Business Case

„Wir handeln bei memo keineswegs rückwärtsgewandt, sondern orientieren uns nach vorne“

Wie kaum ein anderes Unternehmen in Deutschland steht memo für nachhaltigen Konsum. Dennoch wurde es Zeit, die Marke von Grund auf zu analysieren. Das Ergebnis: eine geschärfte Markenidentität und -positionierung sowie ein neues Markendesign. Warum das nötig ist, erklärt Norman Lizurek, Leiter des Marketings, im Gespräch mit UmweltDialog.

11.09.2024

„Wir handeln bei memo keineswegs rückwärtsgewandt, sondern orientieren uns nach vorne“

UmweltDialog: Die Marke memo steht für verantwortungsvollen Konsum – und das seit Jahrzehnten. Warum müssen Sie sich überhaupt Gedanken über nachhaltige Markenführung machen?

Norman Lizurek, Leiter des Marketings
Norman Lizurek, Leiter des Marketings

Norman Lizurek: Das ist eine interessante Frage! Es hat tatsächlich viel mit Anpassung zu tun. Die Marke memo hat sich in der Außendarstellung über einen längeren Zeitraum nicht verändert; in ihrer Ausrichtung – also das, was sie ist und tut – aber schon. Das heißt: Wir müssen die Marke nach außen hin verändern, damit die Darstellung auch mit den Inhalten und Dienstleistungen von memo übereinstimmt. Außerdem ist eine Anpassung auch dem Markt gegenüber notwendig, denn dieser hat sich in Bezug auf Nachhaltigkeit ebenfalls verändert. Diese ist längst aus der Nische heraus und in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Allerdings zeigen sich hierbei widersprüchliche Trends, die wir auch durch unsere Markenführung aufgreifen müssen.

Was meinen Sie damit?

Lizurek: Es gibt im Grunde genommen zwei wesentliche Treiber für nachhaltigen Konsum, die auf den ersten Blick aber nicht zusammenpassen. Das sind unserer Erkenntnis nach zum einen junge Menschen; zum anderen aber auch Ältere, die um die 60 Jahre alt sind. Diese zwei Gruppen haben einen unterschiedlichen Ansatz für das Thema Nachhaltigkeit und verfolgen unterschiedliche Motive. Und das muss man in der Kundenansprache berücksichtigen. Während die junge Generation gerade auf die Straße geht, gegen den Klimawandel demonstriert und sich zu Recht darüber beschwert, dass sie Dinge ausbaden muss, die sie aber nicht verschuldet hat, funktioniert die ältere Zielgruppe eher über Dinge wie Enkelorientierung.

Allerdings müssen wir auch damit umgehen, dass viele gerne nachhaltiger konsumieren wollen, aber nicht können.

Sie sprechen davon, dass Krisen und hohe Kosten nachhaltigen Konsum bremsen. Wie bekommen Sie das zu spüren? Wie können Sie dennoch die Kunden an sich binden?

Lizurek: Genau wie jedes andere Unternehmen im Nachhaltigkeitsbereich trifft uns diese Entwicklung. Denn wenn die Kaufkraft zurückgeht, dann auch bei den Zielgruppen, die wir bedienen. Und die Anzahl der Personen wird kleiner, die konsequent nachhaltig einkaufen.

memo Box
memo Box

Aber: Wir sind in der glücklichen Position, dass wir in Bezug auf Nachhaltigkeit eine sehr „belastbare“ Firmengeschichte haben. Hier zeigt sich der Vorteil von über 30 Jahren Pionierarbeit auf diesem Gebiet, wie etwa die erfolgreiche „memo Box“ zeigt, um nur ein Beispiel zu nennen. Zahlreiche Preise im Umwelt- oder Logistikbereich zeichnen unser Engagement aus. Darauf können wir bauen, denn wir müssen nicht erst um das Vertrauen der Kundinnen und Kunden kämpfen. Gemeinsam mit unserem Wertegerüst hilft uns unsere Geschichte dabei, auch neue Verbraucher von uns zu überzeugen, die nach Orientierung im Markt der Nachhaltigkeit suchen.

Wenn wir uns gegenüber neuen Kunden erklären, die uns vorher noch nicht kannten, ist unsere Firmengeschichte schon sehr überzeugend und gewinnbringend. Sprich, unser Erfolg hat viel mit unserer Vergangenheit als Grundlage dessen zu tun. Aber wir handeln bei memo keineswegs rückwärtsgewandt, sondern orientieren uns nach vorne.

Eine interne Arbeitsgruppe hat sich dazu in den letzten Jahren dezidiert mit Ihrer Markenidentität auseinandergesetzt. Was hat Ihr Team genau gemacht und was waren die wichtigsten Ergebnisse?

