Produktion

Entwicklung von nachhaltigen Schmierstoffen: Worauf kommt es an?

Schmierstoffe ermöglichen einen „reibungslosen“ Betrieb von Maschinen. Doch weil diese immer komplexer werden, gestaltet sich die Herstellung und Entwicklung von Hochleistungsschmierstoffen immer aufwendiger. Worauf man bei der Produktentwicklung achten muss und wie man Nachhaltigkeit und Qualität schon von Anfang an sicherstellt, weiß die Hermann Bantleon GmbH.

25.05.2021

Entwicklung von nachhaltigen Schmierstoffen: Worauf kommt es an?

In der Industrie und Automobilbranche sind Schmierstoffe unverzichtbar. Denn sie reduzieren beim Betrieb von Maschinen die Reibung, sorgen somit für weniger Verschleiß und schützen die Anlagen vor Korrosion. Das spart nicht nur Geld – die Kosten durch Schäden, die durch Verschleiß und Korrosion entstehen, schätzen Experten hierzulande auf mehr als 30 Milliarden Euro –, sondern unterstützt auch die Ressourceneffizienz, wie UmweltDialog bereits berichtete. Aber die Herstellung und Entwicklung von Schmierstoffen wird immer komplexer: „Heutige Maschinen, Lager und Getriebe sind ungleich komplizierter und aus den verschiedensten Materialien aufgebaut. Damit sind die Anforderungen an den Schmierstoff vielfältiger und anspruchsvoller geworden“, informiert der Verband Schmierstoff-Industrie (VSI). „Die Tribologie muss sich der Physik, Chemie, der Materialwissenschaften, Ingenieurwissenschaften, der Biochemie und Elektrotechnik bedienen. Entsprechend aufwändig ist die Formulierung und Produktion von Hochleistungsschmierstoffen, in die auch viel Erfahrungswissen einfließt.“

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Nachhaltigkeit und Qualität von Anfang an

Die Hermann Bantleon GmbH, die bereits seit mehr als 100 Jahren Hochleistungsschmierstoffe herstellt, weiß, worauf es bei der Produktion und Entwicklung eines neuen Schmierstoffes ankommt. Bereits vor und auch während des gesamten Entwicklungsprozesses spielen Qualität und Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle: „Die zunehmenden Anforderungen aus Rechtsvorschriften und Verordnungen sorgen per se schon für einen gewissen Innovationsstandard bei Schmierstoffen“, erläutert Rainer Janz, Bereichsleiter Produkt- und Qualitätsmanagement bei Bantleon gegenüber UmweltDialog. Dennoch müsse man sich aus dem breiten Spektrum der Nachhaltigkeit bestimmte Schwerpunkte und Eckpfeiler setzen, und zwar je nachdem welche Anforderungen ein Schmierstoff erfüllen muss und in welchem Umfeld er eingesetzt wird.

Zudem gibt es – auch je nach Branche – verschiedene Herausforderungen zu bewältigen: „Es gilt die Einflussgrößen von Markt und Kunde ebenso zu berücksichtigen, wie die sehr wandelbare Rechtslandschaft“, so Janz. „Am Ende geht es darum, dass der Schmierstoff innerhalb seines bestimmungsgemäßen Einsatzes die bestmögliche Performance bei möglichst geringen Gesundheits- und Umweltrisiken besitzt. Letztlich muss das Produkt dann auch noch bezahlbar sein, sprich das Preis-Nutzen-Verhältnis muss sauber und kompetent vermittelt werden.“ Den zentralen Innovationsfaktor sieht Janz in der Langlebigkeit: „Qualität ist das Fundament für Langlebigkeit. Langlebigkeit wiederum das Fundament für einen nachhaltigen Produkt- und Serviceansatz.“

Wie sieht der konkrete Entwicklungsprozess aus?

Um einen Schmierstoff also schon von Anfang an möglichst nachhaltig zu gestalten, müssen vor dem realen Entwicklungs- und Produktionsprozess einige Dinge bedacht werden. Im ersten Schritt wird gemeinsam mit dem Kunden ein Lastenheft erarbeitet, in dem Bereiche wie das Einsatzfeld, Einsatzbedingungen und Leistungsparameter für den Schmierstoff definiert werden, erklärt Janz. Zum Tragen kämen hier neben technischen Aspekten auch Punkte wie Umwelt- und Humanverträglichkeit, zum Beispiel in Form einer Risikobeurteilung. Schließlich würden grundsätzliche Fragestellungen zur Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit des Projekts bewertet. „Mithilfe langjähriger Erfahrung und digitalisierter Abläufe können wir hierbei auf eine Vielzahl von Erfahrungswerten und Informationen zurückgreifen, sodass man nicht jedes Mal bei Null anfangen muss.“

Die Forschung an und Entwicklung von nachhaltige Schmierstoffen hat für Bantleon hohe Relevanz

