazu inspirieren, sich uns unserer Reise anzuschließen, das Konzept des Life-Centered Design zu übernehmen und die Natur nicht mehr nur als eine unendliche Ressource zur Erfüllung eigener Bedürfnisse und Wünsche zu betrachten. Durch gemeinsames Handeln können wir die von uns geschaffene Umwelt umgestalten und allen Lebensformen auf der Erde besser dienen.“
Interface hat sich eigenen Angaben zufolge seit jeher zum Ziel gesetzt, Räume so zu gestalten, dass sie sich positiv auf Menschen und die Umwelt auswirken. Dabei spielten Designansätze wie etwa Human-Centered Design (individuelle Bedürfnisse des Endnutzers stehen im Mittelpunkt des Designs) oder Bilophilic Design (Verbindungen zur Natur werden in Gebäuden integriert) eine entscheidende Rolle (Verlinkung auf frühere Beiträge). Darüber hinaus hat der Hersteller für nachhaltige Bodenbeläge konsequent daran gearbeitet, den CO2-Fußabdruck des Unternehmens und seiner Produkte zu verringern.
Bedürfnisse von Menschen und Umwelt gemeinsam denken
Mit der Integration von Life-Centered Design in die Arbeit des Unternehmens geht Interface nun einen Schritt weiter und bringt die menschliche und ökologische Perspektive zusammen. „In der Vergangenheit haben wir Mensch und Umwelt stets getrennt voneinander betrachtet – auf der einen Seite stellten wir uns die Frage, wie sich Räume auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit des Menschen auswirken, auf der anderen Seite betrachteten wir den Einfluss des Menschen auf die Erde“, führt Jennifer Schwerdtfeger, Concept Designerin bei Interface in einem Webinar über das Designkonzept aus. „Heute haben wir erkannt, dass alles Leben untrennbar miteinander verbunden ist und, dass die Natur, ihre Tiere und Pflanzen mehr sind als nur physische Elemente. Es sind miteinander verbundene Systeme, die die Vielfalt des Lebens auf der Erde hervorbringen. Es ist wichtig, diese Betrachtungsweise bei der Gestaltung stets miteinzubeziehen.“
Demzufolge will man bei Interface mit Hilfe von Life-Centered Design bei der Raumplanung über die Bedürfnisse der Menschen, die die Gebäude nutzen, hinausgehen und die Auswirkungen von Bauprojekten auf andere Lebensformen berücksichtigen. Auf diese Weise sollen miteinander verflochtene Probleme gelöst werden: „Letztendlich sind viele der Herausforderungen, mit denen wie heute konfrontiert sind, die Folge von Millionen einzelner Designentscheidungen, die seit Beginn der industriellen Revolution getroffen wurden. Demnach hat Design eine größere Bedeutung, als wir bisher angenommen haben. Um eine lebenswerte Zukunft erfolgreich zu gestalten, müssen Architekten und Designer auf der ganzen Welt Probleme im Zusammenhang mit Zersiedelung, Massenvertreibung, Umweltverschmutzung, extremen Wetterereignissen, Verlust der biologischen Vielfalt und vielem mehr angehen“, so Schwerdtfeger weiter.
Weitere Einblicke in Theorie und Praxis, wie Life-Centred Design den Designprozess beeinflussen kann und welche praktischen Herausforderungen und Chancen sich daraus ergeben, erhalten Sie in dem Webinar „Beyond Human-Centered Design: Life-Centered Design als logische Weiterentwicklung des Designansatzes“. Neben Jennifer Schwerdtfeger von Interface referieren noch Samuel Huber (For Planet Strategy Lab) und Carl Jonas Schippel (VIVIT Spaces).