Mobilität & Logistik

E-Mobilität: Über Frust, Forschung, Forderungen und Fortschritt

Sinkende Absatzzahlen, widersprüchliche Politik, veraltete Produktionsabläufe und mangelnde Infrastruktur: Während die E-Mobilität in China boomt, hinkt sie hierzulande den politischen und wirtschaftlichen Zielen hinterher. Aber auch in Deutschland gibt es Lichtblicke. Beispielsweise im Bereich Materialforschung für Feststoffbatterien.

22.07.2024

E-Mobilität: Über Frust, Forschung, Forderungen und Fortschritt

15 Millionen E-Autos sollen bis 2030 auf deutschen Straßen fahren, so das Ziel der deutschen Bundesregierung. Das sei schon jetzt nicht mehr zu schaffen, zitiert das ZDF Sascha Coccorullo, Leiter Strategie des ADAC. Er rechnet eher mit einem Bestand von 8,6 Millionen E-Modellen; optimistisch gerechnet. „Hierzulande fristen E-Autos auch 2024 ein Nischen-Dasein. Nach dem Aus der staatlichen Prämie sind die Verkaufszahlen im ersten Quartal zurückgegangen. Nur 81.337 E-Autos wurden zwischen Januar und März zugelassen – ein Rückgang von 14,1 Prozent im Vergleich zu 2023. Ausschließlich elektrisch betriebene Fahrzeuge machten damit nur 11,7 Prozent aller Neuzulassungen aus.“

Die Gründe, warum die Kundinnen und Kunden sich so wenig für E-Mobilität begeistern, sind zahlreich und bekannt: So beklagen sich die Verbraucher nicht nur über die hohen Preise europäischer und nordamerikanischer E-Modelle, sondern auch über das nach wie vor unzureichend ausgebaute Netz an Ladestationen, die langen Zeiten beim Aufladen der Batterien und deren mangelnde Reichweiten, wie der Mobilitätsmonitor 2024 zeigt. „Klar ist die Infrastruktur ein Thema. Da sind einige Länder weiter als andere. Die Modernisierung wird vorwärtsgehen. Aber das Wichtigste ist ein schlaues Steuerungssystem, das mir als Fahrer sagt: Das ist dein aktueller Ladezustand, und auf deiner Reise von Wolfsburg nach Zürich ist da und da eine Ladesäule frei“, erklärt Thomas Schäfer, VW Marken-Chef, gegenüber NZZ und verweist auf das eigene System, das VW auf den Markt bringt.

Schott: Vorreiter in Sachen Materialforschung für Feststoffbatterien

Beschaffung aus Fernost mit neuen strategischen Abhängigkeiten, hoher Kostenanteil, Umweltrisiken, geringe Reichweite und lange Ladezeiten: Vor allem der Akku bzw. die Batterie, die den Strom für den Antrieb des E-Motors speichert, steht in der Kritik. Um zumindest einige der genannten Probleme zu beheben, wird an Feststoffbatterien geforscht. Diese unterscheiden sich von den derzeit verwendeten Lithium-Ionen-Batterien (LIB) im Hinblick auf die eingesetzten Elektrolyte, die die zentralen Komponenten einer jeden Batterie sind. Sie transportieren die Ionen zwischen Anode und Kathode und ermöglichen den Elektronen ihre Bewegung in Gegenrichtung. Das sorgt wiederum für den Stromfluss, mit dem der E-Motor betrieben wird. Die Elektrolyte sind bei klassischen LIB flüssig, während bei Feststoffbatterien ausschließlich feste Materialien zum Einsatz kommen, wie Schott informiert.

Der Hersteller von Spezialglas und Glaskeramik arbeitet an Glaskeramikpulvern, die die Leistung und Stabilität von Feststoffbatterien verbessern können, so dass sie für die Massenproduktion und den breiten Einsatz in der Zukunft besser geeignet sind. Dabei haben Batterien mit Glaskeramikpulver als Festelektrolyt mehrere Vorteile, erklärt Schott: Nicht entflammbar, sind sie mechanisch und chemisch stabil und erlauben dadurch den Wechsel des Anodenmaterials von Graphit zu Lithiummetall, das eine zehnmal höhere Speicherkapazität hat. „Diese höhere Speicherkapazität bedeutet, dass Feststoffbatterien im Vergleich zu flüssigen Lithium-Ionen-Batterien mehr Energie in einem kleineren Gehäuse speichern können. Gleichzeitig gibt es bei Feststoffbatterien nicht den gleichen „Engpass“ beim Aufladen, der die Ladegeschwindigkeit der Batterien begrenzt. Denn die Geschwindigkeit, mit der sich die Ionen zwischen Kathode und Anode bewegen, ohne die Batterie zu beschädigen, ist bei Flüssig-Ionen-Batterien mit herkömmlichem Anodenmaterial in der Regel viel geringer.“

