Studie zu Kaffee-Ökobilanz: Kapselkaffee taugt nicht als Öko-Buhmann
Da dürfte nicht nur George Clooney aufatmen: Kaffee aus Alukapseln – von vielen Verbrauchern heiß geliebt, von noch mehr Umweltschützern heftig bekämpft – scheint doch nicht so ökoschädlich, wie oft angenommen. Das haben Forscher nach Vergleich verschiedener Zubereitungsmethoden herausgefunden.
22.12.2017
Kapselkaffee, das ist die Kernaussage der Mitte November veröffentlichten Untersuchung, ist besser als sein Ruf. Mehr noch: Er biete durch gezielten Ressourceneinsatz sogar Öko-Vorteile. Die exakte Portionierung des Kaffees und der genaue Einsatz der benötigten Wassermenge beugt Verschwendung vor. Strom verbrauchten die Nespresso-Maschinen nur so viel, wie zur Zubereitung einer Tasse Kaffee nötig sei. Und die Aluminiumhüllen der Kapseln lassen sich besonders gut recyceln. Wenn es um die Ökobilanz des Kaffeegenusses geht, sehen die Studienautoren beim Anbau der Bohnen den größten negativen Einfluss.
Die Nespresso-Systeme selbst sind ihnen zufolge dagegen ökologisch recht gut aufgestellt, und können, folgt man der Studie, gleich zweifach punkten: Zum einem bei der Zubereitung, die äußerst effizient abläuft, weil immer nur genau so viel Kaffeepulver verbraucht wird, wie für eine Tasse nötig ist. Zum anderen punkten die Nespresso-Systeme mit ihrer hohen Energieeffizienz. „Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die verschiedenen Vorteile des Nespresso-Systems“, sagt Niels Kuijer, Geschäftsführer bei Nespresso Deutschland.
Im Effizienzvergleich „durchweg klar überlegen“
Das zeigt sich etwa bei einem Vergleich der Kapselbrüher mit herkömmlichen Kaffeevollautomaten ohne integrierte Abschaltautomatik. Die Nespresso-Systeme schneiden der Studie zufolge hier besser ab. Im direkten Öko-Vergleich seien sie den Alleskönnern „durchweg klar überlegen“. Auch gegenüber effizienteren Vollautomaten mit automatischer Abschaltung müssen sich die Nespresso-Maschinen den Autoren zufolge nicht verstecken. In Sachen Energieeffizienz lägen sie mit diesen immer noch „auf Augenhöhe“, heißt es in der Mitte November vorgelegten Zusammenfassung der Untersuchung weiter.
Getestet haben die Forscher darüber hinaus, wie die Nespresso-Kapselsysteme im Vergleich mit der Zubereitung von herkömmlichem Filterkaffee abschneiden. In der Gesamt-Ökobilanz liegen die Nespresso-Systeme demnach auf Augenhöhe mit den Filterkannen, teils schneiden sie sogar besser ab. Vor allem in Sachen Dosierung können sie wieder glänzen. Bei der Zubereitung der Bohnen in der Filtermaschine gehen die Forscher dagegen von einem Verlust von 15 Prozent des gemahlenen Kaffees durch Falschdosierung aus.
Besser als viele Filtermaschinen
Auch in Hinblick auf den Energieverbrauch pro Tasse überzeugen die Kapsel-Maschinen die Auftragsforscher. Das Nespresso-Zubereitungssystem stehe „deutlich besser da als Filtermaschinen mit Glaskanne und Heizplatte“ und liege „gleichauf mit den Werten einer Filtermaschine mit Isolierkanne“, urteilen sie. Lediglich Kaffeegenießer, die ihren Filterkaffee verlustfrei zu dosieren vermögen und zusätzlich eine moderne Filterkaffeemaschine mit Isolierkanne verwenden, träfen in puncto Ökobilanz eine bessere Wahl.
Und die Alukapseln, in denen die Nestlé-Tochter ihre gemahlenen Bohnen vertreibt? Über den gesamten Lebenszyklus gerechnet verschulden die deutlich weniger negative Ökofolgen als der Anbau der Bohnen und deren Zubereitung, heißt es in der Studie. Die Herstellung der (nicht nur von Umweltschützern) viel gescholtenen Alukapseln liege dagegen im Mittelfeld – und zwar sowohl im Hinblick auf ihren Einfluss auf den Klimawandel als auch beim Verbrauch nicht-erneuerbarer Ressourcen, der Landnutzung oder dem Wasserverbrauch.
