Gastrokrise: die Kleinen weichen, die Großen wachsen
Corona, steigende Lohnkosten und Inflation: Die letzten Jahre waren für die Gastronomiebranche nicht einfach. Während vor allem kleine Betriebe oft um ihre Existenz bangen, haben große Ketten Expansionspläne. McDonald’s Deutschland etwa setzt nicht nur auf mehr Restaurants, sondern startet ein neues Konzept, das den veränderten Gästebedürfnissen Rechnung trägt.
10.04.2025

Existiert eigentlich Ihr Lieblingsrestaurant noch? Falls nicht, sind Sie damit nicht allein. Zwischen 2020 bis 2023 schlossen rund 48.000 Gastronomiebetriebe, etwa 6.100 davon gingen in Insolvenz, informiert die Wirtschaftsauskunftei und der Inkassodienstleister Creditreform. Seit Corona steckt die Gastronomie in der Krise: „Den gestiegenen Kosten aufgrund der Inflation ist die Branche nahezu hilflos ausgeliefert“, erklärte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung bereits im März 2024 gegenüber der Presse. „Es gibt kaum Ausweichmöglichkeiten. Gleichzeitig verjagen die notwendigen Preiserhöhungen die Kundschaft.“
Dazu kommt noch: Seit Anfang 2024 gilt in der Gastronomie wieder der Mehrwertsteuersteuersatz von 19 Prozent (beim Verzehr im Restaurant, für außer-Haus gilt ein Steuersatz von sieben Prozent), nachdem er unter anderem wegen der Coronakrise zeitweise auf sieben Prozent herabgesenkt war. Die Branche befürchtete weitere Umsatzeinbußen – zu Recht, wie aktuelle Zahlen des statistischen Bundesamtes zeigen. So sank der Umsatz preisbereinigt im Gastgewerbe (Gastronomie und Beherbergung) 2024 bereits das fünfte Jahr in Folge, informiert der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) in einer Pressemitteilung. Vor allem in der Gastronomie seien die Verluste hoch. Im Vergleich zu 2023 ging der preisbereinigte Umsatz um 3,8 Prozent zurück. „Die wirtschaftliche Lage in der Branche bleibt angespannt“, meint Guido Zöllick, Präsident des DEHOGA Bundesverbands: „Die Betriebe leiden unter weiter steigenden Kosten und der Mehrwertsteuererhöhung für Speisen in der Gastronomie.“
Kommen bald Erleichterungen für die Gastrobranche?
Die Union und die SPD wollen die Mehrwertsteuer für die Gastronomie dauerhaft auf sieben Prozent senken. Das ist ein Ergebnis der Sondierungsgespräche der Parteien. Dadurch sollen Restaurants sowie Verbraucherinnen und Verbraucher entlastet werden. Profitieren könnte die Gastronomie außerdem von der geplanten Entbürokratisierung – so sollen Berichts- und Dokumentationspflichten abgebaut werden – und von mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten. „Das Sondierungspapier enthält zentrale und längst überfällige Verbesserungen für unsere Branche“, begrüßt DEHOGA-Präsident Guido Zöllick in einer Pressemeldung die geplanten Maßnahmen: „Die steuerliche Gleichbehandlung von Speisen, flexible Arbeitszeiten und spürbarer Bürokratieabbau – das sind wegweisende Entscheidungen, die unsere Betriebe jetzt brauchen.“
Doch nicht überall kommt die geplante Senkung der Mehrwertsteuer gut an. Davon würden vor allem große Restaurantketten wie McDonald's, Burger King und Nordsee profitieren, meint etwa foodwatch. „Statt Steuergeschenke an McDonald’s und Co. zu verteilen, sollte Friedrich Merz die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse streichen“, fordert die NGO. Das würde die Verbraucherinnen und Verbraucher tatsächlich entlasten und zudem eine gesunde Ernährung fördern.