Darüber hinaus sei hier natürlich auch die Politik gefragt: „Sie kann nicht mehr Elektromobilität einfordern und gleichzeitig sagen, das Ladethema gehe sie nichts an. Eigentlich müssten wir überproportional viele öffentliche Ladepunkte installieren. Natürlich an den Tankstellen, aber auch am Straßenrand, zum Beispiel bei Straßenlaternen. Da wird noch viel passieren.“

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Verbrenner-Aus auf dem Prüfstand

Die Politik zeigt sich in Sachen E-Mobilität aber zunehmend zurückhaltend. Während in Deutschland die Bundesregierung zum Jahresende 2023 den Umweltbonus für E-Autos gestoppt hatte, steht auf europäischer Ebene nach dem Sieg der Konservativen das Verbrenner-Aus im Jahr 2035 auf dem Prüfstand, das erst im vergangenen Jahr beschlossen worden war. „Zwar möchten auch die Konservativen ab 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen in der EU erlauben. Diese Klimaneutralität soll aber – anders als sich die Kommission das vorstellt – nicht nur mit Elektrofahrzeugen erreicht werden, sondern auch mit Kraftstoffen wie E-Fuels, also mit synthetischem Sprit“, schreibt die Welt

Für VW geht die Diskussion um das Verbrenner-Aus in die falsche Richtung. „Ich finde die Polemik rund um das Verbrenner-Aus nicht hilfreich. Ganz ehrlich: Der eigentliche Punkt ist doch, wie wir die Mobilitätswende schaffen und damit, die CO2-Emissionen im Verkehrssektor deutlich zu reduzieren, auf die wir alle – Politik, Industrie und Gesellschaft – uns verpflichtet haben. Und was wir etwa für die Ladeinfrastruktur, erschwingliche Einstiegsmodelle und einen niedrigen Strompreis unternehmen, damit diese Wende gelingen kann. Das ist zentral in den nächsten Jahren.“

Möchte man bei VW – Stand heute – an der reinen E-Mobilitäts-Strategie des Unternehmens festhalten, ist Mercedes Benz hierbei zurückgerudert. Ursprünglich wollte der Autobauer bereits 2030 nur noch E-Autos auf den Markt bringen. Doch dort hatte aber CEO Ola Källenius die „Electric Only“-Strategie aufgrund mieser Absatzzahlen schon im Februar 2024 einkassiert, wie etwa die Tageschau berichtet hat. Eine neue Plattform für E-Mobile wurde gestrichen. „In den kommenden Jahren wird es beides geben: Elektroautos und hochmoderne elektrifizierte Verbrenner. Wenn die Nachfrage da ist, bis deutlich in die 2030er-Jahre“, so Källenius auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung.

Elektro_Tankstelle_Zapfsäule_Stutzen_E-Mobility

China: Vorzeigeland bei E-Mobilität

Während also vor allem in Deutschland die E-Mobilität nicht so richtig ins Rollen kommt, sieht es in China, dem wohl größten Konkurrenten in Sachen Produktion von E-Mobilen, schon ganz anders aus. „Schon 2025 soll jeder zweite Neuwagen auf Chinas Straßen ein Hybrid oder voll elektrisch sein. Mit Sprachsteuerung, großem Display, Infotainment und günstigen Preisen ziehen Hersteller wie BYD davon“, schreibt das ZDF.

Dabei hänge der Erfolg der E-Mobilität keinesfalls an unfairen Marktmethoden – die EU hat deswegen Anfang Juli chinesische E-Autos mit vorläufigen Strafzöllen belegt – wie sich einige Experten einig sind. Vielmehr sehen sie das Problem vor allem im langwierigen hiesigen Produktionsprozess: „Zwar bemühen sich die deutschen Hersteller seit Jahren, den Entwicklungsprozess zu verkürzen. Sie wissen, dass nur eine hohe Innovationsgeschwindigkeit Wettbewerber auf Distanz hält und Wachstum schafft“, schreiben Gastautoren von der Universität St. Gallen in der Welt. „Dennoch kommen sie mit ihren Produkten weiterhin erst relativ spät auf den Markt. Das liegt daran, dass sie nach wie vor zu viel Aufmerksamkeit auf die Produktionsseite legen. Auf der Softwareseite hingegen fehlen ihnen die Kernkompetenzen, die zur zeitgemäßen, intuitiven Nutzung der Bedienungsfunktionen der Fahrzeuge erforderlich sind.“ 

Quelle: UmweltDialog
 

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