Produktion

Nachhaltige Beschaffung bei Sportverbänden

Das Beschaffungswesen von Sportverbänden stellt eine wichtige Möglichkeit dar, durch umweltfreundliche Aktivitäten eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Sie ist zugleich ein politisches Ziel, aber auch eine Gestaltungsaufgabe, die nicht auf Einzelmaßnahmen oder Projekte abzielt, sondern auf einen grundlegenden Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft ausgerichtet sein muss. Eine nachhaltige Ausrichtung des Beschaffungswesens hilft zudem, Kosten und Ressourcen zu sparen.

17.06.2014

Nachhaltige Beschaffung bei Sportverbänden

Lernen können Sportverbände vor allem von Pionieren aus der Praxis. Dazu gehört die memo AG - ein Versandhandel mit über 10.000 Produkten für Büro, Schule, Haushalt und Freizeit, die gezielt nach ökologischen und sozialen Kriterien ausgewählt sind. Zusätzlich gewährleisten qualitative und ökonomische Aspekte, dass nachhaltige Produkte im Preis-Leistungsverhältnis konventionellen Produkten in nichts nachstehen. Darüber hinaus verfolgt das Unternehmen seit seiner Gründung in allen Geschäftsbereichen konsequent die Kriterien der Nachhaltigkeit, die gleichermaßen berücksichtigt und kontinuierlich weiterentwickelt werden.

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Unter dem Vorstandsmitglied Katja Kraus war der Hamburger SV der erste Bundesligaverein, der 2009 damit begonnen hat, seinen Geschäftsstellenbetrieb nachhaltig auszurichten. Die Ansatzpunkte dafür kamen aus einer Analyse durch den B.A.U.M. e.V. „Auf dieser Basis und der sich anschließenden Beratungen mit B.A.U.M. haben wir unterschiedliche Veränderungen angestoßen. So wurden beispielsweise der interne Papierbedarf mit Recyclingpapier abgedeckt und Flyer, Tickets, Autogrammkarten sowie andere Kommunikationsmittel seit Saisonbeginn 2010/11 auf Recyclingpapier gedruckt. Das hohe mediale Interesse an Fußballvereinen und die Vorbildfunktion, die sie einnehmen sollten, bedingen eine hohe Transparenz der Aktivitäten“, so Katja Kraus.

Interview mit Claudia Silber, Leiterin Unternehmenskommunikation der memo AG, und Uwe Johänntgen, Gesamtleitung Marketing der memo AG

Die erste Frage von Verbänden lautet häufig: „Wo sollen wir mit einer nachhaltigen Ausrichtung im Beschaffungsbereich beginnen?“

Claudia Silber: Ich kann diese Frage durchaus nachvollziehen, denn beim Umstieg auf nachhaltige Beschaffung sieht man oft „den Wald vor lauter Bäumen nicht“. Hinzu kommen oft langjährige und persönliche Lieferanten- und Geschäftsbeziehungen im Bereich Büromaterial-Beschaffung, die einer Neuorientierung im Wege stehen. Eine interne Recherche nach ökologischen Alternativprodukten ist letztlich auch langwierig und aufwändig. Zunächst ist es deshalb wichtig, erst einmal ein Bewusstsein für das Thema zu entwickeln, einen Konsens über den gesamten Verband hinweg zugunsten nachhaltiger Beschaffung zu finden und dann klein anzufangen und nicht alle Maßnahmen sofort und auf einmal umsetzen zu wollen. Angefangen werden sollte da, wo sich die größten Effekte bemerkbar machen – Verbände sind wie Unternehmen oft Großverbraucher von Papier. So kann z.B. der interne Schriftverkehr und anschließend die Geschäftskorrepondenz auf Recyclingpapier umgestellt werden. Dadurch können Kosten gesenkt und aktiv zum Umweltschutz beigetragen werden, da für Recyclingpapier kein einziger Baum gefällt werden muss.

Claudia Silber, Leiterin Unternehmenskommunikation der memo AG.
Claudia Silber, Leiterin Unternehmenskommunikation der memo AG.

Sinnvoll ist es, erst einmal mit Maßnahmen zu beginnen, die ohne großen Aufwand möglich sind. Dabei geht es lediglich um einen Vergleich und das Ersetzen von bestimmten Produkten. Eine Bedarfsanalyse vorab ist in jedem Fall empfehlenswert. Dass sich die Investitionen in ökologisch sinnvolle, langlebige und qualitativ hochwertige Produkte im Büro lohnen, schlägt sich letztlich dann auch positiv in der Bilanz nieder.

Was bedeutet nachhaltige Beschaffung in Sportverbänden? Welche Kriterien sollten sie beim Einkauf beachten?

Uwe Johänntgen: Es sollte darauf geachtet werden, dass nicht nur Qualität und Wirtschaftlichkeit zählen, sondern auch ökologische und soziale Aspekte. Festgeschrieben werden sollten diese im Idealfall in verbandsweit gültigen Beschaffungsrichtlinien. Die interne Beschaffung lässt sich nutzen, um Umweltbelastungen zu reduzieren und das Angebot nachhaltiger Produkte gezielt zu fördern. Dazu gehören z.B. Produkte mit Umweltzeichen, aus Fairem Handel, sicherheitsgerechte und gesundheitlich unbedenkliche Produkte sowie jene, die den Respekt der Menschenrechte in der Zulieferkette zusichern (z.B. keine Kinderarbeit), aber auch langlebige, reparaturfreundliche und energieeffiziente Produkte, Produkte aus Recyclingmaterial , ebenso Produkte mit Nachfülllösungen (z.B. Textmarker mit Nachfüllpatronen) und jene, die bei Verpackung und Transport umweltverträglich sind.