Recycling gut für Ökobilanz
Nespresso teilt mit, man habe sich bewusst für Aluminium entschieden, da es zwei große Vorteile vereine: Es schützt die Aromen des Kaffees besonders gut und lasse sich besonders gut recyceln. Die Autoren haben dazu drei Szenarien entwickelt, die unterschiedliche Ambitionen durchspielen: Im ersten werden alle Kapseln dem Recycling zugeführt, im zweiten ein Viertel, im dritten landen sie komplett im Hausmüll und dann in der Müllverbrennungsanlage. Wenig überraschend: Die Szenarien, in denen die Kapseln teilweise oder vollständig recycelt werden, sind auch am besten für die Umwelt. Deutlich wird das der Studie zufolge vor allem bei den CO2-Emissionen und dem Verbrauch von Rohstoffen.
In Deutschland, mit seiner gut eingespielten Abfallwirtschaft, lassen sich diese möglichen Öko-Vorteile vergleichsweise leicht ernten – spielt der Verbraucher mit und trennt sorgsam. Nespresso jedenfalls lizenziert seine Kapseln freiwillig beim „Grünen Punkt“. Sie können somit über den „Gelben Sack“ oder die Wertstofftonne dem Recycling zugeführt werden. Nutzt man den so gewonnenen Rohstoff für die Herstellung von sogenanntem Sekundäraluminium, entlastet das die Umwelt zusätzlich: Laut Studie liegt der Energiebedarf für die Herstellung von Sekundäraluminium bei lediglich einem Fünftel dessen, was für die Produktion von neuem Aluminium nötig wäre.
Nachhaltigkeit im Kaffeeanbau: Nespresso engagiert sich
Bleibt also der Kaffeeanbau, den die Studienautoren als größten Negativposten in der Ökobilanz der Bohnenbereitung identifiziert haben – und deren Folgen viele große Kaffeeproduzenten mittlerweile durch eigene Programme zu lindern suchen, auch Nestlé und die Konzerntochter Nespresso. Gemeinsam mit Partnern engagiere man sich „seit vielen Jahren für mehr Nachhaltigkeit im Kaffeeanbau“, sagt Niels Kuijer, Geschäftsführer Nespresso Deutschland. Und: „Nachhaltigkeit ist seit jeher zentraler Bestandteil unserer Unternehmensstrategie.“
Sichtbar wird diese strategische Ausrichtung zum Beispiel im „Nespresso AAA Sustainable Quality Program“, das der Kaffeeröster 2003 zusammen mit der Nichtregierungsorganisation Rainforest Alliance ins Leben gerufen hat. Nach Angaben von Nespresso konnten in dem Programm bislang weltweit über 70.000 Kaffeebauern dabei unterstützt werden, „Nachhaltigkeit, Qualität und Produktivität auf ihren Farmen zu steigern“. Ein Netzwerk aus über 300 Agronomen greift ihnen dabei unter die Arme. Aktuell bezieht das Unternehmen bereits über 80 Prozent seines Kaffees aus dem AAA-Programm.
Daneben hat Nespresso ein Agroforstwirtschaftsprogramm aufgelegt, in dessen Zuge in den Kaffeeanbauregionen des Konzerns Millionen Bäume gepflanzt werden. Das verbessert die Bodenqualität vor Ort, bietet den Bohnen einen natürlichen Schutz vor Witterungseinflüssen und entlastet zusätzlich die Atmosphäre von Klimagasen.
Über die Studie
Eine Zusammenfassung der Studie hat Nespresso Mitte November vorgelegt. Mit der Durchführung hatte die deutsche Kaffeekapsel-Tochter von Nestlé das Schweizer Beratungsunternehmen Quantis beauftragt, das sich mit der Erstellung von Ökobilanzen einen Namen gemacht hat. Anschließend wurde die Studie dem TÜV Rheinland vorgelegt, der sie einer sogenannten „Kritischen Prüfung“ gemäß der internationalen Normen ISO 14040:2006, ISO 14044:2006 und ISO 14071:2014 unterzogen hat. Dabei wurden die Zuverlässigkeit, die Transparenz, die Relevanz und die Repräsentativität der bei der Studie angewandten Methoden und Daten überprüft.