Hochwertige Mode hat viele Leben
Obwohl immer mehr Altkleider gesammelt werden, wird nur ein Bruchteil davon zu neuer Mode verarbeitet. Der Grund: Billige Massenware eignet sich nicht fürs Recycling. Dabei ist nachhaltige Mode möglich – geschlossene Produktkreisläufe und hohe Materialqualität vorausgesetzt! Tchibo zeigt in diesem Sommer in gleich sechs „Wochenwelten“, dass es anders geht.
18.06.2021
Mode ist ein wachsender Wirtschaftsfaktor. Zwischen den Jahren 2000 und 2015 verdoppelte sich laut der Ellen MacArthur Foundation die weltweite Produktion von Kleidungsstücken. Entlang der Wertschöpfungskette verdienen etwa 300 Millionen Menschen weltweit ihr Geld in der Textilbranche. Gerade in Ländern mit niedriger Kaufkraft trägt die Textilindustrie besonders viel zum Bruttoinlandsprodukt bei. Aber: Darunter leidet die Umwelt! Allein vier Prozent des weltweiten Frischwasserverbrauchs gehen auf das Konto der Kleidungsherstellung, schreibt das Recycling-Fachmedium „recovery“.
Gegenläufig zu den Wachstumszahlen entwickelt sich die Wertschätzung der massenhaft produzierten Kleidung. Stichwort: Fast Fashion. Immer schneller landen T-Shirts, Hosen und Co. im Müll. Wurde ein Kleidungsstück zur Jahrtausendwende noch etwa 200-mal angezogen und dann weggeworfen, waren es 15 Jahre später nur noch 160 Nutzungszyklen, schreibt die Ellen McArthur Foundation. Nur ein Prozent der Alttextilien werde in geschlossenen Kreisläufen geführt, bedauert „recovery“.
Zunächst erscheint dies paradox, denn es werden immer mehr Altkleider gesammelt. Allein in Deutschland betrug die Menge 2018 insgesamt 1,3 Millionen Tonnen, berichtet der Fachverband Textilrecycling in seiner Alttextilstudie 2020. Das waren zwar rund 300.000 Tonnen mehr als fünf Jahre zuvor, allerdings habe sich die Qualität des Sammelguts deutlich verschlechtert, bemängelt die Untergliederung des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse). Der Vizepräsident des bvse, Martin Wittmann, warnt deshalb vor einem Kollaps des Textilrecyclings: „Die Auswirkungen textiler Massenproduktion, der Hyperkonsum qualitativ minderwertiger Fast-Fashion-Mode, die anhaltende Wegwerfmentalität – und nun, on top – die Auswirkungen der COVID-19-Krise: All diese Faktoren machen ein wirtschaftlich tragfähiges Textilrecycling zunehmend unmöglich.“
Mischgewebe ist schlecht zu recyceln
Textilien lassen sich eher schlecht recyceln, erläutert die Stiftung Warentest. Laut Alttextilstudie werden 62 Prozent der gesammelten Stoffe derzeit als Secondhandware weiterverkauft, 14 Prozent zu Putzlappen, Dämmstoffen oder anderen „minderwertigeren“ Produkten weiterverarbeitet und jeweils zwölf Prozent dem Faserrecycling zugeführt oder verbrannt.
Grundsätzlich gilt laut Warentest: Um mit dem Ausgangsprodukt vergleichbare Recyclingprodukte herzustellen, müssen den Stoffen zusätzlich Frischfasern beigefügt werden. Außerdem können Mischgewebe allenfalls zu Dämmstoffen oder Ähnlichem weiterverarbeitet werden. Trotzdem bewerten die Warentester die Umweltbilanz von Recyclingtextilien deutlich besser als die von Kleidung aus konventioneller Produktion.
Benötigt werden also gute, möglichst sauber und sortenrein getrennte Ausgangsstoffe. Solches Material findet sich beispielsweise in Schnittresten aus der Textilproduktion. Notwendig sind darüber hinaus möglichst geschlossene Produktkreisläufe. Viele Modeketten nehmen deswegen mittlerweile ausgemusterte Kleidung zurück und speisen sie über Unternehmen wie die Ahrensburger „I:CO“ in geschlossene Verwertungskreisläufe ein.
