Produktion

Nachhaltige Handlungsfelder für Flughäfen

Nach einer Prognose der International Civil Aviation Organization (ICAO) wird der Luftverkehr (gemessen in zurückgelegten Passagierkilometern) in den nächsten Jahren in allen Weltregionen mit höheren Raten wachsen als das jeweilige Bruttoinlandsprodukt. Die dadurch entstehende globale Mobilität ermöglicht es, mit der Welt verbunden zu sein und eröffnet so eine Vielzahl von Chancen, sowohl in ökonomischer als auch in kultureller Hinsicht. Nichtsdestotrotz ist diese Entwicklung auch mit negativen Umweltauswirkungen, wie Fluglärm und klimaschädlichen Emissionen, verbunden. Aus diesem Grund haben Bedenken über die lokalen und globalen Auswirkungen der Luftfahrt in den letzten Jahren stark zugenommen. Im Fokus der Kritik stehen dabei nicht nur Fluggesellschaften, sondern auch Flughäfen. Ein Gastbeitrag von Philipp Killius.

16.08.2013

Negativen Umweltauswirkungen von Flughäfen stehen immer häufiger im Fokus der Öffentlichkeit, Foto: Marion Lenzen
Negativen Umweltauswirkungen von Flughäfen stehen immer häufiger im Fokus der Öffentlichkeit, Foto: Marion Lenzen

Die unbestreitbaren Umwelteinflüsse von Flughäfen haben zu einer Vielzahl von Protesten geführt, die ein Risiko für das zukünftige Wachstum eines Flughafens darstellen können. Am Flughafen Frankfurt, zum Beispiel, haben Bürgerinitiativen versucht, den politisch bereits beschlossenen Bau und im Nachgang den Betrieb einer zusätzlichen Landebahn massiv einzuschränken. Um solche Risiken zu minimieren, treten Flughafenbetreiber in einen aktiven Dialog mit den Anspruchsgruppen und initiieren zahlreiche umweltschützende Maßnahmen. Damit leisten sie ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Luftfahrt. Im Folgenden wird ein Überblick über die wichtigsten lokalen und globalen Umweltauswirkungen von Flughäfen gegeben und verschiedene Maßnahmen vorgestellt, wie Flughafenbetreiber mit diesen umgehen.

Lärmschutz

Fluglärm stellt eine der stärksten Einflussgrößen für die Anwohner eines Flughafens dar. Er entsteht während den Start- und Landephasen von Flugzeugen und hängt von vielen verschiedenen Parametern wie Flugzeugtyp, Fluggeschwindigkeit, Windstärke/-richtung und der individuellen Lärmwahrnehmung ab. Da Studien eine negative Auswirkung von Fluglärm auf die Gesundheit eines Menschen belegen, wurden zahlreiche Gesetze zum Schutz der Anwohner erlassen. So wurde in Deutschland mit dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm beschlossen, dass Jets in der Regel zwischen 23.00 und 6.00 Uhr morgens nicht starten und zwischen 23.30 und 6.00 Uhr nicht landen dürfen. Solche Regulierungen stellen eine operationelle Beschränkung für Flughafenbetreiber dar. Um Fluglärm zu reduzieren und gesetzliche Richtwerte einhalten zu können, haben Flughafenbetreiber Initiativen zur Lärmreduktion ergriffen.  

Im Vordergrund stehen dabei lärmabhängige Landeentgelte, Nachtflugbeschränkungen und Maßnahmen zum passiven Schallschutz. Viele Flughafenbetreiber haben zusätzlich eine unabhängige Beschwerdestelle für Anwohner eingerichtet. Dies ermöglicht es Beschwerden nachzugehen, um so Belastungen zu minimieren oder zu beseitigen. Am Flughafen Stuttgart, zum Beispiel, wurde im Jahr 2009 1.599 Beschwerden aufgrund von Fluglärm eingereicht (im Vorjahr 2008 2.259). Nichtsdestotrotz steht diesen Maßnahmen eine absolute Zunahme des Luftverkehrs gegenüber. So startet und landet am Flughäfen Berlin-Tegel mittlerweile durchschnittlich alle zwei Minuten ein Flugzeug während der Betriebszeiten. Aus diesem Grund wird Fluglärm, trotz Maßnahmen zur Schallreduktion, auch in Zukunft ein wichtiges Thema für die Luftfahrtbranche bleiben.

Klimaschutz

Die Luftfahrtbranche hat einen Anteil von 3 - 5 % an den weltweiten vom Menschen verursachten CO2-Emissionen und damit einen Einfluss auf den Klimawandel, der mit dem eines mittelgroßen Industriestaates vergleichbar ist. Zusammen mit dem prognostizierten überdurchschnittlichen Wachstum entsteht eine herausragende globale Verantwortung der Luftfahrtbranche. Ein Großteil der CO2-Emissionen wird durch die Fluggesellschaften und damit dem Flugbetrieb an sich erzeugt. Jedoch wird den Flughäfen durch eine Optimierung der Infrastruktur, Energiemanagement am Standort sowie der Umstellung auf klimafreundlichen Strom die Möglichkeit geboten, einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Ein Beispiel für eine unterstützende Maßnahme zur CO2-Vermeidung liefert der Flughafen Zürich. An den Flugzeugabstellpositionen wurden stationäre Energieversorgungsanlagen für Strom und klimatisierte Luft eingerichtet.

