Circular Economy

Interface: Mit ReUse zur Kreislaufwirtschaft in der Baubranche

„Zirkuläres Bauen ist die Zukunft“, weiß man bei Interface. Denn die Bauwirtschaft zeichnet sich durch großen Ressourcenhunger, viel CO2-Ausstoß und einer Menge Abfall aus. In einem Webinar hat sich der Bodenbelagshersteller daher mit weiteren Fachleuten darüber ausgetauscht, wie die Kreislaufwirtschaft in der Baubranche gemeinsam gelingen kann.

23.01.2025

Interface: Mit ReUse zur Kreislaufwirtschaft in der Baubranche

„Stein auf Stein, das Häuschen wird bald fertig sein“. Was in dem deutschen Kinderlied so einfach klingt, ist in der Realität ein bisschen komplexer. Denn der Bau von Gebäuden braucht mehr als Steine und ist sehr ressourcenintensiv. „Das Bauwesen hat einen erheblichen Einfluss auf den Rohstoffeinsatz und den Ressourcenverbrauch“, heißt es auf der Website „Gebäudeforum klimaneutral“, die die Deutsche Energie-Agentur herausgibt: „So werden in Deutschland mit jährlich 517 Millionen Tonnen 90 Prozent des inländischen mineralischen Rohstoffabbaus in Gebäuden verbaut. Das gesamte verbaute Material im deutschen Gebäudebestand wird auf ca. 15 Milliarden Tonnen geschätzt.“ Und nicht nur das. Etwa 40 Prozent aller Treibhausgasemissionen entstehen durch die Herstellung von Baustoffen sowie die Heizung und Kühlung von Gebäuden, erklärt Prof. Dr. Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes (UBA). Darüber hinaus entfallen etwa 54 Prozent des Abfalls in Deutschland auf den Bausektor.

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Zirkuläres Bauen ist Gemeinschaftsaufgabe

Große Zahlen, die dringend Lösungen für mehr Klima- und Ressourcenschutz erfordern. Fachleute sprechen sich daher für eine Circular Economy in der Baubranche aus. „Zirkuläres Bauen ist die Zukunft“ meint etwa der Bodenbelagshersteller Interface: „Dabei geht es nicht nur um eine geringe Umweltbelastung, sondern auch um Möglichkeiten von Rück- und Umbau sowie Wiederverwendung und Recycling.“ Für viele ist das derzeit allerdings noch eine große Herausforderung. Der Anteil an hochwertigem recyceltem Material in Gebäuden liegt aktuell grade einmal im einstelligen Bereich, so Messner vom UBA. Die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft in der Baubranche ist daher eine Aufgabe für alle Beteiligten. Die Verantwortung muss gerecht verteilt werden, findet Messner: „Nach der Verantwortungspyramide tragen Bauherren die Gesamtverantwortung für die Zirkularität eines Gebäudes. Planer verantworten demontierbare Verbindungen, die im Verantwortungsbereich der Bauleitenden umgesetzt werden.“ Und die Hersteller von Bauprodukten müssten mit natürlichen Ressourcen verantwortungsvoll umgehen.

Darüber, wie sich eine funktionierende Kreislaufwirtschaft in der Bauindustrie gemeinsam bewältigen lässt, hat sich Interface in einem Webinar mit Expertinnen und Experten der Branche ausgetauscht. Die textilen und elastischen modularen Bodenbeläge, die Interface herstellt, tragen – wie viele andere (Bau-) Materialien – zum CO2-Ausstoß eines Gebäudes bei. Daher hat das Unternehmen mit Beginn seiner „Mission Zero“ 1994 daran gearbeitet, den CO2-Fußabdruck seiner Bodenbeläge durch verschiedenste Maßnahmen zu reduzieren, erklärt Gritli Heitbrink, Sustainability Managerin D/A/CH bei Interface, in dem Webinar. Bis heute konnte der CO2-Fußabdruck der Teppichfliesen seit 1996 um 82 Prozent gesenkt werden. Kautschuk-Bodenbeläge sowie LVT stoßen heute rund 26 Prozent weniger CO2 aus (im Vergleich jeweils zu 2019 für Kautschuk und 2018 für LVT). Entsprechend geringer fällt dann auch der CO2-Fußabdruck eines Gebäudes, das mit Interface-Bodenbelägen ausgestattet ist, aus.

Was haben Mensch und Natur mit dem richtigen Design zu tun? Lesen Sie mehr darüber im UmweltDialog-Beitrag „Life-Centered Design: Nachhaltige und lebenszentrierte Raumgestaltung“.