Verbraucher müssen sensibilisiert werden
Besonders wichtig ist aber die Sensibilisierung der Verbraucher für die Nachteile von Fast Fashion. Das hat auch Tchibo-Nachhaltigkeitsmanagerin Cristina Graack bei sich selbst beobachtet. Im aktuellen Tchibo-Podcast „5 Tassen täglich“, wo sie mit Tchibo Fashion-Expertin Philine Staemmler zu Gast ist, erzählt sie, dass sie früher immer gern die neueste Mode anschaffte. Ihre Einstellung dazu habe sich gewandelt, was sich auch in ihrem Kleidungsstil ausdrücke: „Ich bin auch ein bisschen zeitlos unterwegs und habe auch Secondhand für mich entdeckt.“
Bereits seit einigen Jahren setzt sich Cristina Graack bei Tchibo dafür ein, dass der Handelskonzern im Rahmen seiner „Wochenwelten“ nachhaltige Mode präsentiert. Was dabei bereits möglich ist, erfahren die Tchibo Kunden seit dem 2. Juni. Gleich sechs verschiedene „Wochenwelten“ widmen sich im Sommer diesem Thema: angefangen mit Bade- und Strandmode aus Ocean Plastic, gefolgt von Spitzenwäsche aus Recyclinggarn, nachhaltiger Sportbekleidung und Kindermode, natürlich gefärbten Stoffen sowie Tag- und Nachtwäsche aus Recyclingfasern.
Die „Wochenwelten“ sind laut Cristina Graack eine ideale Plattform, um nachhaltige und innovative Mode einzuführen. Bei den Kunden stoße dies auf viel Interesse. Als Beispiel nennt sie die Bademode aus Econyl, die bereits das dritte Jahr in Folge angeboten werde. Econyl ist eine Nylon-Faser und besteht aus Plastikabfällen, die aus dem Meer geborgen wurden, aber auch aus Textilresten und alten Badeanzügen, berichtete UmweltDialog vor zwei Jahren.
Wäsche und Heimtextilien aus besonderen Fäden
Eine Premiere stellt die neue Tchibo Wäschekollektion dar: Sie wurde aus Spitze gefertigt, die etwa zur Hälfte aus Recyclinggarn besteht. Dieses wurde aus gereinigten und wiederaufbereiteten Resten von Polyamid- und Elasthan-Garnen neu gesponnen. „Durch die Wiederverwertung entfallen im Vergleich zur Herstellung von frischem ‚Virgin-Garn‘ etliche Produktionsschritte, dies führt, neben einem geringeren Wasser- und Energieverbrauch auch zu weniger CO2-Emissionen“, hebt Tchibo hervor.
Partner von Tchibo für innovative Recyclinggarne auf Holzbasis, die sich unter anderem in Kleidung und Heimtextilien finden, die ab dem 13. Juli 2021 angeboten werden, ist die österreichische Lenzing AG. Mit ihrer Refibra-Upcycling-Technologie werden Baumwollstoffabfälle aus der Produktion für eine neue Nutzung aufbereitet. Unter Zusatz von Zellstoff aus nachhaltiger Forstwirtschaft entstehen neue Zellulose-Fasern. Das spart laut Tchibo bis zu 95 Prozent Wasser. Und: Die Refriba-Stoffe sind kompostierbar und biologisch abbaubar.
Rote Bete und Sägepalmen färben besonders gut
Tchibo beschränkt sich bei seinen nachhaltigen Modekollektionen nicht auf den Einsatz von Recyclinggarn. Man achtet laut Cristina Graack auch auf einen grundsätzlich geringen Impact der Produkte auf die Umwelt. Besonders in den Blick genommen wurde dabei das Färben der Stoffe. Als Ergebnis präsentiert Tchibo am 6. Juli 2021 eine Warenwelt mit Textilien, die ausschließlich mit natürlich vorkommenden Farbstoffen koloriert wurden. Gewonnen werden die Färbemittel aus landwirtschaftlichen Abfällen von reichlich vorhandenen Pflanzen wie etwa Roter Bete oder Sägepalmen. Nanda Bergstein, Direktorin Unternehmensverantwortung, sagt dazu: „Besonders wichtig war uns dabei, dass wir keine Materialien nutzen, bei deren Anbau wir mit der Nahrungsmittelproduktion konkurrieren. Das können wir durch die Verwendung von Pflanzenabfällen ausschließen.“
Bei allen Fortschritten können Modehersteller noch nicht komplett auf herkömmlich produzierte Stoffe verzichten. Cristina Graack nennt dafür verschiedene Gründe wie etwa komplexe Produktionsanforderungen und Kundenwünsche. Nicht zuletzt gebe es auch noch zu wenige Recyclingfasern für die Massenproduktion. Allerdings seien die Aussichten vielversprechend, ergänzt ihre Kollegin Philine Staemmler: Schon bald werde man über neue Materialien aus Algen und Pilzen verfügen. Und sogar Leder-Ersatzstoffe aus Ananasblättern würden entwickelt.