Was kann ein Verband zum Thema nachhaltige Beschaffung von memo lernen?

Claudia Silber: Unsere Sortimentsgestaltung könnte wichtige Impulse für die eigene Beschaffung geben: So werden in unser Sortiment ausschließlich sorgfältig geprüfte, umwelt- und sozialverträgliche sowie qualitativ hochwertige Produkte aufgenommen. Unser Anspruch ist es, für jeden Produktbereich die jeweils nachhaltigste Alternative anzubieten – und das zu einem fairen Preis.

Woran können sich Sportvereine orientieren?

Claudia Silber: Anerkannte Umweltzeichen, wie z.B. der „Blaue Engel“, bieten Sicherheit und Orientierung beim Einkauf nachhaltiger Produkte. Wir listen bevorzugt Produkte, die derartige Umweltzeichen und Labels tragen, die von unabhängigen Organisationen vergeben werden. Bei etwa einem Drittel der Artikel in unserem Sortiment und vor allem bei unserem eigenen memo Markensortiment ist das der Fall. Über 1.000 Artikel tragen mittlerweile den Namen memo, beispielsweise das memo Multifunktionspapier „Recycling Plus“ oder unsere Recyclingordner.

Weshalb nimmt die Eigenmarke eine hohe Bedeutung ein? Reichen die anderen Standards nicht aus?

Uwe Johänntgen: Alle memo Markenprodukte erfüllen besonders hohe ökologische Standards, um Mensch, Umwelt und Klima bei Herstellung, Gebrauch und Verwertung geringstmöglich mit Schadstoffen zu belasten. Deutlich wird das schon beim Recyclingpapier: Gegenüber der Herstellung eines Frischfaserpapiers verbraucht die Produktion des memo Papiers„Recycling Plus“ 72 Prozent weniger Energie. Der CO2-Fußabdruck des Produkts schrumpft dadurch auf weniger als die Hälfte.

Welche Vorteile haben umweltfreundliche Produkte?

Claudia Silber: Sie schonen natürliche Ressourcen, Umwelt und Klima. Nach Angaben des Umweltbundesamtes ist das Treibhauspotential für das Drucken von 1.000 Seiten bei einem Multifunktionsgerät mit dem Umweltzeichen Blauer Engel etwa um die Hälfte geringer als bei einem konventionellen Gerät.

Uwe Johänntgen, Gesamtleitung Marketing der memo AG
Uwe Johänntgen, Gesamtleitung Marketing der memo AG

Welche Grundsätze sind für die Anwendung von Beschaffungskriterien zu beachten?

Uwe Johänntgen: Beim Kauf von Produkten, die im Ausland produziert werden, ist vor allem sicherzustellen, dass bei der Herstellung Sozial- und Umweltstandards berücksichtigt wurden. Dies sollte durch eine Zertifizierung einer unabhängigen Organisation oder eine entsprechende Selbstverpflichtungserklärung nachgewiesen werden.

Wie stellen Sie Ihre eigene Beschaffungskette bei Herstellern in Übersee sicher?

Uwe Johänntgen: Indem wir zertifizierte Hersteller, z. B. nach SA 8000 oder DIN EN ISO 9001 und 14001, bevorzugen und sehr eng mit den deutschen Agenturen der Hersteller zusammenarbeiten. Bei besonders kritischen Produkten wie beispielsweise Leuchtmitteln besuchen wir die Lieferanten auch persönlich.

Anfang Oktober haben Sie zum sechsten Mal einen Nachhaltigkeitsbericht für die Jahre 2013/14 veröffentlicht. Neben den Ökobilanzen für vier memo Markenprodukte liegen inhaltliche Schwerpunkte auf der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens, der Wahrung der Mitarbeiterinteressen und auf seiner Sortiments- und Beschaffungspolitik.

Auch Sportverbände veröffentlichen zunehmend Nachhaltigkeitsberichte. Welche Rolle sollte hier das Beschaffungswesen einnehmen, und welchen Stellenwert hat das Thema in Ihrem Bericht?

Claudia Silber: Für die memo AG ist nachhaltige Beschaffung einer von vielen Bausteinen einer ganzheitlich nachhaltigen Philosophie und Strategie. Außerdem ist nachhaltige Beschaffung unser Kerngeschäft – die Belieferung von Geschäftskunden mit nachhaltigem Büromaterial war der Anfang der memo AG. Der Bereich ist für uns mittlerweile so selbstverständlich, dass wir in unserem Nachhaltigkeitsbericht die Schwerpunkte vor allem in den Bereichen Mitarbeiter, Sortiment, Logistik, Ressourcenschonung und Kommunikation sehen.

Meiner Ansicht nach macht ein Nachhaltigkeitsbericht – auch für einen Sportverband - erst dann Sinn, wenn es wirklich etwas zu berichten gibt und regelmässig offen, transparent und ehrlich die Fortschritte dokumentiert werden können. Das bedeutet, dass nachhaltige Beschaffung ein Thema von vielen nachhaltigen Themen ist, die in eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie eingebettet sein sollten. Ansonsten bleibt es eine isolierte Einzelaktion, die als grüne Maßnahme die restliche nicht nachhaltige Arbeitsweise übertüncht.

Quelle: UD/cp
 

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