Dadurch wird der Betrieb von Hilfstriebwerken während der Standzeit der Flugzeuge vermieden. Großes aktives Einsparungspotential wird am Flughafen aktuell vor allem durch effizientere Klimatisierung, Modernisierung der Beleuchtung sowie dem Einsatz von alternativen Treibstoffen bei Bodenfahrzeugen realisiert. Darüber hinaus werden Anstrenungen zur Selbstversorgung durch regenerative Energien am Standort (unter anderem Solar, Geothermie) oder dem Einsatz von Blockheizkraftwerken unternommen. Diese erreichen einen Gesamtwirkungsgrad von bis zu 95 % und sind damit wesentlich effizienter als beispielsweise moderne Steinkohlekraftwerke mit 46 %.  Um das Klimaschutzengagement der Flughäfen extern verständlich kommunizieren zu können, wurde 2009 die Airport Carbon Accreditation (ACA) von der Airport Council International10 eingeführt. Ziel der ACA ist die Zertifizierung des Engagements der Flughäfen im Bereich CO2-Reduzierung.

Hierzu wurden vier Stufen der Partizipation definiert. Die ersten drei Stufen umfassen die Erhebung der CO2-Emission (Mapping), den Nachweis von emissionsreduzierenden Maßnahmen (Reduction) sowie die Einbindung Dritter in das Klimaengagement (Optimisation). Die Akkreditierung der letzten Stufe setzt einen CO2-neutralen Flughafen voraus (Neutrality). Bisher haben von den 59 teilnehmenden europäischen Flughäfen zehn diese finale Stufe erreicht und zeigen damit, dass ein klimaneutraler Flughafenbetrieb auch heute schon realisierbar ist. Da ein Flughafen, anders als das produzierende Gewerbe, den Hauptteil seiner Emissionen durch seinen Stromkonsum erzeugt, kann eine Neutralität nur durch den Bezug von Strom aus erneuerbaren Energien oder die CO2-Kompensation der betriebseigenen Kraftwerke erreicht werden.

Schutz der Biodiversität

Unter Biodiversität versteht man die Vielfalt des Lebens auf der Erde. Sie ist eine grundlegende Voraussetzung für das Gleichgewicht eines Ökosystems. Auf der UN-Konferenz 1992 in Rio de Janeiro wurde eine Konvention festgelegt mit dem Ziel, die Biodiversität zu schützen und ihre Bestandteile nachhaltig zu nutzen. Der Bau und die Nutzung von Flughäfen stellen zwangsläufig einen Eingriff in die Natur dar und hat somit einen direkten Einfluss auf die Tier- und Pflanzenarten auf und um das Flughafenareal. Von den knapp 1.600 Hektar des Münchner Flughafengeländes sind circa zwei Drittel Grünflächen.

Um den Verpflichtungen aus der Biodiversitätskonvention gerecht zu werden, haben viele Flughafenbertreiber ein Biotopmanagement eingerichtet und Kennzahlen zur Messung der Biodiversität entwickelt. Der Flughafen Nürnberg hat zusätzlich die Bewirtschaftung der Grasflächen auf dem Vorfeld zur Futtergewinnung auf Sandmagerböden umgestellt. Diese zeichnen sich durch eine Vielzahl seltener Pflanzen und Tiere aus.

Gewässerschutz

Aufgrund weltweit auftretender Dürren, wie beispielsweise in Ost-Afrika, hat das Thema „umweltbewusster Umgang“ mit der Ressource Wasser immer mehr an Bedeutung gewonnen.12 Neue Initiativen, wie das Water Disclosure Project (angelehnt an das Carbon Disclosure Project) zeigen, dass Unternehmen hier zunehmend in der Verantwortung stehen.

Deutschland hingegen hat aufgrund der günstigen klimatischen Bedingungen und seiner weniger wasserintensiven Wertschöpfung aktuell keine Wasserknappheit zu befürchten. Allerdings ist der Gewässerschutz in Deutschland ein traditionell wichtiges Umweltthema. Neben strengen gesetzlichen Vorgaben gibt es hierfür in der Gesellschaft ein starkes Bewusstsein. In Bezug auf Flughäfen sind zwei Themenfelder des Gewässerschutzes von großer Bedeutung. Zum einen gilt es Regenwasser, das durch verschmutzte Landebahnen belastet wird, aufzufangen und zu reinigen. Zum anderen soll eine unnötig hohe Umweltbelastung durch chemische Enteisungsmittel für Landebahnen und Flugzeuge vermieden werden. Der Flughafen München verbrauchte im vergangenen Geschäftsjahr 7.141.000 Liter Flugzeugenteisungsmittel. Einige Maßnahmen in diesem Bereich sind der Einsatz von recyclebaren oder biologisch abbaubaren Enteisungsmitteln.

Quelle: UD / cp
 

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