Mit „ReEntry“ zu „neuen“ alten Bodenbelägen

Um die Kreislauffähigkeit zu fördern, braucht es aber mehr. Bereits 1995 hat der Bodenbelagshersteller sein Rücknahmeprogramm „ReEntry“ ins Leben gerufen. Dabei können die Kunden ihre gebrauchten Bodenbeläge an Interface zurückgeben, stellt Heitbrink das Programm vor. Die alten Teppichfliesen holt das Unternehmen direkt beim Kunden ab und prüft den Zustand der Beläge, um zu entscheiden, wie weiterverfahren wird. Im Idealfall folgt die Wiederverwendung (ReUse). Die gebrauchten, aber intakten Bodenbeläge gehen dann zum Beispiel an Wohltätigkeitsorganisationen, gemeinnützige Projekte und lokale Betriebe. „Vergleicht man die drei Verwertungsarten, ist ReUse für Umwelt und Klima die beste Option, da die Wiederverwendung gebrauchter Bodenbeläge weniger CO2-Emissionen verursacht als beispielsweise deren Recycling oder eine thermische Verwertung“, merkte Nils Rödenbeck, Vice President & General Manager Central Europe Interface, schon vor zwei Jahren gegenüber der Presse an. „Daher hat ReUse – also die Verlängerung des Lebenszyklus unserer Produkte – höchste Priorität.“

Falls eine Wiederverwendung nicht möglich ist, werden die Beläge recycelt und für die Herstellung neuer Teppichfliesen oder technischer Kunststoffe verwendet, führt Heitbrink weiter aus. Möglich machen das unter anderem die zu 100 Prozent recycelbaren Rückenkonstruktionen „QuestBio“ und „CQuestBioX“. Beide Rückenkonstruktionen enthalten biobasierte nachwachsende Rohstoffe und recycelte Füllstoffe. 2021 hat Interface sein gesamtes Portfolio an Teppichfliesen auf die nachhaltigen Rückenkonstruktionen umgestellt. Erst wenn sowohl ReUse als auch ReCycling unmöglich sind – beispielsweise Produkte mit der alten Rückenkonstruktion „Graphlex“ – landen die gebrauchten Teppichfliesen in der thermischen Energierückgewinnung.

ReEntry von Interface

ReUse senkt CO2-Fußabdruck von Neubauten

Welche Vorteile es hat, bereits gebrauchte Materialien in neuen Gebäuden einzusetzen, zeigt Sebastian Theißen, geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsunternehmens LIST Eco in dem Webinar auf. Die Neubauförderung, zum Beispiel die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), ist an Nachhaltigkeitsmerkmale wie den CO2-Ausstoß eines Neubaus gekoppelt. Aber auch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) haben ein maximales CO2-Budget für Neubauten in ihren Anforderungen zur Vergabe ihrer Siegel festgelegt. Werden in Neubauten alte Materialien wiederverwendet, fällt auch der CO2-Fußabdruck deutlich geringer aus, erklärt Theißen. Denn nach QNG bilanziere man die CO2-Emissionen, die bei der Rohstoffgewinnung und Herstellung des wiederverwendeten Materials angefallen sind, mit „Null“. Entsprechend niedriger fällt der gesamte CO2-Ausstoß des Gebäudes aus.

Urban Mining

Dominik Campanella, Gründer und Geschäftsführer von „Concular“ – einem Unternehmen, das unter anderem eine digitale Plattform für den Kreislaufbau anbietet – plädiert in dem Webinar dafür, alte Gebäude als Rohstoffquelle anzusehen. Mit der DIN SPEC 91484 hat Concular gemeinsam mit anderen Akteuren der Baubranche einen Industrie-Standard für zirkuläres Bauen und zur Erfassung alter Baumaterialien entwickelt. „Mit dem im Standard beschriebenen Verfahren wird der Gebäudebestand systematisch erfasst und dokumentiert“, erläutert Campanella auf der Website von DIN e. V.: „Das gibt nicht nur der Wirtschaft einen klaren Handlungsrahmen, sondern ermutigt auch die Gesetzgeber, künftige Rück- und Umbauarbeiten an dieses Dokument zu knüpfen.“ Um zurückgebaute Materialien aus alten Gebäuden zwischenzulagern, plant Concular Urban Mining Hubs in ganz Deutschland. Einige hat das Unternehmen auch schon realisiert, beispielsweise in Berlin. In einem Gebäuderessourcenpass, wie dem von der DGNB, können schließlich unter anderem alle im neuen Gebäude verbauten Materialien, die verwendeten Ressourcen sowie deren Emissionen, festgehalten werden.

Welche Veränderungen für das Bauwesen bringt die neue EU-Regelung für Bauprodukte? Darüber spricht Florian Pronold, Geschäftsführer des Instituts Bauen und Umwelt (IBU), in der neuen Podcast-Folge„Alles neu am Bau? Die neue Bauproduktenverordnung erklärt“.

Quelle: UmweltDialog
 

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