Systemgastronomie: Insolvenzen vs. Expansionspläne
Von den Insolvenzen in der Gastronomiebranche waren insbesondere Kleinstbetriebe und Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden am stärksten betroffen. Rund 88 Prozent der Insolvenzen fielen auf sie, gab Creditreform bekannt. Doch auch bei großen Restaurantketten lief nicht alles rund. So gaben die Restaurantschließungen in der Coronakrise der bereits angeschlagenen Kette Vapiano wohl den Rest. 2020 meldete das Unternehmen Insolvenz an. Die Steakhaus-Kette Maredo stellte im März 2020 ebenfalls einen Insolvenzantrag und erst kürzlich traf es auch die Restaurant- und Cocktailbarkette Sausalitos. Anderen erging es deutlich besser, im Allgemeinen kommt die Systemgastronomie leichter durch die Krise. „Die Schere zwischen Ketten- und Einzelgastronomie geht immer weiter auseinander“, erklärt Jochen Pinsker, Experte für Gastronomie Europa des Marktforschers Circana, gegenüber dem Handelsblatt und führt später im Artikel weiter aus: „Die Deutschen besuchen verstärkt günstigere Schnellrestaurants als Bedienrestaurants.“
Viele Restaurantketten haben sogar Expansionspläne. So rollten zum Beispiel seit April 2024 die ersten Foodtrucks von Domino’s Pizza durch Deutschlands (und Europas) Straßen. Die Sandwichkette Subway kündigte schon 2023 an, das Portfolio hierzulande um 100 Restaurants erweitern zu wollen und L’Osteria feierte jüngst die Eröffnung der 200. Filiale. McDonald‘s Deutschland hat ebenfalls großes vor: Im September 2024 kündigte das Unternehmen an, innerhalb der nächsten zehn Jahre, 500 neue Restaurants zu eröffnen sowie bis zu weitere 1.000 Standorte zu modernisieren. Damit will das Unternehmen mehrere tausend Arbeitsplätze schaffen. „Wir glauben an den Standort Deutschland und werden hier weiter stark wachsen“, zitiert Business Insider Christoph Gehrig, Finanzvorstand von McDonald’s Deutschland: „Wir legen unseren Fokus auf den Ausbau der Drive-In-Standorte, denn Deutschland ist immer noch ein Autoland. Ich sehe nicht, dass sich dies kurzfristig ändert.“
Verändertes Gästeverhalten
Auch wenn die Systemgastronomie den anhaltenden Krisen gut trotzt, muss sie sich umstellen. Denn die Bedürfnisse der Gäste haben sich in den letzten Jahren stark verändert. So stehen zum Beispiel digitale Bestellmöglichkeiten hoch im Kurs. Gäste schätzen die Bestellung in der eigenen Geschwindigkeit und den Bezahlprozess, heißt es vom Bundesverband der Systemgastronomie (BdS). Vor allem Click&Collect-Bestellungen hätten sich durchgesetzt. „In Zeiten eines Mangels an Mitarbeitenden und steigender Kosten kann die Digitalisierung der Branche überdies aus diesem Dilemma helfen“, so der BdS. Darüber hinaus boomt der Verzehr zu Hause, der Restaurantbesuch sei nun eher emotional statt funktional getrieben. Die Kundinnen und Kunden verlangten nach mehr Innovationen bei Geschmack und Zutaten, aber auch beim Thema Nachhaltigkeit. Letzteres sei für die meisten Gäste ein Kernaspekt. „Allerdings sind Qualität der Speisen, Preis und Atmosphäre immer noch die wichtigsten Kriterien bei der Auswahl eines Restaurants“, informiert der BdS.

McDonald’s Deutschland: Omnichannel-Restauranterlebnis
Die Modernisierungen bei McDonald’s gehen mit einem neuen Restaurantkonzept einher. Dieses ist auf die veränderten Bedürfnisse der Gäste ausgerichtet: „Wir haben uns für die Entwicklung des Konzeptes genau angesehen, was unsere Gäste wollen“, erklärt Mario Federico, Vorstandsvorsitzender von McDonald’s Deutschland. „Denn unser Ziel ist es, durch nachhaltige und innovative Lösungen ein unvergleichliches McDonald’s-Erlebnis in bewährter Qualität und mit gutem Service zu gewährleisten.“ Der Systemgastronom möchte seinen Kundinnen und Kunden ein Omnichannel-Restauranterlebnis bieten. Das bedeutet, die Gäste können zukünftig in den Restaurants auf drei verschiedene Arten bestellen: Über Bestell-Terminals, über die App und ganz klassisch an der Theke. Schon jetzt werden nur noch 14 Prozent der Bestellungen am Tresen getätigt, acht Prozent erfolgen über die App und mehr als 80 Prozent laufen über die SB-Terminals, berichtet Business Insider.
Auch für den Außer-Haus-Verzehr gibt es zukünftig mehr Möglichkeiten. So bekommt der McDrive eine zweite Spur und McDonald’s richtet Pickup-Parkplätze für Bestellungen per App ein. Die Küche wird in Zukunft vier statt zwei Produktionslinien haben, was die Effizienz insbesondere bei hohem Gästeaufkommen steigern soll. Weiterer zentraler Punkt im Modernisierungskonzept ist das Thema Nachhaltigkeit. Zum Beispiel will McDonald’s Deutschland gemeinsam mit seinem Partner EWE Go das Schnelladenetz für Elektrofahrzeuge bis 2026 auf 800 Standorte ausbauen. Aktuell haben etwa 600 Filialen Schnelladesäulen. Wo möglich sollen zudem die Standorte mit Photovoltaikanlagen auf den Dächern ausgestattet werden.