Lizurek: Wo stehe ich und wo will ich hin? Wenn man eine Marke neu positionieren und in die Zukunft ausrichten will, muss man zunächst die Ist-Situation verstehen. Dabei steht die Zielgruppenanalyse am Anfang. Welche Kunden haben wir? Wie kaufkräftig sind sie? Und welchen sozialen Milieus gehören Sie an? Und danach haben wir uns auf unsere Zielorientierung fokussiert und unsere Markenidentität geschärft. Dazu haben wir ein Markensteuerrad nach Esch erstellt. Dabei haben wir uns dezidiert mit unseren Markenwerten auseinandergesetzt. Am Ende des Prozesses haben wir unsere Vision und Mission neuentwickelt und unseren Purpose herausgearbeitet. Das kann man genau in unserem Nachhaltigkeitsbericht nachlesen. 

memo neues Logo, alte Werte

Die Markenwerte von memo im Fokus:

Zweck: „Wir ermöglichen verantwortungsvollen Konsum für alle – immer und überall.“

Vision: „Mit unserem Handeln sorgen wir für eine gesunde und intakte Zukunft der Erde.“

Mission: „Im Jahr 2030 kennen alle Menschen in Deutschland, die nachhaltig leben möchten, die memo AG.“

Auch das Design der Marke memo hat sich dementsprechend verändert. Was ist die Idee hinter dem neuen Logo?

Lizurek: Das ist eine typische „Eisberg-Geschichte“: Man sieht mit dem fertigen Design zwar die Spitze, aber der langwierige Arbeitsprozess dahinter bleibt verborgen. Das Logo besteht aus einer Wort- und einer Bildmarke. Diese haben wir hinzugefügt, weil man mit einer Bildmarke flexibler kommunizieren kann. Sie kann auch losgelöst stehen, ohne dass es weitere Worte benötigt. Menschen können die Bedeutung von Bildern schneller erfassen. In der Aufmerksamkeitsökonomie ist dieser Sachverhalt unglaublich wichtig, weil es heute um Schnelligkeit geht. Darauf zahlt unser neues Logo ein.

Und die tiefere Bedeutung des Designs?

Lizurek: Die Leitidee bezieht sich auf das Thema Kreislauf. Das ist zum einen dem Nachhaltigkeitsgedanken und zum anderen unserer Geschichte geschuldet. Denn seit unserer Gründung ist das Streben nach geschlossenen Wertstoffkreisläufen unser Leitgedanke. Diese Idee visualisiert die Bildmarke. Die beiden „m“ unserer Wortmarke wiederum verkörpern die wechselseitigen Beziehungen in der Kreislaufwirtschaft und stehen sozusagen im Austausch miteinander. Außerdem deutet der Formteil innerhalb der „m“ eine nach oben gerichtete Dynamik an; wie bei einem Lächeln. Das löst bei den Menschen Zufriedenheit aus und spiegelt auch das Vertrauen wider, das die Stakeholder in memo haben. Zusätzlich symbolisiert dieser dynamische Ansatz die bereits erwähnte Unternehmensorientierung nach vorne.

memo neues Logo

Verändert sich ein Unternehmenslogo, muss man aufpassen, die Kundinnen und Kunden bei dem Wandel mitzunehmen …

Lizurek: Das ist natürlich der zentrale Punkt. Um das zu sicherzustellen, muss man die sogenannte Selbständigkeit einer Marke erhalten. In unserem Fall bedeutet das, dass unser Logo nach wie vor rot ist und der Schrifttyp erhalten bleibt. Rot hat eine Signalwirkung und kommt aus unserer Preispositionierung heraus, was wir unbedingt beibehalten wollten.

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Sie haben bei der Gestaltung mit der ecosign/Akademie für Gestaltung in Köln kooperiert. Warum?

Lizurek: Simone Fuhs, die Gründerin von Ecosign, ist eine Kundin der ersten Stunde. Deswegen besteht zwischen uns eine langjährige (Berufs-)Beziehung, die auf demselben Werteansatz beruht. Denn die Akademie arbeitet seit vielen Jahren im Bereich Nachhaltiges Design Management. Unsere Philosophie ist es, diese Partnerschaften zu pflegen und sie auch zu nutzen.

Daraus ist dann ein schönes Semesterprojekt entstanden, bei dem wir 15 junge Menschen gefördert haben. Die Studierenden haben uns wiederum mit ihren kreativen Ideen unterstützt, die allesamt durch unvoreingenommene Blickwinkel gekennzeichnet waren. Ziel war es, dass sie den Markenkern von memo ausarbeiteten und in einem grafischen Gesamtkonzept abbildeten. Die drei besten Arbeiten wurden von uns prämiert und das Gewinnerkonzept war die Basis für die Weiterentwicklung unseres Markenauftritts. In dieser Zeit war die Gewinnerin regulär bei uns als Werksstudentin angestellt und konnte praktische Berufserfahrungen mit der Einführung des Logos sammeln.

Im Zuge der Markenweiterentwicklung haben Sie auch die Trennung von Gewerbe- und Privatkunden aufgehoben. Warum?

Lizurek: Es ist zeitlich und monetär immer ein größerer Aufwand, zwei Marken – und im Grunde genommen traf das auf die Trennung von Privat- und Gewerbekunden zu – zu kommunizieren und aufzubauen. Wir haben unsere Strategie diesbezüglich korrigiert, weil wir außerdem festgestellt haben, dass es in der Praxis sehr viele Überschneidungen zwischen diesen beiden Segmenten gibt.

Darüber hinaus vereinfacht es die Darstellung, weil wir so der einen „Marke memo“ mehr Kraft verleihen und unsere Kommunikationsmaßnahmen im Hinblick auf unsere Mission fokussieren können.

Quelle: UmweltDialog
 

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