Für die Nachhaltigkeitsbewertung hilfreich sind auch Lebenszyklusanalysen (Life-Cycle-Assessments, LCA). Einerseits hinsichtlich des Schmierstoffes selbst und andererseits auch in Bezug auf dessen Auswirkungen auf die Maschinen und Komponenten, in denen er zum Einsatz kommen soll. Dabei sollte man aber gut abwägen, meint Janz: „Lebenszyklusanalysen sind sehr teuer und aufwendig. So muss zum Beispiel eine Maschine über längere Zeit unter Realbedingungen mit dem betreffenden Schmierstoff betrieben werden, um eine Bewertung vornehmen zu können. Wichtig dabei ist der Benchmark, also das Produkt in einen Wettbewerb mit Gleichartigen zu setzen, unter identischen Bedingungen, um repräsentative Informationen zu erhalten. Deshalb muss man abschätzen, für welche Produkte ein LCA wirklich Sinn macht.“

Nicht immer läuft es „wie geschmiert“

Manchmal stößt man bei der Entwicklung von Schmierstoffen allerdings auch an die Grenzen der Nachhaltigkeit. „Schmierstoffe sind flüssige Konstruktionselemente und müssen schon bei der Planung und Konstruktion von Bauteilen definiert werden, um Systemlösungen mit größtmöglicher Nachhaltigkeit erreichen zu können“, weiß Gerhard Gaule, Technischer Leiter bei Bantleon. „Leider wurde das Maschinenelement Schmierstoff in der Vergangenheit stiefmütterlich behandelt und erst dann beleuchtet, wenn Fehlfunktionen auftraten oder nach Ende der Konstruktionsphase in Betracht bezogen.“ Außerdem könne man ein gutes Level an Nachhaltigkeit nur dann erreichen, wenn es keine politischen Vorgaben gibt, bestimmte Stoffe einsetzen zu müssen – beispielsweise nachwachsende Rohstoffe, um bestimmte Ökolabels oder Zulassungen zu erhalten. „Diktate von Stoffen führen nicht automatisch zu höherer Nachhaltigkeit, sondern können auch Innovationsblockaden darstellen. Um das zu vermeiden, brauchen wir eine technologieoffene Politik und einen entsprechenden Entwicklungsansatz.“

Zertifizierte Qualität

Bantleon betreibt auch ein unternehmenseigenes Labor, in dem zum Beispiel Prozesse und Medien zur Verlängerung der Lebensdauer, Kostensenkung und Umweltschonung überwacht und analysiert werden. Das Labor ist zudem nach dem Qualitätsstandard DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiert und erfüllt damit wichtige Anforderungen im Bereich Qualitätsmanagement und Technik. Die Zertifizierung nach DIN EN ISO 21469 ist zudem ein Beleg für das vorhandene Qualitätsniveau von Entwicklung und Produktion. Davon profitiert nicht nur Bantleon selbst, sondern auch die Kundschaft, wie Janz erklärt: „Ergänzt durch eine geeignete, vorhandene Infrastruktur können wir gegenüber unseren interessierten Kreisen mit bescheinigter Kompetenz und Know-how auftreten. Letztlich heben solche Zertifizierungen das komplette Entwicklungs- und Produktionsniveau auf ein neues Level.“

Das unternehmenseigene Labor von Bantleon ist nach dem Qualitätsstandard DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiert.
 

Außerdem werden Produkte gelegentlich auch zusätzlichen Leistungsprüfungen Dritter unterzogen, beispielsweise der Prüfgesellschaft DEKRA. Die DEKRA-PSR (produktspezifische Regelungen) für Hochleistungshydrauliköle zum Beispiel ist ein Ansatz, der nachhaltigkeitsrelevante Anforderungen an Produkte und produktbezogene Managementprozesse definiert.

Forschung für nachhaltigere Schmierstoffe

Um eine nachhaltige Entwicklung von Schmierstoffen voranzutreiben, beteiligt sich Bantleon an zahlreichen Forschungsaktivitäten. So entwickelt das Unternehmen derzeit Prüfmethoden weiter, die die biologische Abbaubarkeit von Schmierstoffen messen. Das ist ein wichtiger Prozess, denn „das Verhalten von Schmierstoffen in der Umwelt im Falle einer Havarie zu kennen, ist von großer Bedeutung, um eine potenzielle Gefährdung abschätzen zu können. Nur so lassen sich schon im Vornherein entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen“, erläutert Gerhard Gaule.

Darüber hinaus erforscht Bantleon, wie man Künstliche Intelligenz (KI) zur Verarbeitung und Bewertung von Messwerten aus simulierten Tribosystemen (das sind Technologien zur Optimierung von Reibungsvorgängen) für Industriegetriebe nutzen kann. Damit könnte man neue tribologische Systeme mit zusätzlichen Lebensdauer-Reserven entwickeln.

Bantleon arbeitet außerdem an Lösungskonzepten, um Resonanzphänomene, die zu einem Stick-Slip-Effekt führen können, zu vermeiden. Als Stick-Slip bezeichnet man einen Ruckgleiteffekt, bei dem es zu einer unregelmäßigen Gleitbewegung beim Betrieb von Maschinen kommt – quasi einer Art Stottern, ergänzt Gaule. Das führe meist zu Fehlfunktionen und einem schnelleren Verschleiß der Maschinen. „Innovative Lösungskonzepte helfen hier dabei, ungünstige Konstruktionen, die nachträglich nur unter hohem Aufwand in einen störungsfreien technischen Betrieb geleitet werden können, von Anfang an zu vermeiden. Hier fungieren wir als wichtiger Konstruktionspartner von Anlagenherstellern.“

Quelle: UmweltDialog
 

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